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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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glimpflich davon.“
    „Ich bete zu Gott, Cara! Mit ganzer Kraft!“
    „Tu das, Mama. Du hast bessere Beziehungen zu dem alten Herrn als ich.“
    „Ich finde das im Moment überhaupt nicht witzig! Du solltest dich lieber in Demut üben und auf die Knie fallen.“
    „Wird gemacht, Mama, sobald ich aus dem Auto raus bin!“
    Als sie das Strandhaus erreichten, sahen sie, dass bereits mächtige Wellen gegen die Dünen schlugen und das Wasser schon um die Pfeiler der vorderen Häuserreihe schwappte. Die Gischt spritzte. Cara befürchtete, dass eine riesige Flutwelle alles um sie herum unter Wasser setzen würde. Dann säßen sie in der Falle und müssten womöglich Zuflucht auf dem Dach suchen. Immerhin, sie hatte im Radio gehört, dass der Hurrikan vermutlich eintreffen würde, wenn Ebbe herrschte. Ihr Pulsschlag beruhigte sich etwas. Sie stellte den Saab unter der rückwärtigen Veranda ab, gleich hinter Lovies goldlackiertem Käfer, und nahm die Plastikbox mit den wichtigen Dokumenten aus dem Wagen. Eines war klar: Sollte hier alles überflutet werden, konnte sie den Wagen wahrscheinlich abschreiben.
    Cara half Lovie aus dem Auto.
    Im Hausinneren war es feucht, dunkel und still. „Ich zünde die Sturmlaternen an, während du – mal wieder – in etwas Trockenes schlüpfst“, sagte sie zu ihrer Mutter und bemühte sich, heiter zu klingen.
    Ihre Mutter hielt sich tapfer, gleichzeitig hustend und lächelnd. „Am besten ziehe ich für den Fall der Fälle gleich diverse Kleidungsstücke übereinander an, dann kann ich sie nach und nach ablegen: der sogenannte Zwiebelschalen-Look.“
    „Ich hole noch schnell dein Sauerstoffgerät aus dem Auto, bevor es zu spät ist!“ Als Cara die Haustür aufmachte, wurde sie ihr von einer Sturmböe aus der Hand gerissen. Sie schmetterte gegen die Hauswand und brach mitsamt Angel und Scharnier aus der oberen Verankerung.
    „Nicht!“ Lovie geriet in Panik. „Lass es! Ich brauche das Gerät nicht. Du gehst mir nicht noch einmal raus! Das ist zu gefährlich!“
    „Das schaffe ich schon!“ brüllte Cara zurück und sprintete durch den Sturm. Zum Glück befand sich das Sauerstoffgerät auf dem Rücksitz, sodass sie leicht herankam. Sie zerrte das Ding aus dem Wagen und eilte zum Haus zurück.
    „Aberwitzig, so etwas!“ schimpfte ihre Mutter erleichtert, als Cara eintrat.
    Im Hochgefühl des Triumphs schaffte Cara noch rasch Hammer und Nägel herbei, rammte die Tür wieder in ihre alte Position und nagelte sie mit ein paar wuchtigen Schlägen fest. „Geschafft“, ächzte sie und ließ sich rücklings dagegen sinken. Regenwasser rann ihr aus den Haaren übers Gesicht.
    „Gott, steh uns bei“, wisperte Lovie.
    Während Lovie die Kleider wechselte, zündete Cara die Laternen an, stellte eine auf die Arbeitsplatte in der Küche und die andere in Toys Zimmer, wo sie auch die Nahrungsmittel und Medikamente unterbrachte. Mit den verbarrikadierten Fenstern und den überall herumstehenden Verandamöbeln wirkte das Haus wie eine Art Depot. Dann schleppte sie auch noch das Sauerstoffgerät in Toys Zimmer, und Cara war gerade dabei, den Kleiderschrank dort auszuräumen, als Lovie sich mit ihrer Bibel plötzlich neben sie stellte.
    „Wieso trägst du alles hier herein?“ wollte sie wissen.
    „Wenn der Sturm erst richtig loslegt, ist dieses Zimmer am sichersten. Außerdem, wenn’s nicht anders geht, können wir immer noch in diesen Kleiderschrank springen!“
    „Der Herr sei uns gnädig!“
    „Ach, wir werden den Sturm schon überstehen“, versicherte Cara, obwohl sie doch ein wenig daran zweifelte.
    „Ganz bestimmt“, bestätigte Lovie tapfer, doch sie war ganz weiß um die Nasenspitze.
    „Du kannst dich ruhig ein wenig ausruhen, Mama. Wir werden hier einige Zeit ausharren müssen. Ich hole uns das Radio und ein bisschen Lektüre. Möchtest du etwas Bestimmtes?“
    „Ich habe ja meine Bibel. Wenn es dir nichts ausmacht, könntest du mir daraus vorlesen.“
    Cara lächelte. „Gern!“
    Stunden verstrichen, und obwohl der Hurrikan leicht nach Norden abdrehte, schwankte das Strandhaus auf seinen Holzpfeilern, während das Unwetter immer näher kam. Im Innern des kleinen Schlafzimmers warf die Sturmlaterne ein warmes, gelbes Licht auf die Bibel, aus der Cara nun vorlas. Sie sprach leise und stellte somit einen ruhigen Gegenpol zum ständigen Heulen des Sturms dar. Lovie hatte eine Stelle aus dem Alten Testament gewählt, das Buch der Weisheit, und beide, Mutter und Tochter, fanden

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