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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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würde.
    Daraufhin wurde sie wütend und fing an, mich zu beschimpfen – ich weiß nicht mehr genau, was sie im Einzelnen gesagt hat, denn ich habe die Angewohnheit, die unangenehmeren Äußerungen meiner Mitmenschen zu überhören.
Jedenfalls beschloss ich in dem Moment, dass für mich keinerlei Gewinn darin lag, sie noch länger am Leben zu lassen. Ich zog meine Pistole, und dann ist sie wirklich ausgerastet. Man konnte kaum verstehen, was sie gesagt hat, so schnell hat sie geredet. Und plötzlich wurde sie wie diese Candy, bot an zu tun, was ich verlangte. »Willst du, dass ich es mit dem Mund mache?«, fragte sie mich neben anderen Obszönitäten, die ich hier nicht erwähnen werde. Da habe ich sie mit dem Lauf der Waffe ins Gesicht geschlagen. Der Schlag warf sie auf den Rücken und ließ ihre Wange anschwellen wie ein Luftballon. Es war wirklich erstaunlich, wie schnell sie sich aufblähte. Jetzt kann man es nicht mehr richtig erkennen, weil die Kugel ihr den halben Kopf weggerissen hat, aber ich schwöre, es war beeindruckend.
    Es mag im Licht der Geschehnisse seltsam klingen, aber ich glaube, Liana fing an, mich wirklich zu mögen, zumindest ein wenig. Aber was sagte ich eben über die unerschöpfliche Gabe des Verstandes zur Selbsttäuschung? Vielleicht hat sie also auch nur mitgespielt, um mich zu beruhigen; vielleicht wollte sie nur, dass ich sie als ein menschliches Wesen betrachtete und nicht als lebloses Objekt, damit ich Mitleid mit ihr hatte und sie laufen ließ. Ich habe irgendwo gelesen, dass man als Geisel genau das versuchen sollte, und vielleicht kannte Liana den Artikel auch. Offenbar ist es schwerer, Leute zu töten, wenn man ihnen menschlich nähergekommen ist.
    Komisch, wie wenig Leute es in die Kategorie »menschlich« schaffen.
    Aber das ist Schnee von gestern. Sagt man nicht so? Ist das eine Metapher? Es wäre zumindest eine, die einen Sinn ergibt. Es bedeutet, was geschehen ist, ist geschehen. Und Liana ist tot und weg. Nun, weg ist sie eigentlich noch nicht, und genau das ist das Problem, das ich relativ kurzfristig lösen muss. Ich muss zurück sein, bevor die anderen aufwachen. Ich bin um diese Tageszeit für gewöhnlich nicht auf, und die Leute
erinnern sich an kleine Verhaltensunregelmäßigkeiten. Ich will nicht, dass ein kleinerer Fehler in der Zeitplanung mir später zum Verhängnis wird.
    Deshalb ist es wichtig, dass ich Lianas Leiche unverzüglich unter die Erde bringe. Selbst bei den kühleren Temperaturen wird es nicht lange dauern, bis die Verwesung einsetzt. Schon jetzt laben sich unsichtbare Maden an ihrem zerfetzten Fleisch, und ich will gar nicht über den Zustand spekulieren, in dem sie sich am Ende des Tages befinden wird. Ich werde sie also einfach verpacken, in den Kofferraum meines Wagens schaffen und einen geeigneten Ort finden, um sie zu entsorgen. MOVE, BITCH, in der Tat.
    Ich bin sicher, dass die hiesigen Autoritäten in ein paar Stunden einen Suchtrupp auf die Beine stellen werden. Vielleicht tue ich meine Bürgerpflicht und melde mich freiwillig. Vielleicht werde ich Liana sogar persönlich »finden«. Heureka! Hier drüben. Ich glaube, ich habe etwas entdeckt.
    Natürlich darf ich sie die Leiche nicht zu schnell finden lassen. Wo bliebe sonst der Spaß? Aber vielleicht in ein paar Tagen. Rechtzeitig, um allen das Wochenende zu verderben.
    Das ist doch mal was, worauf man sich freuen kann.

7
    »Harten Tag gehabt?«
    S andy stand in der Tür von Rita Hensens winzigem Büro und sah zu, wie die Schulkrankenschwester den blutenden Finger eines Mädchens aus der neunten Klasse verband, das am Nachmittag aus Versehen oder absichtlich gegen einen Spind geschubst worden war. Schon jetzt überragte die Vierzehnjährige die dreiundvierzigjährige Krankenschwester, die auf Absätzen kaum 1,50 Meter maß. Aber mit ihrem offenen Gesicht und ihrem bereitwilligen Lächeln war sie eine Frau, die einem selbst dann ein Lächeln entlockte, wenn einem gar nicht danach zumute war. »Eine harte Woche«, sagte Sandy, während das Mädchen vom Behandlungstisch stieg und den Raum mit einem kaum hörbaren »Danke« verließ.
    »Jetzt ist erst mal Wochenende.« Rita Hensen winkte Sandy in ihr Zimmer, das kaum größer war als ein Kleiderschrank. »Hast du Lust, später etwas trinken zu gehen?«
    »Ich kann nicht.«
    »Wirklich nicht? Du siehst aus, als könntest du eine Transfusion gebrauchen.«
    »Apropos: Ist Victor Drummond zu dir gekommen?«
    »Graf Dracula? Nein. Sollte

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