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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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wie vor den Kopf geschlagen. „Aber … aber … du musst!“
    „Ich breche nicht auf!“
    „Cara, hör auf damit“, jammerte Lovie. „Mir wird schon nichts passieren! Das Haus hat eine Menge Stürme überstanden, selbst Hugo. Es wird auch diesem trotzen!“
    Cara bewegte sich keinen Zentimeter.
    „Ich kann doch nicht weg!“ rief Lovie händeringend. „Jemand muss doch bei den Schildkröten bleiben!“
    Cara verschränkte störrisch die Arme vor der Brust. „Ich fahre auf keinen Fall ohne dich.“
    Urplötzlich ertönte draußen das ohrenbetäubende Krachen eines berstenden Astes, gefolgt von einem grauenhaften Knirschen, als die Läden vor dem Badezimmerfenster aus den Angeln gerissen wurden. Dann ein dumpfer Schlag, ein Splittern, und abgebrochenes Geäst durchstieß die Glasscheibe.
    „Fahr los, Cara!“ flehte Lovie. „Um Gottes willen, fahr! Ich will nicht fort! Ich möchte hier sterben! Ich habe keine Angst um mein Leben! Bitte verlass mich!“
    Cara spürte, wie etwas in ihr fast so entfesselt zu toben begann wie die Naturgewalten draußen. Ihr kam es so vor, als wäre sie wieder achtzehn; ein gewaltiger Schmerz, so mächtig, dass sie am liebsten laut aufgeschrien hätte, presste ihr die Brust zusammen. Worte, die viel zu lange unterdrückt worden waren, drängten mit irrem Klagegeheul heraus.
    „Einmal!“ brüllte sie hysterisch. „Nur ein einziges Mal wünschte ich, du würdest mal an
mich
denken!“ Ein tiefer Atemzug blieb ihr in der Kehle stecken und ging in hilflosen Schluckauf über. Breitbeinig, die Hände zu Fäusten geballt, stand sie vor ihrer Mutter. „Willst du hören, warum ich mit achtzehn abgehauen bin? Soll ich’s dir verraten?“
    Lovies magere Hände klammerten sich an den Blusenstoff über ihrer Brust. „Ach, Cara …“
    „Nicht nur wegen Daddy! Mir war vollkommen klar, dass der nichts für mich übrig hatte! Nein, es war
deinetwegen!
Ich habe dir nie verziehen, dass du dich nicht schützend vor mich gestellt hast. Oder vor Palmer. Du hast dich ja nicht einmal selbst verteidigt. An dem Abend, als ich fortlief, da hat Daddy mich geschlagen, er prügelte mich windelweich! Und du rührtest keinen Finger! Dabei hättest du ihm in den Arm fallen und mich beschützen müssen! Aber du schautest zu, wie er mir wehtat! Und warum?“ Sie fuhr sich aufgebracht übers Gesicht. „Ich ahne, wieso! Um dich selbst nicht in Gefahr zu bringen. Und jetzt denkst du erneut nur an dich selbst! Oder an die Schildkröten!“ Die Kränkungen aus all den Jahren kamen wieder hoch. „Warum verschwendest du keinen Gedanken an mich? Weshalb bin ich dir nicht wichtig genug?“ In einer wahren Tränenflut brach der Schmerz aus ihr heraus. „Wieso bedeute ich dir so wenig?“
    „Nein, Caretta, nein! So war es überhaupt nicht!“ Schon beim Aussprechen der Worte erkannte Lovie, dass sie nicht stimmten. Sie hatte ja ihre Tochter wirklich nicht beschützt. Nur aus welchem Grund sie es nicht getan hatte, das wusste Cara nicht.
    Wieder erzitterte das Haus unter einem explosionsartigen Donnerschlag, als die zerborstenen Äste endgültig durchs Fenster geschleudert wurden. Lovie stieß einen gellenden Schrei aus. Während Glasscherben wie Geschosse durch den Raum flogen, suchte Cara am Boden Deckung, den Kopf eingezogen, die Arme schützend darüber gekreuzt – eine Pose, die ihr so entsetzlich vertraut war, dass das nackte Grauen sie überfiel. Nur einmal zuvor hatte sie, in eben dieser Haltung, um Leib und Leben fürchten müssen, und es war dieser Moment, der ihr plötzlich wieder einfiel.
    Kurz nach ihrem achtzehnten Geburtstag hatte sie in einem Winkel des Foyers ihres Elternhauses in Charleston gekauert, die Arme über den Kopf gehalten, und das hässliche, peitschende Klatschen des Hosengürtels vernommen, der auf sie niedersauste. Es hatte höllisch wehgetan, doch am meisten schmerzte die schockierende Erkenntnis, vom eigenen Vater geschlagen zu werden. Selbst als sie ihn unter Tränen bat einzuhalten, schämte sie sich zutiefst dafür, dass er ihr dies antat. Sein Gesicht war wutverzerrt, und in seinen Augen spiegelte sich die Genugtuung darüber, dass er die widerspenstige Tochter in ihre Schranken wies. In seiner Raserei beschimpfte er sie, herrschte sie an, schrie Worte wie „zum letzten Mal“ oder „Du tust, was ich dir sage“. Ihr Bitten und Flehen nutzte nichts.
    Doch dann erblickte sie ihre Mutter. Durch die schützende Deckung der Arme hindurch sah sie Lovie, die sich krampfhaft an

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