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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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schnell wieder, wie sie sich aufgetan hatte. Megan stand auf und rannte durch den Mittelgang nach hinten.
    »Die ist doch das Letzte«, hörte sie Tanya sagen.
    »Lauf nicht so weit weg«, ermahnte Mr. Lipsman sie, als sie durch die Tür in den Flur in Richtung des nächsten Ausgangs stürmte.
    »Ist die Probe schon vorbei?«, fragte eine Stimme irgendwo neben ihr.
    Megan musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, wer es war. Sie blieb wie angewurzelt stehen und zählte langsam bis zehn, bevor sie antwortete: »Nein, sie hat gerade erst angefangen.«
    »Und wo gehst du dann hin?«, fragte Greg.
    Megan weigerte sich nach wie vor, sich umzudrehen. Sie hatte Angst, dass sie womöglich in Tränen ausbrechen würde, so erleichtert war sie, dass er gekommen war und mit ihr redete. »Mr. Lipsman arbeitet noch mit dem Chor, da dachte ich mir, ich geh noch mal kurz raus und schnapp ein bisschen frische Luft.«
    »Frische Luft klingt gut«, sagte Greg und schloss sich ihr schlendernd an.
    Megan konzentrierte sich einzig und allein darauf ein- und auszuatmen. Sie versuchte, sich an all die schlauen Bemerkungen und Erwiderungen zu erinnern, die sie sich in der vergangenen Nacht zurechtgelegt hatte, aber in ihrem Kopf herrschte eine geradezu erdrückende Leere. Deshalb beschloss sie, lieber gar nichts zu sagen und Greg den Vortritt zu lassen. Erst als sie draußen waren, wagte sie es, ihn anzusehen, und auch das nur, weil er sich ihr direkt in den Weg stellte. Obwohl die Sonne sie blendete, erkannte sie die Kratzer
in seinem Gesicht und das zugeschwollene, blaue Auge. Als er lächelte, verrutschte seine geplatzte Unterlippe bedrohlich zur Seite. »Mein Gott, was ist denn mit dir passiert?« Es kam ihr so vor, als wäre die Hälfte der Schule in irgendeiner Form verletzt oder angeschlagen. Was war bloß mit den Leuten los?
    »Mein Vater und ich hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit.«
    »Worüber?«
    »Er war nicht direkt begeistert, dass ich die Theater-AG gewählt habe.«
    »Er hat dich geschlagen, weil er nicht will, dass du in dem Stück mitspielst?«
    »Musicals stehen auf seiner Prioritätenliste nicht besonders weit oben.«
    »Deshalb hat er dich verprügelt?«
    »Er hat es versucht.«
    »Sieht so aus, als hätte er es geschafft. Warst du beim Arzt?«
    Greg tat die mögliche Ernsthaftigkeit seiner Verletzungen mit einem Achselzucken ab. »Ach, das ist nichts.«
    Megan musste sich anstrengen, ihre Hände bei sich zu halten. Eigentlich wollte sie seine Wunden streicheln und eine Reihe zärtlicher Küsse auf seine Wange drücken. »Ich glaub einfach nicht, dass er das gemacht hat.«
    »Es war nicht das erste Mal.«
    »Hast du je irgendwem davon erzählt?«
    »Ich erzähle es dir.«
    Megan fühlte sich eigenartig geschmeichelt, obwohl sie sich auch fragte, was passiert wäre, wenn sie nicht die Erste gewesen wäre, die er zufällig getroffen hatte. Hätte er sich sonst womöglich Tanya anvertraut? »Ich meinte, jemandem wie dem Sheriff.«
    »Der Sheriff hat im Moment alle Hände voll zu tun, meinst du nicht auch?«

    »Ich könnte meinen Vater anrufen. Bestimmt nimmt er dich auch ohne Termin.«
    »Warum setzt du dich nicht einfach eine Weile neben mich und redest mit mir? Mehr Medizin brauche ich nicht.« Greg fasste ihren Ellenbogen und führte sie zu einer Königspalme in der Mitte eines kleinen dreieckigen Fleckchens Grases, etwa dreißig Meter vom Schulgebäude entfernt. Er hatte seine Hand immer noch an ihrem Arm, als sie sich auf den feuchten Boden setzten.
    »Worüber willst du denn reden?«, fragte Megan nervös. Eigentlich wollte sie fragen: Was zum Teufel ist los mit dir? Was gibt es denn plötzlich Dringendes zu besprechen? Warum hast du mich im Park sitzen lassen?
    »Ich weiß nicht«, gab er lächelnd zu.
    »Ich habe dich gestern Abend gesehen.«
    »Wirklich?«
    »Bei den Hamiltons.«
    Er nickte. »Ziemlich unheimlich, dass seine Frau vermisst wird.«
    Megan wollte eigentlich nicht über Fiona Hamilton reden. »Was hast du mit Peter bei Mr. Lipsman gemacht?«
    »Wir haben bei ihm einen Song aus dem Stück geübt.«
    »Wirklich? Und wie war’s?«
    »Ein bisschen seltsam. Er lebt in dem alten Haus, in dem er früher mit seiner Mutter zusammen gewohnt hat, und ihre Sachen sind noch überall, ganz zu schweigen von den tausenden von Katzen.«
    »Tausende?«
    »Na ja, mindestens zehn.« Greg lächelte und verzog dann das Gesicht.
    »Tut es weh?«
    »Mein Alter langt ganz schön hin.«
    »Ich fände es wirklich

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