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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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die Schlinge von den geschwollenen Falten seines Fleisches zu lösen. Seine Haut war bläulich angelaufen, und seine Lippen hatten einen violetten Rand.
    Und wenn er , der an den Anblick und den Geruch des Todes gewöhnt war, das Bild von Brians Vater bis heute vor sich sah, wie musste es da erst dem sensiblen Jungen ergehen? Er war nun in einem Alter, wo er ergründen musste, wer er war und was er vom Leben wollte. Wollte er denn überhaupt leben? Oder hatte er zusammen mit all den anderen auch das Suizidgen seines Vaters geerbt? John wusste, dass Depression oft in der Familie lag und dass Selbstmord so ansteckend war wie Windpocken. Er hatte sich Sorgen gemacht, dass Brian sich das Leben nehmen könnte. Die Möglichkeit, dass er einen anderen töten könnte, hatte er nie in Betracht gezogen.
    John bog rechts ab, und die Scheinwerfer seines Streifenwagens erfassten eine verdächtige Gestalt unter einem Banyambaum am Straßenrand. Er hielt sofort an, nahm eine Taschenlampe aus dem Handschuhfach und sprang aus dem Wagen. Die Nacht wurde langsam kühler, obwohl es immer noch schwül war. Sofort stiegen ihm die süßlichen Marihuanaschwaden in die Nase. Er atmete tief ein und genoss den Kick aus zweiter Hand. Es war fast zwanzig Jahre her, seit er zum letzten Mal an einem Joint gezogen hatte. Die Erinnerung daran gab ihm ein warmes Gefühl im Magen, als er näher kam, und er ließ entspannt die Hände sinken. Hier würde er keine Waffe brauchen, dachte er, als er sich dem jungen Mann näherte, der in dem hohen Gras unter dem Baum saß. Seiner Erfahrung nach waren Kiffer sehr viel sanftmütiger als ihre betrunkenen Entsprechungen. »Victor«, sagte er und
starrte auf den jungen Mann herab, dessen gespenstisch weißes Gesicht keine weitere Beleuchtung brauchte.
    »Sheriff«, begrüßte Victor ihn, ohne sich die Mühe zu machen, den Joint zu verbergen. Er nahm einen weiteren Zug an seiner selbst gedrehten Zigarette und starrte in die Dunkelheit.
    »Was machst du hier, Victor? Außer dem Offensichtlichen.«
    Victor schüttelte langsam den Kopf. »Außer dem Offensichtlichen mache ich gar nichts«, erwiderte er nach einer Pause.
    »Du weißt, dass das verboten ist«, sagte John und kam sich vor wie ein absoluter Heuchler. Eigentlich wollte er sich ein gemütliches Fleckchen suchen und selbst einen Zug nehmen.
    »Ich tue keinem weh.«
    »Außer dir selbst.«
    Victor lachte. »Ach, kommen Sie, Sheriff. Glauben Sie das wirklich?«
    »Es ist verboten.«
    »Wollen Sie mich verhaften?«
    John leuchtete mit der Taschenlampe die Umgebung ab, bevor er sie wieder auf die Straße richtete. »Wo ist dein Wagen?«
    »Den hab ich nicht mit.«
    »Bist du von zu Hause gelaufen?«
    »So weit ist es auch nicht.«
    »Ein paar Meilen.«
    »Ist gut fürs Herz«, sagte Victor mit einem listigen Lächeln.
    »Nicht, wenn man unterwegs von einem Alligator gefressen wird.« Noch einmal leuchtete John die Umgebung mit seiner Taschenlampe ab.
    »Keine Sorge, Sheriff. Ich passe auf Sie auf.«
    »Wirklich nett von dir.«
    Victor zog ein weiteres Mal an seinem Joint. John überlegte,
ob er ihn auffordern sollte, ihn auszumachen, aber die Zigarette war schon fast bis auf Victors Finger heruntergebrannt, sodass nur noch ein Zug übrig blieb, den Victor so lange wie möglich auskostete, indem er den Rauch in die Lunge presste, bis er die Luft nicht mehr anhalten konnte. »Gutes Zeug«, krächzte er.
    »Was machst du hier draußen alleine?«, fragte John, seine Ausgangsfrage erweiternd.
    »Nichts«, kam die erwartete Antwort. »Ich denke bloß nach.«
    »Worüber?«
    »Über alles Mögliche.«
    »Wissen deine Eltern, wo du bist?«
    Victor lachte.
    John nickte verständnisvoll. Nach allem, was er über Victor Drummonds Eltern wusste, bezweifelte er, dass sie viele Gedanken darauf verschwendeten, wo ihr Sohn steckte. Hauptsache, er ließ sie in Ruhe.
    »Hast du Brian Hensen heute Abend gesehen?«
    Victor schüttelte den Kopf, und eine Strähne seines pechschwarzen Haars fiel in seine weiße Stirn. »Brian? Nein. Warum?«
    »Was ist mit Fiona Hamilton?«
    »Wer?«
    John seufzte. So kam er nicht weiter. »Okay, pass auf, ich fahr dich jetzt nach Hause.«
    »Cool.« Victor wischte sich das Gras von seiner engen schwarzen Jeans, stand auf, folgte John zum Wagen und stieg ein. »Ich bin noch nie in einem Streifenwagen gefahren.«
    »Na ja, es ist nicht direkt das größte Abenteuer im Leben.«
    »Sie sollten sich nicht unter Wert verkaufen, Sheriff.« Victor lehnte

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