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Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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ich scheine festzustecken. Ich versuch mal, ob der Fahrer mich rauslässt.«
    »In Ordnung. Hier ist ein Riesenstau rund um
St. Paul’s
. Also wenn du rauskommst, mach das.«
    Niemand nahm Notiz von mir, als ich die Treppe nach unten stieg und zu der Gruppe ging, die mit dem Fahrer verhandelte, dass er die Tür aufmachen solle. Er protestierte immer weiter, hier sei keine Haltestelle, doch schließlich gab er nach, und wir alle drängelten nach draußen.
    Als ich mich
St. Paul’s
näherte, sah ich die beiden langen Warteschlangen. »Das kann eine Weile dauern«, murmelte ich, als ich auf das Ende der einen Schlange zusteuerte und mein Saisonticket aus dem Rucksack fischte. »Kannst du sehen, welche der beiden schneller ist?«
    »Oh, du brauchst da nicht zu warten. Nicht, wenn du dein Ticket hast. Flitz einfach in das Café und geh durch den Eingang zur Krypta.«
    »Ehrlich? Okay, sag mir, wenn ich in die falsche Richtung gehe.«
    Das Café war laut und gerammelt voll, und ein starker Toastgeruch schwebte in dem langen, niedrigen Raum. Es kam mir seltsam vor, dass so ein wuseliges Café, das direkt unterhalb des Hauptteils der Kathedrale lag, überhaupt nichts mit der gedämpften Stille direkt darüber gemein hatte. Ich schob mich zwischen den Tischen und Stühlen zum entgegengesetzten Ende des großen Raums durch, wo sich ein kunstvolles eisernes Gitter befand. Dort stand ein gelangweilt wirkender Wärter, vor dem ich mein Ticket zückte, und gleich darauf war ich durch und im restlichen Teil der Krypta.
    Auf unserem Weg zur Treppe warf ich einen schnellen Blick auf Callum. Seitdem er mir meine Erinnerungen zurückgegeben hatte, konnte ich ihn in
St. Paul’s
immer sehen – richtig sehen, nicht nur seine Reflexion in einem Spiegel –, und je höher wir kamen, desto mehr verfestigte er sich. Ich fragte mich, wie er wohl hier unten aussehen würde. Der kurze Blick, den ich auf ihn werfen konnte, ließ mich auf der Stelle anhalten.
    »Callum!«, rief ich erschrocken hinter ihm her und dachte gerade noch rechtzeitig daran, in mein Mundstück zu sprechen.
    »He, was ist los?« Er drehte sich um und kam lächelnd auf mich zu. Sein schönes Gesicht sah so erschöpft und müde aus, als würden Millionen Sorgen und Kümmernisse auf ihm lasten.
    »Ist alles … in Ordnung?«, fragte ich zögernd. Vorhin im Spiegel hatte er noch richtig gut ausgesehen. Ich konnte mir nicht vorstellen, was ihn seither so plagte.
    »Mir geht’s gut.« Er lächelte, doch die Falten in seinem Gesicht verrieten das Gegenteil. Er bemerkte mein Stirnrunzeln, und sofort sah er noch schlimmer aus. »Was ist denn? Ist was passiert?« Er stand vor mir, sein Amulett in meinem, und das Schimmern seiner transparenten Gestalt war in der schwachen Beleuchtung der Krypta seltsam deutlich zu erkennen.
    »Es geht nicht um mich. Du siehst so … müde aus. Bisher hast du immer so makellos ausgesehen. Ist seit heute Morgen irgendwas Schreckliches passiert?«
    Bei dem Kompliment war er kurz rot geworden, doch die Sorge stand ihm immer noch im Gesicht. »Nein, nichts. Ich bin nur richtig aufgeregt, mit dir nach oben auf die Kuppel zu gehen.«
    »Dann verstehe ich das nicht. Warum siehst du so furchtbar aus?«
    Sein verwirrter Ausdruck verschwand, als ihm offenbar etwas klarwurde. »Natürlich, du kannst es ja auch sehen!«
    »Was sehen?«
    »Wir kommen nicht gerne so oft hier runter, denn so weit unter der Kuppel wird der allgemeine Zustand sichtbar, in dem wir uns befinden. Ich schätze mal, ich sehe ziemlich elend aus für dich.«
    Ich nickte stumm, da eine Gruppe von Touristen stehen geblieben war, sich Nelsons Grab ansah und dann weiterging.
    »Ich … Ich hab gedacht, dass du aufgeregt bist. Du hast es ja auch selbst gesagt. Aber du siehst, hm, irgendwie total fertig aus.«
    »Oh. Aber glaub mir, das hat mit ›fertig‹ nicht viel zu tun. Du weißt ja, dass ich so etwas wie der Glücklichste von den Versunkenen hier bin, und doch sehe ich hier unten wie selbstmordgefährdet aus. Daher verstecken wir uns in unseren Kapuzen. Catherine ist nur ein Mal hier runtergekommen. So etwas möchte ich nicht mehr sehen.« Bei der Erinnerung daran schauderte ihn.
    »War es so schlimm, wie du eigentlich auch aussehen müsstest?«
    »Das vermute ich. Einige Leute, besonders die, die schon eine lange Zeit hier sind, sehen schon immer so übel aus. Da bin ich etwas glücklicher dran.«
    Ohne meine Neugier zu verbergen, musterte ich ihn. Er hatte sich nun so weit

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