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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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es womöglich zähneknirschend über sich ergehen lassen. Doch in der vergangenen Nacht hatte sich ihr Bauch wie ein gespanntes Trommelfell angefühlt, und zudem war sie total verschwitzt gewesen. Also hatte sie Darryl eins auf die Finger gegeben. Jetzt spielte er den Beleidigten und schmiss wie ein schmollendes Kind verbiestert die Sachen ins Auto. Der Himmel über ihnen mutete wie eine brodelnde graue Suppe an. Wollten sie noch rechtzeitig aus der Stadt herauskommen, mussten sie sich beeilen.
    Plötzlich zuckte sie zusammen. Ein stechender Schmerz jagte ihr vom Unterleib geradewegs die Wirbelsäule empor. Sie erstarrte und hielt den Atem an. Sie hatte die ganze Nacht Beschwerden gehabt, aber nicht solche! Als der Schmerz nachließ und ihre Muskeln sich entspannten, holte sie tief Luft und schaute auf die Armbanduhr. Waren das Wehen? Sie hatte mal gelesen, dass man überprüfen sollte, in welchem zeitlichen Abstand die Wehen erfolgten. Also stützte sie den Kopf in die Handflächen und bemühte sich, gleichmäßig zu atmen und sich dabei die monotone Wellenbewegung des Meeres vorzustellen, so, als treibe sie selbst auf dem Wasser dahin. Und in diesem Moment fuhr ihr der nächste Stich durch den Leib, genauso heftig und drängend wie zuvor. Jetzt begann sie zu wimmern.
    Darryl ließ sich auf den Fahrersitz fallen, schlug die Tür zu und wischte sich über die Stirn. „Mann, ist das heiß! Wenn wir aus diesem Höllenloch raus sind, mache ich drei Kreuze!“ Er wandte ruckartig den Kopf. „Flennst du etwa schon wieder? Mensch, Toy“, jammerte er weinerlich und dehnte dabei jede Silbe, „was ist denn nun schon wieder?“
    „Ich hab so komische Schmerzen!“
    „Was soll das heißen? Du kriegst doch nicht etwa jetzt das Kind, hä?“
    „Weiß ich doch nicht! Ich hab doch noch nie eins bekommen!“
    „Aber ihr Frauen merkt das doch, oder nicht?“
    „Ich sagte doch gerade, ich habe keine Ahnung!“
    „Nun mal sachte!“ Er steckte den Schlüssel ins Zündschloss und ließ den Motor an. „Geht vielleicht von selbst weg!“
    Sie traute ihren Ohren nicht. Mein Gott, was für ein Dummkopf! „Fahr mich lieber ins Krankenhaus.“
    „Was, jetzt? Wo wir loswollen? Verdammter Mist!“
    Toy spürte, wie ihr Gesicht rot anlief vor Hitze und vor Angst, es könne sie dieser Schmerz wieder überfallen. „Ich möchte das Kind nicht im Auto zur Welt bringen!“ schrie sie Darryl an.
    Sie hatte keinen Schimmer, woher sie die Kraft nehmen sollte, doch sie wusste nur eins: Wenn Darryl nicht auf der Stelle zum Krankenhaus fahren würde, ginge sie zu Fuß!
    Er musste es an ihrem Blick erkannt haben, denn er murmelte irgendetwas, fügte sich aber. Als er losfuhr, spürte Toy, wie sich zwischen ihren Beinen ein warmer Wasserschwall ergoss, den sie nicht zurückhalten konnte. Erschrocken kreischte sie auf.
    „Was ist denn noch, zum Teufel?“ brüllte Darryl, wandte den Kopf und guckte sie verschreckt an.
    „Irgendwas ist passiert! Ich zerfließe!“ Sie versuchte, sich das Kleid zwischen die Schenkel zu stopfen, doch es nützte nicht viel. Dann fiel es ihr wieder ein. Sie hatte einmal gelesen, dass vor der Geburt die Fruchtblase platzte! So lief das Fruchtwasser ab! Erleichtert ließ sie sich gegen die Lehne sinken, unglaublich gespannt und aufgeregt, auch wenn sie sich ein wenig blöd vorkam wegen ihrer Panik. „O Gott, es geht los! Das Baby kommt tatsächlich! Darryl …“ Sie streckte die Hand nach seinem Arm aus.
    Er schüttelte die Berührung ab. „Wurde aber auch höchste Eisenbahn, verdammt und zugenäht!“ Er zerrte eine Zigarettenschachtel aus der Hosentasche und zog mit den Zähnen einen Glimmstängel heraus. Seine Hand zitterte so heftig, dass er kaum das Feuerzeug halten konnte.
    Toy machte sich ganz klein, umklammerte ihren Bauch, sah durch einen Tränenschleier verschwommen die Häuser draußen vorbeihuschen, während sich dunkel und unheilvoll die Sturmwolken zusammenballten. Doch drinnen im nun verqualmten Wagen durchschaute Toy die eigene Situation mit glasklarer Schärfe. Sie stand allein, konnte sich weder auf Miss Lovie noch auf Cara stützen, auf Darryl erst recht nicht. Sie musste sich auf sich selbst verlassen.
    Lovie kauerte im Wind und legte behutsam das letzte Ei in den Eimer. Sie war besonders vorsichtig zu Werke gegangen, um Erschütterungen so spät in der Bebrütungsphase tunlichst zu vermeiden. Zudem hatte sie noch eine Extraschicht feuchten Sand ganz unten und auch seitlich beigegeben, um den

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