Nur Der Tod Kann Dich Retten
Auftritt seiner Tochter in dem Musical, die anschließende spontane Feier im Chester’s. Alles war prima gelaufen, bis Pauline einen Drink zu viel bestellt hatte und die kleinen Spitzen, die sie schon den ganzen Abend in seine Richtung abgefeuert hatte, immer beißender und die verschleierten Andeutungen immer unverhohlener geworden waren. Sowohl Avery Peterson als auch Lenny Fromm hatten das drohende Desaster gewittert und das Etablissement so rasch und höflich wie möglich verlassen. Rita hatte versucht, die eskalierenden Feindseligkeiten mit einem Sperrfeuer schwachsinnigen Smalltalks abzufangen. Irgendwann war Pauline mürrisch verstummt. Und dann war Sandy Crosbie gekommen und hatte ihm den ersehnten Vorwand geliefert, von dem Tisch wegzukommen. Er hatte sogar eine Partie Poolbillard gespielt und sich gerade zu seiner Selbstbeherrschung gratuliert, als das Pièce de résistance , wie Pauline wahrscheinlich sagen würde, in Gestalt von Kerri und dem guten Doktor die Szene betreten und die nachfolgende Eruption ausgelöst hatte. Würde er das je wiedergutmachen können? »Hör mal, ich weiß nicht, warum wir jetzt darüber reden. Das sind alte Geschichten. Die Affäre mit Kerri ist schon lange her.«
»Sie hätte gar nicht erst passieren dürfen«, fauchte Pauline.
John nickte. Was sollte er sonst machen?
»Und beleidige meine Intelligenz nicht mit der Behauptung, dass es nicht wieder vorkommen wird. Sobald der Doktor sie abserviert, wird sie sich an deiner Schulter ausheulen -«
»Er wird sie nicht abservieren, und sie wird sich nicht ausheulen.«
»- und du wirst auf Kommando angerannt kommen.«
»Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, ich bin nicht mehr der Schnellste.« John war erschöpft. Er wollte nur noch ins Bett steigen und in bewusstlosen Tiefschlaf fallen.
»Was? War das ein Witz? Soll das vielleicht komisch sein? Du bist ein Schwein, weißt du das?«
»Ich glaube, das hattest du schon erwähnt.«
»Ach ja? Und weißt du was? Ich erwähne es noch mal.« Pauline begann, das Laken unter der Überdecke an sich zu zerren.
»Was zum Teufel machst du da?«
»Mir ist kalt.«
»Geh endlich duschen.«
»Geh zum Teufel.«
John warf angewidert die Hände in die Luft. »Willst du, dass deine Tochter dich so sieht?«
Pauline tat seine Sorge mit einem schlaffen Winken ab. »Amber ist nicht zu Hause. Sie ist auf der Party. Falls du es vergessen hast.«
John sah auf die Uhr. Er hatte es nicht vergessen. Es war schon nach Mitternacht. »Sie kommt in einer knappen Stunde nach Hause.«
»Ich glaube, sie mag diesen Jungen«, bemerkte Pauline, als ob sie sich nicht eben noch angeschrien hätten.
»Welchen Jungen?«
»Sandys Sohn. Wie heißt er noch? Tom? Tim? Tumber?«
»Das bildest du dir ein. Wie üblich.«
»Und du kriegst nichts mit. Wie üblich.« Sie lachte. »Es ist eigentlich ziemlich ironisch, wenn man es sich überlegt. Ich glaube jedenfalls, ironisch ist das richtige Wort. Ich muss Sandy fragen, wenn ich sie das nächste Mal treffe.«
»Was plapperst du da?«
»Unsere Tochter und Sandys Sohn. Das hat doch etwas,
findest du nicht? Als ob es vorherbestimmt wäre. Ich meine, auf der einen Seite haben wir Sandy, die Frau von Ian, Liebhaber von Kerri, und Kerri, Exgeliebte von John, dem betrügerischen, nichtsnutzen Ehemann von Pauline. Was hast du gesagt? Hast du gesagt, dass ich plappere?«
»Ich sagte, ich denke, du solltest dich waschen und zusammenreißen, bevor Amber nach Hause kommt.«
»Hier kommt sie nicht rein. Das macht sie nie.«
»Du bist betrunken.«
»Ach wirklich? Sag bloß! Warum hat mir das niemand gesagt?«
»Beweg dich unter die Dusche.«
»Verpiss dich.«
»Pass auf«, sagte John, »du wirst jetzt duschen, ob es dir gefällt oder nicht.«
»Tatsächlich? Und wer soll mich dazu zwingen? Du?«
»Wenn ich muss.«
»Und wie genau willst du das anstellen?«, neckte Pauline ihn. »Wirst du mich à la Kiss Me, Kate hochheben und über die Schulter werfen?«
»Ich glaube, ich würde dich lieber an den Haaren schleifen.« John machte einen Schritt auf sie zu. Er hatte nicht die Absicht, Gewalt anzuwenden, obwohl ihn das à la fast so weit gebracht hätte. Aber er hatte schon genug harmlose Familienstreitigkeiten böse enden sehen und nicht die Absicht, sich der Reihe der Ehemänner anzuschließen, die ihre Frauen misshandelten. War Betrug nicht Misshandlung genug? »Komm schon, Pauline. Mach es mir nicht so schwer.« Er packte ihre Hand, sie schlug nach
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