Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
Vom Netzwerk:
ziemlich genau Vorstellung von Gott und dem Himmel. Der Tod allerdings blieb in der kindlichen Fantasie oft nur etwas Verschwommenes. Für die Erwachsenen im Übrigen auch.
    „Richtig, aber es kann sein, dass man nicht genau begreift, wie das ist mit dem Himmel, nicht wahr? Ich bin nicht mal sicher, ob ich es recht verstanden habe – selbst in meinem Alter!“
    Da war Linnea anderer Meinung. „Ist doch nicht schwer! In den Himmel gelangt man nach dem Tod. Das weiß doch jeder! Natürlich kann keiner so genau sagen, wie es da ist. Aber schön auf jeden Fall. Mama hat erzählt, der liebe Gott befindet sich da oben über den Wolken und hat so schöne Häuser, in denen wir dann wohnen. Wenn wir auf Erden Gutes tun, kriegen wir ’n großes Haus als Belohnung. Ich denke, Oma Lovie bekommt ’ne richtig große Villa. Und Engel gibt’s im Himmel natürlich auch.“
    „Natürlich.“ Cara beneidete die Kleine um ihre Naivität.
    „Meinst du, auch die Schildkröten kommen in den Himmel?“
    „Woher soll ich das wissen?“ erwiderte Cara. „Zumal ich noch nie da war.“
    „Ich glaube fest daran. Ohne die Schildkröten wäre Oma doch einsam da oben.“
    Cara merkte, dass die Kleine schlucken musste, nachdem sie den Satz ausgesprochen hatte. „Ohne Oma würdest du dich schrecklich verlassen fühlen, nicht wahr?“ erkundigte sie sich behutsam.
    Linnea schaute zu Boden und nickte.
    „Ach, ich mich auch, Mäuschen“, gab sie zu und schloss das Mädchen in die Arme. Sie drückte sie an sich, wiegte sie sanft und küsste sie auf den Scheitel. „Wir müssen zusammenhalten, wir zwei. Du könntest doch in unsere Schildkröteninitiative eintreten. Na, wie wäre das?“
    „Ehrlich?“ fragte Linnea, schon wieder obenauf.
    „Na klar“, antwortete Cara. „Wir brauchen dich doch bei uns im Team!“ Sie blickte zu Emmi und Miranda hinüber und wusste gleich, was die anderen dachten: dass Linnea den Platz ihrer Großmutter einnehmen würde. Lovie war Caras Lehrerin gewesen, und Cara ihrerseits gab nun ihr Wissen an Linnea weiter. So wurde die Fackel weitergereicht.
    Sofort zählte Linnea sämtliche Pflichten auf, mit denen sie während des Sommers Bekanntschaft gemacht hatte und die sie nach ihrer festen Überzeugung bereits alle schon selbst erledigen konnte. Cara hörte nur halb zu, amüsiert zwar, doch mehr am Enthusiasmus in der Stimme und am begeisterten Blick interessiert. Wie selbstbewusst das Mädchen auftrat! Und wie rasch sie von zu Tode betrübt auf himmelhoch jauchzend umschalten konnte! Neun Jahre – ein herrliches Alter!
    „Wer kommt denn da?“ fragte Emmi und fuhr auf.
    Cara blinzelte in die Dunkelheit und erspähte in einiger Entfernung den auf und ab tanzenden Schein einer Taschenlampe. Das Rotlicht signalisierte bereits, dass es sich um jemanden aus dem Turtle Team handeln musste. Emmi kramte ihre eigene Stablampe aus dem Strandbeutel, schaltete sie ein und schwenkte sie im Bogen, um den Neuankömmlingen, die nun ebenfalls einen roten Lichtbogen beschrieben, die Richtung anzuzeigen. Alle Augenpaare richteten sich jetzt auf die zwei schattenhaften Gestalten, eine davon sehr groß, die andere hingegen klein.
    „Es sind Toy und Brett“, verkündete Emmi und stupste Cara an.
    Cara lächelte nur nachsichtig, freute sich jedoch insgeheim über sein Erscheinen. Die Exkursionen mit den Touristen hatten ihn in jüngster Zeit so stark in Anspruch genommen, dass Cara ihn kaum zu Gesicht bekommen hatte. Kein Wunder, denn es war Hochsaison.
    Die beiden Nachzügler wurden wärmstens willkommen geheißen. Alles rückte ein wenig zur Seite, um für die beiden Platz zu schaffen, und auch das Insektenmittel machte wieder die Runde. Linnea, kess und kokett, flog Brett geradezu in die Arme und ließ sich von ihm unter entzücktem Gequietsche wie eine Stoffpuppe durch die Luft wirbeln. Danach schäkerte er mit Miranda, die sich wie ein Schulmädchen gebärdete. Egal, ob jung oder alt: Niemand vermochte sich Bretts Charme zu entziehen, wie Cara wieder einmal beobachten konnte.
    Dann erst ließ er sich neben ihr auf der Düne nieder. Sie fand es schön, dass es keines Austausches von Zärtlichkeiten bedurfte, um ihr zu verstehen zu geben, dass er lediglich ihretwegen gekommen war. Er brauchte ihr nur seine große Hand aufs Knie zu legen und ihr in die Augen zu schauen, mehr nicht. Schon schlug ihr Herz schneller, und alles drehte sich, als hätte Brett auch sie wie die kleine Linnea herumgewirbelt.
    „Irgendwas passiert?“

Weitere Kostenlose Bücher