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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Pressglas sowie Grandma Roses Sammlung von Porzellanfiguren aufbewahrt, die ihre Großmutter als Antiquitäten, ihre Mutter hingegen als Müll bezeichnete. Kerri hatte Delilah anvertraut, dass sie »den ganzen Plunder« wegwerfen wollte – sobald Grandma Rose von ihnen gegangen war.
    Kerri sagte immer »von uns gehen« anstatt »sterben«. Manchmal sagte sie auch Sachen wie »den Löffel abgeben« oder »ins Gras beißen«, allerdings nie in Gegenwart von Grandma Rose, die solche respektlosen Sprüche für gotteslästerlich hielt. Delilah wusste, dass Kerri die Übellaunigkeit und das herrische Wesen ihrer Mutter vor allem deshalb ertrug, weil sie hoffte, ihr ganzes Vermögen zu erben, wenn Grandma Rose starb. Uups, dachte Delilah, ich korrigiere: »von ihnen ging«. Sie hätte beinahe laut gelacht, wenn Grandma Rose nicht dagesessen und ausgesehen hätte, als wäre sie versehentlich in ein Nest schlafender Schlangen gestolpert.
    War das eine Metapher? Eine Alliteration? Vielleicht beides? Noch etwas, was sie Mrs. Crosbie fragen musste.
    »Wie geht es dir, Grandma Rose?«, erkundigte sich Delilah jetzt und trat vorsichtig näher. Ihre Großmutter saß auf der Sofakante, ihre geschwollenen Füße in den schmuddeligen pinkfarbenen Pantoffeln berührten kaum den Boden, und sie hatte ihre großen männlichen Hände im Schoß gefaltet. Ihr Haar war dunkelrotbraun getönt, aber der sichtbare graue Haaransatz ließ eine Nachfärbung dringend geraten erscheinen. Sie hatte ein rundes Gesicht mit groben Zügen, und ihre braunen Augen waren kalt und unbarmherzig. Sollten Großmütter
nicht sanft und gütig sein? Sollten sie einen nicht mit offenen Armen und frisch gebackenen Keksen zu Hause empfangen?
    »Was glaubst du wohl, wie es mir geht«, kam Grandma Roses Antwort. »Ich bin ganz krank vor Sorge.«
    »Mom kommt bestimmt jede Minute nach Hause«, sagte Delilah, obwohl sie sich dessen keineswegs sicher war. Was machte ihre Mutter überhaupt? »Sie hat nicht angerufen?«
    »Wenn sie angerufen hätte, würde ich mir wohl nicht solche Sorgen machen.«
    »Wohl nicht.« Delilah seufzte tief und versuchte, sich ihren Ärger nicht anmerken zu lassen. Sie redete sich ein, dass ihre Großmutter sie nur anblaffte, weil sie sich um ihre Tochter sorgte, aber in Wahrheit war das Blaffen ihr normaler Umgangston. Kein Wunder, dass Kerri jede Gelegenheit nutzte, sich zu verdrücken. Kein Wunder, dass sie es nicht eilig hatte, nach Hause zu kommen. Kein Wunder, dass sie so viel Zeit vor ihrem Computer verbrachte, wenn sie denn zu Hause war, und die Stille eines Internet-Chatrooms dem Radau realer Menschen vorzog. Wenn einen jemand online anblaffte, konnte man ihn einfach wegknipsen.
    »Als ich den Wagen gehört habe, dachte ich, dass sie es wäre.«
    »Das war Sheriff Weber. Er hat mich vom Chester’s nach Hause gefahren.«
    »So ein Pech«, meinte Rose. »Die Bewegung hätte dir gutgetan.«
    Delilah zwang sich zu einem Lächeln, als sie in die Küche ging. »Kann ich dir irgendetwas mitbringen, Grandma? Eine Cola oder Saft?«
    Rose schüttelte den Kopf. »Nein. Und du solltest auch nichts trinken. Hast du eine Ahnung, wie viel Zucker in einem Glas Cola ist? Und Orangensaft ist angeblich genauso schlimm. Wusstest du das?«
    »Ich glaube, das hast du mir schon mal erzählt, ja.« Mindestens
fünfhundertmal, fügte Delilah stumm hinzu, ging in die kleine Küche, machte den Kühlschrank auf und griff nach einer Dose Cola.
    »Halt dich an Wasser«, riet ihre Großmutter ihr, als stünde sie direkt hinter ihr. »Angeblich soll man mindestens acht Gläser Wasser am Tag trinken. Wusstest du das?«
    »Das ist aber eine Menge Wasser«, sagte Delilah und zog die Metalllasche der Dose auf. Die Kohlensäure entwich mit einem lauten Zischen und kitzelte ihr in der Nase. Sie führte die Dose an die Lippen und trank einen großen, befriedigenden Schluck.
    »Dummes Mädchen«, murmelte Rose so laut, dass Delilah sie hören konnte.
    »Bist du sicher, dass du nichts willst? Ich glaube, es ist noch ein bisschen Eis übrig.«
    »Himmel, nein. Angeblich soll man nach sieben Uhr gar nichts mehr essen.«
    »Wer sagt das?« Die Dose Cola grimmig entschlossen gepackt, kehrte Delilah ins Wohnzimmer zurück und ließ sich auf den braunen Ledersessel fallen, der laut quietschte, als würde er unter ihrem Gewicht aufstöhnen.
    »Das sagen alle«, erwiderte Rose, als ob das als Antwort reichte. »Es ist Allgemeinwissen. Und sei vorsichtig mit der Cola. Wenn du sie

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