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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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aussah, oder? Damals erstreckten sich die Dünen bis zu unserem Haus hinauf und stellten eine wahre Oase dar, abgeschieden und geschützt.“ Sie lächelte auf eine merkwürdig scheue Weise.
    „Und ich habe damals immer gedacht, du wärest unterwegs, um Gelege zu überprüfen!“ Cara machte ein Gesicht, als fühle sie sich jetzt noch hintergangen.
    „Das war ich ja auch. Treu und brav. Aber ich konnte dir doch unmöglich erzählen, dass ich mich außerdem mit meinem Liebhaber traf, oder? Du warst schließlich erst zehn! Und ich ahnte, dass die Sache den Sommer nicht überdauern würde. Das musst du mir glauben!“
    „Aber wenn eure Liebe so groß war – warum habt ihr nicht einen Weg gefunden, sie zu leben?“
    „Das genau ist der Punkt, der so schwer zu verstehen ist. Deshalb habe ich dir anfangs meine Rolle als Frau erklärt. Die Rolle, für die ich erzogen wurde. Vergiss nicht, ich war verheiratet! Und Russell auch! Beide entstammten wir Familien, in denen eine Scheidung einen Skandal heraufbeschworen hätte. In unseren Kreisen trennte man sich nicht vom Ehepartner, das gab es nicht! Mehr noch: Wir standen beide zu unseren Verpflichtungen. Ich konnte Stratton ebenso wenig verlassen wie Russell seine Frau. Zumindest dachte ich am Anfang so.“
    Sie wurde von einem Hustenanfall gepackt, gegen den sie wehrlos war. Der Husten schien ihre Energie täglich mehr aufzuzehren. Zuweilen hatte Lovie das Gefühl, sie werde den nächsten Anfall nicht überleben. Cara griff rasch nach dem Inhalationsgerät, drehte die Sauerstoffflasche auf, und Lovie presste sich die Maske aufs Gesicht und holte ein paar Mal tief Luft. Und während ihre gepeinigten Lungen wieder zur Ruhe kamen, tobte der Sturm gegen die gesicherten Fenster, als rüttelten Gespenster daran.
Lass mich, Stratton! Dein Protestgeheul ist sinnlos! Diese Geschichte muss ans Licht!
Sie streifte die Maske ab und bedeutete Cara, die Sauerstoffzufuhr abzustellen. Dann ließ sie sich in die Kissen zurücksinken und nahm den Faden wieder auf, ohne sich um das empörte Jaulen des Sturms zu kümmern.
    „Als der Sommer sich dem Ende zuneigte, empfanden wir bereits viel zu viel füreinander. Wäre es nach Russell gegangen, dann hätte ich offen gegen alle Konventionen rebelliert, die Scheidung eingereicht und ihn geheiratet. Es war eine allzu verlockende Vorstellung, und ich hätte mich fast breitschlagen lassen. Du ahnst nicht, wie gern ich Russells Wunsch Folge geleistet hätte. Ihm Lebewohl sagen zu müssen brach mir das Herz. Ende August trafen wir uns zum letzten Mal auf unserer Düne. Es war eine jener vollkommenen Nächte, die in der Erinnerung immer wunderbarer werden. Immer noch sehe ich den Vollmond vor mir, dessen silbriges Licht über den Strand schien und alles verzauberte; es war ein Anblick traumhafter Schönheit, fast weihevoll und deshalb so ergreifend. Man hatte das Gefühl, als tauchte man in eine andere Welt. Kein Lufthauch war zu spüren, als hielte die Nacht den Atem an, als wolle sie warten und beobachten, wie die letzten Sekunden des Sommers unserer Liebe verrannen. Nichts regte sich; allein die Wellen spülten an Land. Kein Laut war zu hören außer das Klopfen unserer Herzen, die im Einklang mit der Brandung schlugen. Eng umschlungen, schworen wir uns unter Tränen ewige Liebe. Kein vom Schicksal verfolgtes Liebespaar der klassischen Literatur hätte unglücklicher sein können als wir. Und genauso fühlte ich mich: wie die tragische Heldin eines Dramas, gezwungen, der Liebe ihres Lebens zu entsagen, weil Pflicht und Familienehre es verlangten. Denn bei all unseren edlen Vorsätzen erschien es doch ausgeschlossen, dass wir uns jemals wiedersehen würden.“
    Sie seufzte und räusperte sich kurz. Dann begann sie erneut: „Und so gaben wir uns ein letztes, verzweifeltes Versprechen: Wir wollten sechs Monate warten. Falls einer von uns nach Ablauf dieser Frist vorhatte, seine Ehe zu beenden, sollte er zum Strandhaus kommen. Es wurde verabredet, alles ohne Druck ablaufen zu lassen, sodass später keiner dem anderen Vorwürfe machen konnte. Erschien nur einer von uns beiden, hieß das für den anderen, jeglichen Kontakt einzustellen, sich nie wieder zu melden. Wir trafen also diese Abmachung. Sie war ein Hoffnungsschimmer, ein Strohhalm, an den wir uns klammerten, der uns die Kraft für ein letztes Adieu gab. Als ich durch die Dünen zum Strandhaus zurückging, schwebte ich geradezu auf Wolken. Ich wusste mit Sicherheit, dass ich nach sechs Monaten

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