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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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Tiefsinniges jedenfalls. Eigentlich an überhaupt nichts. Ich habe nur einfach so vor mich hin gestarrt. Mir scheint, die rosafarbenen Finger des Sonnenuntergangs sind heute Abend besonders lang. Siehst du? Sie greifen über den ganzen Himmel, umarmen ihn regelrecht!“ Wieder ein Seufzer. „Wie tröstlich!“
    „Tröstlich? Warum?“
    „Na, weil ich dabei Gott näher bin, Liebes.“
    Cara schaute lange aufs Meer. Der Abendschein verwandelte sich allmählich zu einem dunkleren Rosa, ging dann in Violett-Töne über und zerfloss hinter der dünnen schwarzen Linie des Horizonts. „Ich bin nicht sicher, ob es einen Gott gibt“, verkündete Cara schließlich.
    „Wie kannst du so etwas sagen? Wir haben dich im Glauben an Gott erzogen.“
    „Es war leichter, einfach ‚ja, ich bin gläubig‘ zu antworten, wenn mal jemand die Frage stellte. Innerlich hatte ich allerdings stets meine Zweifel – bis heute.“
    „Mich würde das sehr ängstigen.“
    „Was mir Furcht einflößt, ist eher die Vorstellung von der Existenz der Hölle. Das ist der Haken an der Sache.“
    „Finde ich nicht, Liebes. Man muss nur mehr Liebe zu Gott als Angst vor der Hölle empfinden. Mir hat mein Glaube durch ziemlich schlimme Zeiten hindurchgeholfen. Nun gehe ich ja nicht mehr allzu häufig in die Kirche, doch auch die Gartenarbeit kann eine Art Gebet sein, genauso wie Musik zu hören, Blumen in eine Vase zu stellen, einen Saum zu nähen oder einfach bloß eine Melodie zu summen.“
    „Nur, wenn einem der Glaube fehlt, was dann?“
    „Glaube passiert einem nicht einfach so, Cara. Man kann ihn auch nicht studieren, nicht dafür arbeiten oder am Verhandlungstisch um ihn feilschen. Nach dem heiligen Paulus gelangt der Glaube nicht von selbst zu den Menschen, sondern wird ihnen von Gott geschenkt.“
    „Damit wären wir wieder bei der Ausgangsfrage. Wie kannst du so sicher sein, dass Gott existiert?“
    Lovie reagierte mit einem weisen Lächeln. „Cara, Liebes, guck dir den Himmel an. Der Sonnenuntergang ist der tägliche Beweis dafür, dass es Gott gibt!“
    Der Augustmond stand hoch am Himmel und warf sein Licht auf den schimmernden Ozean. An Land strahlten die Außenleuchten einiger Häuser hell und klar wie funkelnde Sterne, was die Schildkröten-Muttis mächtig in Rage versetzte.
    „Ich könnte sie verdreschen, diese Idioten“, knurrte Flo abfällig. „Lassen einfach ihre Verandalichter an.“
    Wieder einmal hielt das Turtle Team an einem Gelege Wache. Da der Wind abgeflaut war, verhielten sich die Moskitos und andere Stechmücken besonders angriffslustig. Sämtlichen Damen waren die Knöchel zerstochen. Flaschen mit Insektenspray wanderten von Hand zu Hand.
    „Genau das Haus, bei dem ich neulich schon mal vorgesprochen habe“, wetterte Flo weiter und schmierte sich dabei etwas Lotion auf die Beine. „Ich hab die Leute freundlich und höflich gebeten, doch bitte die Außenleuchten zum Strand hin abzuschalten. Und jetzt schaut euch das an! Beleuchtet wie ’n Christbaum!“
    „Die Jungen werden geradewegs auf die Lichter zusteuern.“
    „Wessen Haus ist es denn?“
    „Sind jetzt Mieter drin.“
    Mittlerweile war das Insektenmittel bei Emmi gelandet. „Die allermeisten Mieter, mit denen ich mich wegen der Lichter unterhalten habe, sind hellauf begeistert und ganz wild darauf, während des Urlaubs junge Schildkröten sehen zu können. Sie sind froh und glücklich, wenn sie irgendwie helfen können. Mann muss sie nur informieren.“
    „Also, die Sache gestern hat mich gewaltig auf die Palme gebracht“, warf Cara bissig ein.
    „Ja, sind die Jungen denn tatsächlich zur Straße raufgekrabbelt?“
    „Die reinste Katastrophe! Gegen fünf Uhr morgens ruft einer bei der Polizei an und meldet überfahrene Jungschildkröten auf der Fahrbahn. Die Polizei alarmiert Lovie, die holt mich und Flo aus den Federn, und wir nichts wie hin! Ein Jammer, sage ich euch! Stundenlang haben wir die ganze Gegend abgesucht – die Dünen bis rauf zur Straße. Ergebnis: fünfzehn tote und zirka zwanzig lebendige Jungtiere.“
    „Die auch mehr tot als lebendig waren“, fügte Flo sichtlich erschüttert hinzu. „Die armen Viecher hatten sich stundenlang abgestrampelt. Dabei hätten sie schon längst schwimmen müssen! Wir haben sie zum Meer gebracht. Sie waren schon ziemlich am Ende ihrer Kräfte. Ich wage zu bezweifeln, dass sie es schaffen. Und ich möchte mir gar nicht erst vorstellen, wie viele andere von anderen Tieren gefressen worden oder

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