Nur die Liebe heilt
nichts als Erleichterung verspürt.
„Du bildest dir da was ein.“ Er nahm ihre Einkaufstaschen aus dem Auto. „Ich suche nicht nach einer Beziehung, und schon gar nicht nach einer mit Evie Blanchard. Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte – ich habe im Moment genug um die Ohren, Mom. Für eine Frau habe ich gar keine Zeit. Und selbst wenn: Evie ist wirklich nicht mein Typ, wenn ich dich daran erinnern darf.“
Zumindest musste er sich das selbst immer wieder in Erinnerung rufen. Egal, wie zärtlich und einzigartig dieser Kuss gewesen war, so hatten sie doch rein gar nichts gemeinsam.
„Was stimmt denn nicht mit ihr?“, fragte Katherine. „Sie ist eine wundervolle Frau, tausendmal besser als deine coolen Geschäftspartnerinnen, mit denen du so gerne und diskret verkehrst. Wobei du dir immer einbildest, dass ich nichts davon mitbekomme.“
Brodie lachte ungläubig auf. Er kapierte einfach nicht, wie der weibliche Verstand funktionierte. Da erzählte seine Mutter ihm erst, dass er die Finger von ihrer Freundin lassen sollte, nur um dann sauer zu sein, wenn er genau das versprach.
„Evie ist vollkommen in Ordnung.“ Abgesehen von ihrem sentimentalen Herz, von ihrer Leidenschaft, mit der sie gegen die Ungerechtigkeit der Welt ankämpfte, und davon, dass er jedes Mal den Kopf verlor, wenn er ihr näher als zehn Meter kam. „Wir haben nur nichts gemeinsam. Was auch egal ist, denn sie arbeitet ja nur noch kurze Zeit mit Taryn. Und danach werden wir uns wieder genauso höflich ignorieren wie zuvor, wenn wir uns bei Stadtplanungstreffen gegenübersitzen.“
„Sei nett zu ihr, ja?“, bat Katherine nach kurzem Schweigen. „Du hast keine Ahnung, wie viel wir mit Taryns Therapie von ihr verlangen.“
Auf einmal wurde er wütend, aus Gründen, die er selbst nicht so recht verstand. „Doch, das weiß ich. Sie hat mir von ihrer Adoptivtochter erzählt. Und ich möchte dich daran erinnern, dass ich davon keine Ahnung hatte. Während du genau wusstest, was es sie kostet – und sie trotzdem gefragt hast.“
Katherine sah ihn zugleich schuldbewusst und überrascht an. „Sie hat dir von Cassie erzählt? Das kann ich nicht glauben. Evie spricht eigentlich nie über ihre Tochter. Ich glaube, dass weder Claire noch Alex oder Maura etwas darüber wissen, obwohl sie gute Freundinnen sind.“
Ja, warum hatte sie ausgerechnet ihm davon erzählt? Warum bloß? Er wusste nicht genau, was er davon halten sollte.
Mit einem Mal wünschte er fast, dass sie es nicht getan hätte. Er wollte die Uhr zwanzig Minuten zurückdrehen, bis zu dem Moment, als er in Taryns Zimmertür gestanden und gesehen hatte, wie Evie mit seiner Tochter scherzte und lachte.
„Der Punkt ist, dass ich es jetzt weiß. Weil es so schwer ist, jemand Gutes zufinden, wollte ich Evie eigentlich überreden, bei uns zu bleiben. Das kann ich nun natürlich nicht mehr, also muss ich mich weiter auf die Suche nach einem passenden Kandidaten machen.“
Er wollte auf keinen Fall, dass Evie ihre Entscheidung irgendwann bereute. Und wenn das bedeutete, dass er sie nie mehr küssen durfte – nun, dann musste er dieses Opfer eben bringen. Egal, wie schwer es ihm fiel.
„Gönn mir mal eine Pause, Junge, und mach etwas langsamer.“
Jacques hörte nicht auf sie, sondern rannte weiter in irrem Tempo den Woodrose-Mountain-Weg hinauf, mit wedelndem Schwanz und der Schnauze am Boden, um die Spur eines möglichen Feindes aufzunehmen.
Am liebsten hätte sie das Joggen heute Morgen ausfallen lassen. Den Wecker auszustellen und kurz vor Sonnenaufgang aufzustehen war ihr schwerer gefallen, als mit leeren Händen aus einem Schmuckladen zu gehen. Doch Jacques brauchte einmal richtigen Auslauf.
Einerseits wäre sie lieber im Bett geblieben, andererseits war da ein leichtes, freudiges Kribbeln in ihrem Bauch, wenn sie daran dachte, was heute vor ihr lag. Tatsächlich konnte sie es kaum erwarten, mit Taryn ins String Fever zu gehen. Die Arbeit mit ihr machte Evie Spaß, von der Lähmung, die sie nach Cassies Tod befallen hatte, war nichts mehr zu spüren. Sie genoss die Herausforderung, den richtigen Zugang zu Taryn zu finden. Denn nur wenn ihr das gelang, konnte sie entscheidend zu ihrer Genesung beitragen.
Ihre Freunde in L.A. hatten sie immer gefragt, warum sie sich auf Kinder spezialisiert hatte und nicht auf lukrativere Felder wie Geriatrie oder Sporttherapie – und warum sie ausgerechnet die schwersten Fälle übernahm.
Ihre Antwort hatte abgedroschen
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