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Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition)

Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition)

Titel: Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lawrenz
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hob flehentlich ihre Hände. „Diese Frage hängt mit dem Fehler zusammen, den man ihm heute noch vorwirft. Schon zu Lebzeiten hat er sich darüber so aufgeregt, regelrecht zerfleischt, dass ich sozusagen im Nachhinein die Wiederherstellung seiner Reputation betreiben will. Er war ein korrekter Geschäftsmann und als solcher soll er begraben werden.“ Monique Lemaitre steigerte sich in ihrer Rolle.
    „Ich verstehe“, sagte Henri Michel beschwichtigend, doch der verwirrte Ausdruck seiner Augen straften seine Worte Lügen.
    „Nun“, setzte er an zu sprechen, „ich verrate keine Geschäftsgeheimnisse, wenn ich Ihnen diese Frage beantworte. Selbstverständlich kannte Herr Drachmann die Höhe des Werbebudgets, das heißt die Aufträge an die Agentur. Die Di-Star Inc., die Muttergesellschaft in Amerika, setzt eine Summe pro Verkaufseinheit fest, das ist branchenüblich.“
    „Er sprach nicht von der Di-Star Amerika, er sprach vom Werbebudget der Di-Star Frankreich, diesbezüglich hatte er angeblich heftige Auseinandersetzungen mit seinen Partnern, besonders mit seiner Partnerin.
    Henri Michel verlor nicht seinen rätselnden Blick, worauf war diese Frau nur aus. „Richtig“, sagte er dann, „die Di-Star Frankreich hat ein eigenes Budget, bei dem Herr Drachmann bei der Festlegung uns persönlich beraten hat, wie kann ihm da ein Fehler unterlaufen sein?“
    „Schon“, sagte Monique Lemaitre, ihre flehenden Augen auf Henri Michel gerichtet, „Sie werden verstehen, jeder braucht einen Menschen, bei dem er sich aussprechen kann, ich war dieser Mensch für ihn, vielleicht hat er damit seiner Loyalität Schaden zugefügt, aber wir alle sind Menschen, kurz er sagte mir noch vor Kurzem, man wolle ihm einen Strick daraus drehen, wegen des Vertrags, wegen den Bedingungen.“
    „Was für Bedingungen?“ Henri Michel schüttelte verwirrt den Kopf, „der unterzeichnete Vertrag, enthält branchenübliche Bedingungen, keinerlei Außergewöhnlichkeiten.“
    „Sie sprechen über den Vertrag, der Ende Juni unterzeichnet wurde?“
    „Selbstverständlich, es gibt keinen anderen. Die Unterzeichnung hat etwas gedauert, weil mein Partner Herr Galli, der sich um die Finanzen kümmert, dauernd unterwegs war. Er wollte den Vertrag natürlich genauer studieren, bevor er seine Unterschrift gab. Nur die Verzögerung der Unterschrift hätte Herrn Drachmann bei seinen Partner in New York einige Schwierigkeiten machen können. Die haben gerne ihre Schäfchen im Trockenen.“ Henri Michel gluckste ein wenig. „Aber der Vertrag selber war außerordentlich korrekt, das kann ich Ihnen versichern“, fügte er mit wieder gütigem Blick auf die Besucherin hinzu.
    „Da muss ich etwas falsch verstanden haben“, sagte Monique Lemaitre mit gebeugtem Kopf und heftigem Kauen an ihrer wohlgeformten Unterlippe. Sie erholte sich jedoch rasch und schenkte Herrn Michel dann ihr strahlendes Lächeln. „Ich danke Ihnen, ich danke Ihnen von ganzem Herzen“, hauchte sie.
    Henri Michel beugte sich väterlich ihr entgegen und tätschelte vertraulich ihren Arm. „Ich bespreche auch alles mit meiner Frau“, sagte er dann mit fester Stimme, „ich kann mich voll und ganz auf sie verlassen.“
    Voller Unverständnis  schüttelte er dann den Kopf. „Was für ein schreckliches Ereignis, was für schreckliche Zeiten“, sagte er. Die schrecklichen Zeiten galten eher dem Dollarkurs, als dem zu betrauernden Opfer. Sollte der Dollar weiter steigen, würden die Di-Star Produkte zu teuer für den europäischen Markt. „Schreckliche Zeiten“, wiederholte er und begeleitete seine Besucherin zum Ausgang.
    Aber der Dollarkurs war nicht seine einzige Sorge. Die Amerikaner hatten einen neuen Manager für Europa eingestellt, nachdem sie den alten aus völlig unverständlichen – für ihn unverständlichen Gründen - gefeuert hatten. Mr. Pittstein, ein ehemaliger Offizier der Luftwaffe, sollte nächste Woche seinen Antrittsbesuch machen.
     
     
     
    50.
     
    Henri Michel ging nachdenklich in sein Büro zurück. Irgendetwas war nicht in Ordnung in letzter Zeit und nicht nur seit der Ermordung von Piet Drachmann. Warum tauchte plötzlich diese Frau auf? War sie wirklich die Lebensgefährtin von Drachmann? War sie von der Konkurrenz und wollte ausspionieren, ob sie Geld in Werbung stecken würden. Wollte sie ausspionieren, ob Di-Star den europäischen Markt verlassen würde aufgrund des Dollarkurses. Was hatte er ihr erzählt? Eigentlich nichts, was nicht alle wissen

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