Nur die Liebe heilt
sich etwas zurück. „Ich weiß. Ich weiß.“
Sie wollte auch nicht weinen, nicht vor Charlie. Evie kam gerade im richtigen Moment mit einem Tablett zurück.
„Mrs Olafson hat sehr widerwillig etwas Limonade gemacht. Ich glaube zwar nicht, dass sie vergiftet ist, aber vielleicht sollte ich als Erste einen Schluck nehmen. Wenn ich umkippe, könnt ihr den Notarzt rufen. Aber sorgt bitte dafür, dass der süße Dougie Van Duran dann die Mund-zu-Mund-Beatmung macht.“
Taryn lächelte leicht. Sie war froh, dass Evie zurückgekommen war. Sie konnte einfach nicht über Layla nachdenken. Das tat mehr weh, als eine Meile zu gehen.
Mein Fehler , dachte Taryn. Alles mein Fehler .
Ab und zu funktionierten ihre haarsträubenden Ideen also doch.
Charlie blieb eine Dreiviertelstunde, so wie sie es am Abend zuvor besprochen hatten. Lang genug, um Taryn zu ermutigen, aber nicht so lange, dass sie sich zu langweilen begannen.
Taryn hatte mit Charlie und Jacques im Zimmer gar keine Zeit, müde oder genervt zu sein. Immer wenn es erste Anzeichen gab, dass sie aufhören wollte, kam Jacques zu ihr und stupste sie mit dem Kopf an. Oder Charlie sagte etwas Lustiges oder Fieses, und dann musste sie lachen und versuchte es erneut.
Von ihrer üblichen Gereiztheit war nichts mehr zu bemerken, wie durch Zauberhand hatte sie sich in der Sommerbrise aufgelöst. Taryn lachte und redete, und vor allem: Sie machte alles, worum Evie sie bat. Als Charlie auf seine Uhr sah und sagte, dass er aufbrechen müsse, konnte Taryn sogar schon drei oder vier Schritte ganz allein gehen, was ein geradezu wundersamer Fortschritt war.
„Komm wieder“, bat Taryn nachdrücklich.
Der Junge starrte sie einen Moment lang mit gemischten Gefühlen an, dann nickte er. „Ich komme in ein paar Tagen, wenn Ms Blanchard einverstanden ist.“
Was hätte Evie da sagen sollen? So sehr sie sich vor Brodies Reaktion fürchtete, es war einfach nicht zu übersehen, wie positiv Taryn sich verändert hatte – und das durfte sie nicht aufs Spiel setzen.
Sie konnte nur hoffen, dass Charlie sich nicht doch noch davor drücken würde, Zeit mit einem schwer kranken Mädchen zu verbringen.
Nun, sie musste wohl einfach darauf vertrauen, dass er sein Wort hielt. Wenn nicht, würde es Taryn das Herz brechen, das spürte sie.
Trotzdem war es nicht richtig, dass sie hinter Brodies Rücken handelte, und sie sollte ihm eigentlich spätestens heute Abend davon erzählen. Nur war ihr leider klar, dass sie damit alles ruinieren würde.
Normalerweise ging ihr Ehrlichkeit über alles, aber sie konnte das Risiko nicht eingehen, dass er weitere Besuche verbot. Nicht bevor sie ganz sicher sein konnte, dass Taryns unglaubliche Fortschritte nicht einfach nur Zufall waren.
Wenn er nichts von Charlies Besuchen wusste, konnte er sie auch nicht verbieten.
„Das war l-lustig“, verkündete Taryn, nachdem Charlie gegangen war. Wahrscheinlich bemerkte sie nicht einmal, dass sie ihre linke Hand benutzte, um Jacques’ Kopf zu tätscheln. Die Knochen in dieser Hand waren bei dem Unfall gesplittert, und sonst beschwerte sie sich immer, wenn Evie sie aufforderte, die Hand zu benutzen.
„Siehst du? Ich sagte doch, dass Therapie gar nicht so übel ist.“
„Mit Charlie zusammen vielleicht.“
Evie schüttelte den Kopf, dann sagte sie: „Es ist viel zu schön, um im Haus zu bleiben. Wir werden nicht mehr viele Sommertage haben. Vielleicht können wir heute wieder draußen zu Mittag essen und dann Schmuck machen, wie versprochen. Als ich heute Morgen in meinen Kalender gesehen habe, ist mir aufgefallen, dass da jemand bald Geburtstag hat. Irgendwelche Ideen?“
Taryn dachte angestrengt nach, dann lächelte sie. „Oma!“
„Genau. Und ich habe auch eine Auswahl meiner Lieblingsglasperlen im Auto. Du kannst dir die Farben aussuchen, die deiner Oma gefallen.“
Brodies Gärtner hat wirklich einen außerordentlich schönen Platz geschaffen, dachte sie kurz darauf, als sie sich am Pool auf die große Terrasse mit mehreren Ebenen setzten. Brodie hatte Rampen bauen lassen, damit Taryn mit ihrem Rollstuhl bequem vorankam.
Sie konnte sich im Moment nichts Schöneres vorstellen, als an diesem perfekten Nachmittag auf dieser schönen Terrasse zu sitzen, umgeben von süßem Duft nach Salbei und Kiefern und Gänseblümchen.
Ein Hüttensänger huschte durch die Bäume. Das brachte Glück. Sie betrachtete sein buntes Gefieder und dachte daran, dass sich in wenigen Wochen die Blätter verfärben und
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