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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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weil er sich nicht erinnern konnte, es je vorher gesehen zu haben. Pauline behauptete immer, für einen Sheriff wäre er ziemlich unaufmerksam. Er hatte es nicht übers Herz gebracht – vielleicht war es auch fehlende Traute -, ihr zu erklären, dass er ungeachtet seines ADS und der Farbenblindheit in beruflichen Dingen durchaus sehr scharfsinnig war und seine Unaufmerksamkeit sich weitgehend auf sie beschränkte.
    Dabei war sie keine unattraktive Frau. Sie war groß und mit ihren dreiundvierzig immer noch einigermaßen schlank mit strahlenden Augen und einem ebenso ansteckenden wie selten gesehenen Lächeln.
    »Du kommst zu spät«, sagte sie, nahm ihm die Fernbedienung ab und schaltete den Fernseher wieder an. »Du solltest zusehen, dass du aus diesen dreckigen Sachen steigst und unter die Dusche springst. Wir sind mit Sarah um halb acht verabredet, und es ist schon fast halb.«
    »Hast du es noch nicht gehört?«
    »Was?«
    »Das von Liana.«
    Pauline sagte nichts, weil sie für einen Augenblick von dem Fernseher abgelenkt wurde. »Guck dir bitte mal dieses Gesicht
an«, forderte sie ihn auf und zeigte auf den Bildschirm. »Sie versuchte, den Leuten zu erzählen, dass das alles echt wäre, aber wem will sie bitte sehr etwas vormachen? Eine Frau über fünfzig ohne Falten hat sich liften lassen.«
    »Pauline«, sagte John lauter als beabsichtigt und sah, wie Pauline die Schultern anspannte. »Wir haben Lianas Leiche gefunden.«
    »Ja, ich weiß.« Paulines Blick fiel auf den elfenbeinfarbenen Teppich. » Mon Dieu , du hast deine Schuhe nicht ausgezogen.«
    »Meine Schuhe?«
    »Du verteilst den Dreck auf dem ganzen Teppich.«
    »Du weißt das von Liana.«
    Wieder versteifte sie ihre Schultern. »Sarah hat mich vor zwanzig Minuten angerufen, um es mir zu erzählen.«
    »Was zum Teufel machst du dann da?«
    »Was denkst du denn? Ich ziehe mich an, um auszugehen.« Sie kräuselte schnuppernd die Nase. »Rieche ich etwa McDonald’s?«
    John wurde noch lauter, um die Stimmen aus dem Fernseher zu übertönen. »Ich habe dir McChicken-Sandwiches mitgebracht.« Die ganze Unterhaltung wurde zunehmend absurder, als wäre er unwissentlich in eine dieser schrecklichen Doku-Soaps geraten, die seine Frau so liebte.
    »Was soll ich mit einem McChicken, wenn wir mit Sarah und Frank essen gehen?«
    »Wir gehen nicht mit Frank und Sarah essen«, platzte er los, auf den provozierenden Tonfall seiner Frau reagierend. »Weil ein junges Mädchen brutal ermordet -«
    »Ein junges Mädchen, das wir kaum kannten -«
    »Wir kannten sie.«
    »Kaum.«
    »Wir kennen ihre Eltern.«
    »Die uns immer von oben herab betrachtet haben, das kannst du mir glauben.«

    »Howard und Judy Martin sind -«
    »- reizende Menschen, ich weiß. Spar mir den Schmus. Sie sind absolute Snobs, und sie melden sich nur bei dir, wenn sie irgendwas wollen.«
    »Ihre Tochter ist ermordet worden.«
    »Brutal, ja, ich weiß. Kann man auch noch auf eine andere Art ermordet werden?«
    »Herrgott noch mal, Pauline. Weißt du eigentlich, was du da redest?«
    »Nun gib nicht mir die Schuld«, fauchte sie ihn an. »Ich habe nichts Böses getan. Es tut mir leid, dass das arme Mädchen tot ist. Wirklich. Aber was kann ich daran ändern? Die Verabredung abzusagen, macht sie auch nicht wieder lebendig.«
    »Ich kann nicht«, sagte John mit einem ungläubigen Kopfschütteln.
    »Was soll das heißen, du kannst nicht? Warum nicht? Was glaubst du denn heute Abend noch erreichen zu können?«
    »Ich weiß es nicht. Aber ich muss es versuchen.«
    »Dann versuchst du es eben nach dem Abendessen. Hast du für so was nicht Untergebene?«
    »Die sind schon unterwegs. Überleg doch mal, Pauline. Was für einen Eindruck würde es machen, wenn ich gemütlich in einem Restaurant sitze und esse, während alle anderen rund um die Uhr arbeiten?«
    »Seit wann kümmert es dich, was für einen Eindruck du machst?«
    »Darum geht es nicht.«
    »Du hast damit angefangen«, erinnerte sie ihn.
    »Sean Wilson sitzt mir schon im Nacken -«
    »Sean Wilson ist ein Würstchen.«
    »Er ist der Bürgermeister, Pauline.«
    »Ja, der winzige, perfekte Bürgermeister, ich weiß. Bitte. Du könntest ihn mit bloßen Händen plattmachen.«
    »Es geht darum, dass ich heute Abend nicht mit Sarah und Frank in einem Restaurant sitzen kann«, wiederholte John.
»Es geht darum, dass ich die Sache nicht an meine Deputies delegieren will . Ein junges Mädchen ist ermordet worden, und es ist mein Job, den Täter zu

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