Nur die Liebe heilt
nichts an der Geschichte amüsant war. „Ein toller Grund, den Bund fürs Leben zu schließen.“
„Zumindest der Grund dafür, dass wir überhaupt ein Paar wurden. Marcy war ein richtiges Partygirl. Sie ist völlig unerschrocken Ski gefahren und hat wie wild gefeiert. Genauso wie ich. Mein Vater konnte sie nicht ausstehen, was mich nur noch mehr angestachelt hat. Ich war mit 21 nicht gerade besonders reif, das gebe ich gern zu.“
„Das sind die wenigsten“, murmelte sie.
„Marcy und ich hatten einfach nur unseren Spaß, keiner hat es wirklich ernst gemeint. Und dann wurde sie schwanger.“
„Das muss ein Schock für Sie beide gewesen sein.“ Tatsächlich fiel es ihr nicht gerade leicht, sich Brodie als wilden jungen Mann vorzustellen, obwohl sie Gerüchte darüber gehört hatte. Sie wusste, dass er ein aufstrebender Skispringer gewesen war und für Olympia trainiert hatte. Aber es bereitete ihr Schwierigkeiten, dieses Bild mit dem rastlosen Unternehmer in Einklang zu bringen, der er geworden war. Doch wahrscheinlich hatte er als Skispringer ähnlich viel Ehrgeiz an den Tag gelegt wie als Geschäftsmann.
„Ich wollte kein Kind. Aber Marcy war trotz allem im tiefsten Innern katholisch und hätte die Schwangerschaft niemals abgebrochen. Zuerst habe ich sie dazu gedrängt, das Baby zur Adoption freizugeben, denn mich fest zu binden war zu jener Zeit das Letzte, was ich wollte.“ Schuldbewusst sah er sie an. „Manchmal denke ich, für Taryn wäre es besser gewesen, bei anderen Eltern aufzuwachsen. Aber stattdessen haben Marcy und ich beschlossen zu heiraten.“
„Wie können Sie so etwas sagen? Sie lieben Taryn.“
„Ich liebe sie, aber ich war nicht gerade ein besonders guter Vater.“
Er sprach leise, mit zusammengekniffenen Lippen und verschattetem Blick, und ihr Herz wurde schwer. Es berührte sie zutiefst, dass er sich ihr anvertraute. Vermutlich gab es nicht viele Menschen, mit denen er darüber sprach. Zugleich bekam sie es mit der Angst zu tun. Innerhalb weniger Tage hatte sich ihre Beziehung vollkommen verändert. Keine Spur von Abneigung mehr. Im Gegenteil – sie empfand viel mehr fürihn, als sie sich eingestehen wollte.
Sacht berührte sie ihn am Arm. „Alle Eltern denken, dass sie etwas falsch gemacht haben. Das scheint ein universelles Gesetz zu sein. Machen Sie sich deswegen nicht fertig, Brodie.“
Sie spürte, wie seine Muskeln unter ihren Fingern zuckten. „Ich habe zu viel von ihr erwartet. In den letzten Jahren habe ich ihr ständig im Nacken gesessen. Wegen ihrer Noten, wegen Jungs, Klamotten und weil ich fand, dass sie viel zu viel Zeit im Internet verbringt.“
„Sie meinen, wie es jeder besorgte Vater tun würde?“
„Ich habe viel gearbeitet, und in den wenigen Stunden, die ich mit ihr verbracht habe, war die Stimmung meistens angespannt. Ich habe einfach nicht kapiert, was zum Teufel sie eigentlich von mir wollte.“
Deine Liebe. Einfach nur deine Liebe .
„Obwohl meine Mom eingesprungen ist, war es hart für Taryn, so jung ihre Mutter zu verlieren“, fuhr er nach einem Moment fort. „Ich glaube, es war sogar noch schwerer, weil Marcy in den ersten Jahren immer unangemeldet vorbeikam, wenn ihr der Sinn danach stand, und ihr dann alle möglichen Versprechungen gemacht hat. Wollen Sie hören, was für ein egoistischer, furchtbarer Mensch ich bin? Für mich war es geradezu eine Erleichterung, als Marcy beim Heli-Skiing irgendwo in Chile ums Leben kam. Zwar habe ich um all die verpassten Chancen getrauert und um die Frau, von der ich mir einredete, sie vor Jahren geliebt zu haben. Aber nach ihrem Tod konnte sie Taryn wenigstens nicht mehr länger das Herz brechen.“
„Sie sind kein furchtbarer Mensch, Brodie.“ Dabei wäre es so viel einfacher gewesen, wenn es so wäre. Sie konnte spüren, wie die Risse in der Mauer um ihr Herz immer tiefer wurden, konnte fast das Krachen hören, als große Stücke davon abbrachen wie Eisplatten, die im arktischen Meer schmolzen.
„Ich hätte versuchen müssen, meine Ehe zu retten und Taryn ein normales Leben zu ermöglichen. Mit einer Mutter, die nicht ständig nach einer neuen Herausforderung sucht, bis sie dabei ums Leben kommt.“
Sie versuchte, sich gegen diese Zärtlichkeit zu wehren, die sie für ihn empfand, und wäre am liebsten weggelaufen, so weit weg wie nur möglich.
„Ich kenne Sie zwar nicht gut, aber inzwischen doch ein bisschen. Und ich zweifle keine Sekunde daran, dass Sie alles in Ihrer Macht Stehende
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