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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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Trost in König Salomos Worten. Und als die nächste Orkanböe um das Haus fegte, drückte Lovie die Hand ihrer Tochter.
    „Schone deine Stimme einen Augenblick und stell das Radio ab, Liebes. Dieses unaufhörliche Gequatsche über Wirbelstürme macht uns nur noch nervöser. Und ich denke, es ist Zeit …“ Sie machte eine kleine Pause und holte tief Luft. „Cara, ich möchte dir etwas erzählen, das mir schon einige Zeit auf der Seele lastet.“
    Jungschildkröten ernähren sich von Kleinschnecken, Plankton und Wirbellosen. Ausgewachsene Tiere zermalmen mit ihren mächtigen Kinnladen die harte Schale von Krebstieren und fressen andere in Riffen und unter Felsen wohnende Lebewesen. Quallen sind für sie geradezu Leckerbissen.

24. KAPITEL
    „W eißt du noch, was ich dir in meinem Brief geschrieben habe?“ erkundigte sich Lovie. „Dass wir über die vielen Jahre, die sich angesammelt hätten, reden müssten?“
    „Natürlich erinnere ich mich daran.“ Cara klappte die Bibel zu und schaute ihre Mutter an.
    „Du hast damals vermutet, diese Stelle beziehe sich auf den alten Trödel in unserem Haus in Charleston.“
    „Das haben wir doch geklärt, Mama. Ich habe begriffen, dass du uns beide damit meintest.“
    „Das ist auch so. Aber noch haben wir die Dinge nicht einmal ansatzweise geklärt. Ach, Caretta, seit Monaten überlege ich hin und her! Mal denke ich, mein Entschluss steht fest, dann wieder werde ich wankelmütig. Ich kann nur hoffen, dass nicht alles schon zu spät ist, und der Herrgott mir nicht die Entscheidung aus der Hand nimmt.“
    Besorgt wanderte ihr Blick von einem Fenster zum anderen, während sie noch immer Caras Hand festhielt. Der Wind rüttelte an den vernagelten Läden, als wolle er sich gewaltsam Einlass verschaffen.
    „Du hast mich gefragt, wieso ich die Grobheiten deines Vaters all die Jahre ertrug.“
    „Mama, du brauchst nicht …“
    „Doch, ich muss. Also lass mich bitte aussprechen. Ich habe dir viel zu sagen.“ Sie fuhr sich mit der Zunge über die spröden Lippen und begann dann zu erzählen. „Zuerst musst du begreifen, was es in meiner Generation bedeutete, Ehefrau zu sein. Wir hatten damals ein vollkommen anderes Rollenverständnis, und unsere Einstellung, so vermute ich mal, unterschied sich ebenfalls von der euren. Es gab Männer- und Frauenarbeit. Eine Frau hatte sich um Heim und Kinder zu kümmern. Darin bestand ihre Aufgabe. Wäre eine Frau so wie du arbeiten gegangen, hätte man ihren Mann für einen Versager gehalten, der nicht ausreichend für seine Familie sorgen kann.“
    Sir schluckte kurz und fuhr dann fort: „Meine Mutter brachte mir bei, was sie von ihrer Mutter gelernt hatte: dass das Wort des Ehemanns Gesetz war. Sie lehrte mich, dass man sich seinem Mann zu fügen und immer hinter ihm zu stehen hatte.“ Lovies Lippen verzogen sich zu einem gequälten Lächeln. „Am besten zwei Schritte hinter ihm. Und als Ehefrau hatte ich nicht etwa meine eigenen Leistungen in den Vordergrund zu stellen, sondern den Ruf meines Mannes zu fördern.“
    Cara beugte sich vor und versuchte, den Gedankengängen ihrer Mutter zu folgen. „Soll das heißen, du hast dich deshalb von ihm schikanieren lassen, nur weil er ein Mann war?“
    Lovie schüttelte betrübt den Kopf. „Nein. Ich versuche nur, dir die Hintergründe zu erläutern, damit du begreifst, was gleich kommt.“
    „Entschuldige. Ich werde dich nicht mehr unterbrechen. Erzähl weiter!“
    „In jenem Sommer war ich neununddreißig – nicht viel jünger als du jetzt. Stratton war bereits ein recht erfolgreicher Mann und geradezu heilfroh, dass ich mit euch Kindern den Sommer im Strandhaus verbrachte, während er in der Stadt blieb oder auf Geschäftsreise ging. Damals war er ziemlich viel unterwegs, um seine Geschäftsbeziehungen auszuweiten, insbesondere ins Ausland. Vermutlich hatte er auch Frauengeschichten, doch ich gewöhnte mir an, das einfach zu verdrängen. Wie dem auch sei, damals jedenfalls gab es hier noch keine Schildkröteninitiative. Niemand hielt an den Nestern Wache oder führte Statistik. Es gab nur mich.“ Sie ließ Caras Hand los, sank in die Kissen zurück und schloss die Augen. „Und einen Mann namens Russell Bennett.“
    Sie lächelte gedankenverloren, offenbar weil sie sich freute, nach dreißig Jahren den Namen jemand anderem gegenüber laut aussprechen zu dürfen. Bei seinem Klang lebte alles aufs Neue auf, wurde lebendig, war nicht mehr bloße Erinnerung.
    „Russell? Der Mann auf

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