Nur Der Tod Kann Dich Retten
schwarze Hose, die seine schlanken Hüften betonte.
»Gibt es ein Problem?«, fragte der Arzt. »Sind Sie krank?«
»Nein, nein. Nichts dergleichen. Ich fürchte, ich muss Ihnen einige Fragen stellen.«
Der Doktor wirkte angemessen bekümmert. »Hat das nicht vielleicht Zeit bis später? Wie Sie sehen, habe ich heute Morgen sehr viel zu tun.«
»Ich fürchte, es hat keine Zeit. Ich habe schon mehrmals versucht, Sie zu erreichen.«
»Ja, das tut mir leid, aber -«
»- Sie waren sehr beschäftigt. Das verstehe ich. Es dauert bestimmt nicht lange.«
Ian Crosbie seufzte und warf resigniert die Hände in die Luft. »Wenn Sie mich einen Moment entschuldigen«, bat er seine Patienten um Geduld und führte John in das innere Heiligtum.
»Gut siehst du aus, Becky«, erklärte John der Sprechstundenhilfe, als er dem Doktor einen schmalen Flur hinunter folgte. Sie kamen an zwei Behandlungsräumen vorbei, in denen bereits Patienten warteten und traten dann in das dritte Zimmer am Ende des Ganges. Ian Crosbie nahm sofort auf dem braunen Ledersessel hinter seinem überaus ordentlichen Schreibtisch Platz und forderte John mit einer Geste auf, sich auf den kleineren Stuhl davor zu setzen. John zog es vor, stehen zu bleiben, weil er schon früh in seiner Laufbahn erkannt hatte, dass es ein großer psychologischer Vorteil war, auf seinen Gegner herabzublicken. Er fragte sich, wann er angefangen hatte, Ian Crosbie als seinen Gegner zu betrachten.
»Was kann ich für Sie tun, Sheriff?« Ian zupfte einen roten Kugelschreiber aus einem Becher mit Stiften und begann, damit gegen seinen Schreibtisch zu tippen.
Jetzt hieß es also plötzlich doch Sheriff . »Ich muss Sie fragen,
was Sie am Nachmittag des Verschwindens von Liana Martin gemacht haben.«
Der Stift fiel aus Ians Hand auf den Tisch, rollte zwischen zwei gerahmten Fotos seiner Kinder hindurch über die Platte und fiel auf den grauen Teppich, wo er außer Sichtweite kullerte. »Verzeihung?«
»Montag, den -«
»Ich weiß, welcher Tag es war.«
»Dann können Sie mir ja vielleicht sagen, was Sie an diesem Nachmittag gemacht haben.«
»Ist das ein Witz? Ich bin deswegen schon befragt worden.«
»Nein, Dr. Crosbie, ich versichere Ihnen, dass das kein Witz ist.« John beobachtete, wie die gebräunten Wangen des Arztes aschfahl wurden, und unterdrückte ein Lächeln. Es wäre unprofessionell, sein Vergnügen an dem allzu offensichtlichen Unbehagen des guten Doktors zu verraten.
»Nun... ich war hier. Das habe ich bereits einem Ihrer Deputies erklärt.«
»Ja, ich glaube, es war Deputy Trent, der in der vergangenen Woche mit Ihnen gesprochen hat«, sagte John, zückte einen kleinen Block aus der Brusttasche seines Hemdes und zitierte aus seinen Notizen. »Er sagt, Sie hätten behauptet, Ihre Praxis wäre an jenem Nachmittag geschlossen gewesen.«
Ian wurde noch hektischer. »Sie war geschlossen. Ich hatte eine Menge Papierkram nachzuholen. Was wollen Sie andeuten?«
»So viel, dass sie Ihren Patienten abgesagt haben?«
»Ich hatte an diesem Nachmittag keine Termine.«
»Ach ja?« John blätterte ein paar Seiten weiter. »Ihre Sprechstundenhilfe hat vor ein paar Tagen gegenüber einem anderen meiner Deputies ausgesagt, dass Sie ihr aufgetragen hätten, alle Termine an diesem Nachmittag wegen einer Familienkrise abzusagen.« John hatte einen Beamten beauftragt,
Becky zu befragen, nachdem er Ian bei Kerri begegnet war.
»Nun, es war nicht direkt eine Krise. Meine Frau war sehr besorgt und aufgebracht wegen meines Sohnes -«
»Ihre Frau? Sie meinen Sandy Crosbie?«
»Nun ja, wir leben natürlich getrennt, aber -«
»Sie kann sich nicht erinnern, wegen irgendwas besorgt oder aufgebracht gewesen zu sein.« In Wahrheit hatte er noch gar nicht mit Sandy gesprochen, war sich jedoch ziemlich sicher, dass er damit richtiglag.
»Das liegt daran, dass sie immer wegen irgendwas aufgebracht ist. Hören Sie, Sheriff, ich begreife nicht, worauf Sie hinauswollen. Ich habe langsam das Gefühl, dass Sie mich verdächtigen.«
»Na na, immer schön langsam, Ian . Wer hat denn was von verdächtigen gesagt?«
»Und warum nehmen Sie mich dann so in die Mangel?«
»Ich mache nur meinen Job. Versuchen Sie, die Sache mal aus meiner Sicht zu betrachten.« John ließ seinen Blick über die Bücherregale schweifen. »Sie haben offensichtlich eine sehr gut laufende Praxis. Aber an diesem speziellen Nachmittag beschließen Sie, Ihren Patienten abzusagen und Ihre Sprechstundenhilfe nach
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