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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Mund küssen, ungefähr so.« Er senkte den Kopf und streifte mit den Lippen sanft die ihren. Das Kribbeln breitete sich bis zu Megans Brüsten aus. »Und dann hier«, fuhr er fort und küsste erst das eine und dann das andere Augenlid. »Und dann wieder hier«, sagte er, und seine Lippen kehrten zu ihrem Mund zurück. Er küsste sie heftiger als vorher.
    »Vorsichtig«, ermahnte sie ihn, als sie die Schwellung seiner geplatzten Lippen spürte. »Du bist verletzt.«
    »Es geht mir schon viel besser.«

    Megan hörte, dass ihr Atem flach und abgerissen klang, als sie fragte: »Und was wolltest du dann machen?«
    Greg lehnte sich ein wenig zurück und zeichnete mit dem Finger eine Linie von ihrem Kinn bis zu ihrem tiefen Ausschnitt nach. »Dann wollte ich in diese großen, vertrauensvollen Augen blicken und vorschlagen, dass wir so schnell wie möglich verschwinden.«
    »Und du meinst, ich wäre mitgekommen?«
    »Sag du es mir.«
    »Megan!«, rief eine Stimme. »Was machst du da?«
    Megan zuckte zusammen. Widerwillig drehte sie sich um und sah ihre Mutter aus ihrem Klassenzimmer-Container kommen. Sie stand hastig auf. »Hi, Mom. Ich wusste gar nicht, dass du noch da bist.«
    »Hallo, Mrs. C.«, sagte Greg, erhob sich ebenfalls und wischte ein paar Grashalme von seiner Jeans. »Überstunden?«
    »Ich hab nur ein paar Sachen für morgen vorbereitet. Und ihr?«
    »Wir haben nur ein bisschen Text geprobt«, sagte Megan.
    »Für das Musical«, ergänzte Greg.
    »Was ist denn mit deinem Gesicht passiert?«, fragte ihre Mutter Greg.
    »Ach, das ist gar nichts«, wiegelte er ab.
    »Wir sollten besser wieder reingehen«, sagte Megan.
    Ihre Mutter blickte nervös zwischen beiden hin und her. »Wahrscheinlich eine gute Idee«, meinte sie.

25
    D ie müssen mich für einen kompletten Idioten halten, dachte Sandy, als sie Megan und Greg durch die schwere Seitentür der Schule verschwinden sah.
    Wir haben nur ein bisschen Text geprobt.
    Für das Musical.
    Geprobt vielleicht, dachte Sandy, aber keinen Text und nicht für das Musical. Greg Watt! Gütiger Gott, was dachte ihre Tochter sich dabei? Vorausgesetzt, dass sie überhaupt irgendetwas dachte, was vermutlich nicht der Fall war.
    Nicht dass Sandy irgendein Recht hatte, den gesunden Menschenverstand oder Männergeschmack ihrer Tochter anzuzweifeln, nicht nach ihrem eigenen fragwürdigen Benehmen neulich. Sie dachte an das Fiasko mit Will Baker und verzog in Erinnerung an den grauenvollen Abend das Gesicht. Sie war zu einem wildfremden Mann ins Auto gestiegen! Sie war mit in seine Wohnung gegangen! Megan hatte zumindest eine Entschuldigung für ihre Leichtfertigkeit: Sie war siebzehn. Von Teenagern erwartete man, dass sie Dummheiten machten. Wann sonst in ihrem zunehmend komplizierteren Leben konnten sie sich diesen Luxus leisten? Ganz zu schweigen von der brutalen Ermordung einer Mitschülerin, die Megans unbewussten Glauben an ihre eigene Unsterblichkeit erschüttert hatte. Es war nur natürlich, dass sie ihre Gefühle ein wenig ausagierte.
    Aber Sandy war beinahe vierzig und galt damit wohl als eine Frau mittleren Alters – oh Gott, sie war eine Frau mittleren
Alters! -, weshalb sie die Unerfahrenheit und Unbefangenheit der Jugend nicht mehr auf ihrer Seite hatte. In ihrem Fall war Naivität längst nicht mehr schmeichelhaft. Und bei ihrer eigenen Geschichte mit Männern sollte sie sich mit Ratschlägen sowieso besser zurückhalten. Deshalb war es vermutlich auch nicht der ideale Zeitpunkt für ein Mutter-Tochter-Gespräch. Megan hatte ihr bereits versichert, dass sie keinen Sex hatte. Und was Greg Watt anging, würde Sandy sich einfach auf die Zunge beißen müssen. Schließlich gab es nichts, was den Appetit eines rebellischen Teenagers mehr anregte, als eine missbilligende Mutter.
    Es war auch gar nicht so, dass sie Greg überhaupt nicht mochte. Er war, zugegeben, kein Intellektueller, aber er war auch nicht dumm. Hinter seinem großspurigen Machogehabe verbarg sich eine rege Fantasie und echtes künstlerisches Talent. Außerdem bedeutete Intelligenz nicht unbedingt, dass ein Mensch auch anständig war, weshalb man beides auch nicht miteinander verwechseln sollte. Ian Crosbie war unbestreitbar ein intelligenter Mann. Und was hatte ihr das gebracht?
    Sandy wartete eine weitere Minute, bis sie das Hauptgebäude betrat. Als sie an der geschlossenen Tür der Aula vorbeiging, fragte sie sich, wie lange der Flirt ihrer Tochter mit Greg Watt schon dauerte und ob er möglicherweise

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