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Nur dieses eine Mal

Nur dieses eine Mal

Titel: Nur dieses eine Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ewa Aukett
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er mit bewundernswerter Gelassenheit auf all diese Eventualitäten reagierte, zerbrach sie sich den Kopf.
    Sie seufzte.
    „Cady?“
    Das brüchige Flüstern ließ sie aufblicken und sie starrte überrascht ihren Vater an, der mit offenen Augen in dem Krankenbett lag. Für einen winzigen Moment überkam sie der Wunsch, aufzustehen und davon zu rennen. Fort von dieser emotionalen Achterbahnfahrt. Stattdessen rutschte sie mit dem Stuhl näher an sein Bett.
    „Hey Dad“, erwiderte sie leise. Es fühlte sich seltsam an, ihm in die Augen zu sehen, fremd und doch vertraut. Unsicher lächelte sie ihm zu. „Wie fühlst du dich?“
    „Du bist hier“, wisperte er. Seine zitternden Finger tasteten über die Bettdecke und Cady griff mit einem mulmigen Gefühl nach seiner Hand. Seine Haut war trocken und weich, nicht porös oder spröde, wie sie es insgeheim erwartet hatte. Als sie ihm wieder in die Augen sah, lief ihm eine Träne über die Wange. Sie spürte, wie sich ihre Kehle zuschnürte. Seine Stimme klang brüchig und belegt. „Es tut mir so schrecklich leid, Cady. Ich wollte, ich könnte die Zeit zurückdrehen, um wieder gut zu machen, was ich euch angetan habe.“
    Tief einatmend schluckte sie mühsam den Kloß in ihrem Hals herunter.
    „Du solltest nicht so viel reden, Dad.“ Sie konnte hören, wie sich hinter ihr die Tür öffnete, aber sie hatte Angst sich umzudrehen. Sie wollte nicht wissen, wer hereinkam.
    „Es tut mir so leid, Cady. Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir noch bleibt, um dich um Verzeihung zu bitten oder dir zu sagen, wie stolz ich immer auf dich war.“
    Kopfschüttelnd starrte sie ihn an.
    „Dad, nicht ...“
    Er lächelte traurig.
    „Erinnerst du dich noch an deinen vierzehnten Geburtstag?“, wollte er wissen.
    Die Tränen schossen ihr in die Augen.
    Cady nickte wortlos.
    Wie hätte sie den vergessen können?
    Es war in all der Zeit der einzige Geburtstag, den der Alkohol nicht aus seinem Gedächtnis gespült hatte.
    „Wir haben im Garten gezeltet und sind die halbe Nacht wach geblieben, weil tausende Sternschnuppen angekündigt waren.“
    „Ich weiß, Dad.“
    Es war schön gewesen.
    Eines der wenigen Erlebnisse ihrer Kindheit, an das sie sich gern zurückerinnerte. Bittersüßer Schmerz.
    Er hatte nicht getrunken an diesem Tag, weil dieser Sternschnuppenregen für die Nacht vorausgesagt war. Sie hatten das Zelt aufgebaut, die Kleinen in die Schlafsäcke gelegt und nebeneinander auf der Decke gelegen, um in den Nachthimmel hinauf zu starren. Ihr Dad hatte ihr die Sternbilder gezeigt, bis plötzlich die erste Sternschnuppe an ihnen vorüber flog.
    Es war so rasch gegangen, dass Cady zuerst glaubte, sich geirrt zu haben. Doch dann kamen mehr und mehr, und sie presste die Lider aufeinander und tat, was er ihr erklärt hatte.
    Sie hatte sich etwas gewünscht.
    Ganz fest.
    Aber ihr Wunsch hatte sich nicht erfüllt.
    Nichts war gut geworden. Ihre Mom war nicht heimgekommen und er hatte auch nicht aufgehört zu trinken. Dafür hatte sie fast zehn Jahre lang Zeit gehabt, sich an diese unangenehme Mischung aus Hass und Liebe für ihren Vater zu gewöhnen. Daran, und an die fortwährende Scham, die sie empfand, wenn er wieder einmal betrunken durch das Gartentor getorkelt kam.
    Zitternd holte sie Luft und drängte die Tränen zurück.
    „Ich habe nichts vergessen.“
    Er verzog die Lippen.
    „Du hasst mich“, stellte er fest. Er klang nicht verwundert. „An deiner Stelle würde es mir nicht anders gehen.“
    „Ich war wütend auf dich“, entgegnete sie. Sie drückte seine Hand und schüttelte sacht den Kopf. Der Kloß in ihrem Hals begann, sich aufzulösen. „Manchmal bin ich es immer noch. Ich wünschte, du hättest nicht getrunken, Dad.“ Ihre Augen wurden heiß und ihr Blick verschwamm. „Der Alkohol hat so viel kaputtgemacht.“
    „Ich weiß, Cady, ich weiß.“ Bedrückt schüttelte er den Kopf. „Ich kann mich niemals genug dafür entschuldigen.“
    Sie spürte, wie die erste Träne über ihre Wange lief.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben führten sie ein vernünftiges Gespräch. Ohne Gebrüll, ohne Vorwürfe, ohne den Alkohol, der ihm die Sinne vernebelte und seine Zunge schwer werden ließ.
    „Warum, Dad? Warum hast du getrunken?“
    „Weil es so einfach war, damit die Probleme zu vergessen. Wenigstens für eine Weile. Ich fühlte mich locker und berauscht und alles, was nicht gut lief in meinem Leben, konnte ich für eine Weile ignorieren.“
    „Aber die Probleme sind dadurch

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