Nur die Liebe heilt
nicht ausstehen!“
„Das ist etwas übertrieben. Vielleicht habe ich dir nicht über den Weg getraut. Ich tendiere dazu, die Menschen, die ich liebe, beschützen zu wollen. Und ich habe mich über diese Freundschaft mit meiner Mutter gewundert, das kann ich nicht leugnen. Aber dieses Misstrauen hat nichts daran geändert, dass ich, ähm, ziemlich unangebrachte Fantasien über dich hatte. Zum Beispiel habe ich mich monatelang gefragt, wie es sich wohl anfühlen würde, die Finger in diesem wunderschönen Haar zu vergraben.“
Sie erschauerte, erregt von seinen Worten. Sie musste ihn dazu bringen, den Mund zu halten, wenn sie noch irgendwie unbeschadet dieses Büro verlassen wollte. Aber sie tat gar nichts, und er fuhr fort, sie weiter mit süßen, gemurmelten Worten zu verführen.
„Seit du in meinem Haus bist, ist es nur noch schlimmer geworden. Nicht nur das, ich beginne nach und nach, eine absolut unglaubliche Frau in dir zu entdecken. Stark und liebevoll, klug, mitfühlend, witzig. Wie könnte irgendein Mann auf der Welt dich nicht küssen wollen?“
Ihr stockte der Atem. Am liebsten hätte sie sich in seine Arme geworfen.
Aber das durfte sie nicht. Wenn er wüsste, dass sie Charlie in sein Haus gelassen hatte, würde er sie nicht einmal halb so wundervoll finden. Wohl eher verlogen und hinterhältig.
Dieser Gedanke gab ihr endlich die Kraft, sich von ihm abzuwenden. Wie hatte er es ausgedrückt? Unangebracht . Diese ganze Küsserei war vollkommen unangebracht, wo sie ihn doch die ganze Zeit belog.
Mit größer Anstrengung – und Bedauern – hüpfte sie vom Schreibtisch. „Ich sehe jetzt mal besser nach Taryn.“
Er sah sie reumütig an. „Ich hatte recht. Das hier ist ein Problem.“
„Nur, wenn wir es so weit kommen lassen. Tun wir einfach so, als ob es diesen Kuss und den davor nie gegeben hätte. Was immer der Grund war – Stress, zu viel Nähe, keine Ahnung – es war ein Fehler. Ja, ich fühle mich zu Ihnen hingezogen.“ Sie siezte ihn jetzt bewusst wieder. „Würde ich auf der Main Street eine Umfrage machen, würden die meisten Frauen in der Stadt dasselbe sagen. Aber ich kann mich im Moment … auf so etwas nicht einlassen. Ich bin hier, um Taryn zu helfen. Das ist alles. Wir sind an einem kritischen Punkt in ihrer Therapie angekommen und sollten uns beide nur auf dieses eine Ziel konzentrieren.“
„Das Ziel. Richtig.“
„Und jetzt werde ich mich um Ihre Tochter kümmern. Die Ergotherapeutin kommt heute, und ich muss dafür sorgen, dass Taryn rechtzeitig wach ist.“
Tja, und nun hatten sie doch nicht über einen möglichen Kandidaten gesprochen, der sie ersetzen sollte. Aber, dachte Evie, während sie auf Taryns Zimmer zusteuerte, darauf kann er ruhig selbst kommen. Sie jedenfalls würde jetzt nicht noch einmal in dieses Büro zurückkehren – es hatte sie schließlich ihre ganze Kraft gekostet zu gehen.
9. KAPITEL
Es war nur ein Kuss gewesen. Einfach nur Lippen auf Lippen, dazu eine Mischung äußerst gut zusammenpassender Pheromone, um die Sache interessant zu machen. Eine Woche später probierte Brodie noch immer, sich von dieser Tatsache zu überzeugen – und sich gleichzeitig auszureden, noch einmal zu versuchen, sie zu küssen.
Evie hatte ihm unmissverständlich klargemacht, dass sie an mehr nicht interessiert war. Egal, wie sehr die Luft jedes Mal erzitterte, wenn sie im selben Raum waren. Ihre Priorität war Taryn, und diese Anziehungskraft zwischen ihnen bedeutete nichts als eine unerwünschte Ablenkung von ihrem eigentlichen Ziel.
Unter anderen Umständen hätte er sich darüber amüsiert, dass ausgerechnet Evie Blanchard mit ihrem guten Herzen, den hippieartigen Klamotten und ihrer Begeisterung für selbst gemachten Schmuck so kühl und geschäftsmäßig sein konnte.
Aber sie hatte natürlich recht. Von dieser Anziehungskraft einmal abgesehen, waren sie sich in den wichtigen Fragen des Lebens nach wie vor uneinig. Er liebte Regeln, Ordnung und Ruhe, aber Evie war bunt und chaotisch, leidenschaftlich und begeisterungsfähig.
Und doch. Da gab es auch eine Zartheit und Verletzlichkeit, die ihn reizte, egal, wie verrückt das auch sein mochte.
Er konnte seit über einer Woche nicht aufhören, an sie zu denken. Mitten in einer Geschäftsbesprechung erinnerte er sich plötzlich an ihren schön geschwungenen Mund, ihren süßen, blumigen Duft, und seine Gedanken begannen zu rauschen wie die Blätter der Espen, die sich jetzt, Ende August, golden färbten.
Deswegen
Weitere Kostenlose Bücher