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Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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Begründung hatte, nach draußen zu gehen. Als ich dann die Treppe runterkam, setzte ich die Ohrhörer ein und rannte fast aus dem Haus. Callum war sofort bei mir.
    »Und?«, fragte er, als ich die Straße entlanghastete. »Um was geht es? Warum warst du wieder auf dem Polizeirevier? Haben sie rausgefunden, wer sich dein Geld genommen hat?«
    »Warte noch kurz. Ich möchte mich wirklich lieber erst hinsetzen, um richtig mit dir reden zu können. Gehen wir erst mal zu den Schaukeln.« Gleich um die Ecke gab es einen kleinen Spielplatz mit Schaukeln und einem kleinen Karussell. Er wurde nicht viel genutzt, und weil es hier so still war, kamen Grace und ich oft her, um über lästige Brüder und Eltern zu quatschen. Als wir ankamen, schnallte gerade eine Frau ihren Knirps in seinen Buggy. Sonst war niemand da. Während ich wartete, bis sie außer Hörweite war, setzte ich mich auf das Karussell und stellte den Spiegel so vor mich, dass ich möglichst viel von Callum sehen konnte. Das Warten machte ihm offensichtlich zu schaffen.
    »Komm schon! Erzähl! Das geht mir an die Nerven!«
    »Also ich bin gestern Abend von meinem Dad zur Polizei gegangen, weil die ein Video von der Person haben, die mein Geld gestohlen hat. Und jetzt, wo ich sie gesehen hab, weiß ich, dass sie es auch war, die die ganzen anderen Dinge gemacht hat.«
    Callum richtete sich auf. »Sie? Also wer ist es? Kenne ich sie?«
    »Oh, du kennst sie, das stimmt schon, aber ich bin mir nicht sicher, ob du mir glauben wirst.«
    »Jetzt mach schon. Wer war es?«
    Ich holte tief Luft. »Catherine.«
    Einen Augenblick lang starrte er mich völlig ausdruckslos an. »Catherine?«
    »Deine Schwester Catherine. Als Mensch, echt, aus Fleisch und Blut. Sie lebt und atmet und stiehlt mein Geld. Und als sie das getan hat, hat sie auch noch gelächelt.«
    Ich sah seinen schockierten Gesichtsausdruck. Er schüttelte den Kopf. »Du musst dich geirrt haben. Catherine ist tot. Ich hab gesehen, wie sie zu einem Funkenschauer explodiert und gestorben ist.«
    »Ich habe mich nicht geirrt. Sie war es, und die Polizei hat sie auf Video. Sie lebt! Verstehst du nicht, was das bedeutet?« Ich wollte ihn schütteln, damit er aufhörte, sich Sorgen zu machen, und endlich darüber nachdachte, wie aufregend das alles war.
    »Catherine lebt?« Seine Stimme war kaum lauter als ein Flüstern.
    »Sie lebt«, stimmte ich zu. »Und ist offensichtlich darauf aus, Schwierigkeiten zu machen.« Ich beobachtete, wie er wieder die Stirn runzelte und ein Schatten über seine tiefblauen Augen zog, während er ins Leere starrte. Ein paarmal schien er etwas sagen zu wollen, schluckte es aber immer wieder runter. Ich wartete ab, bis er sich gefangen hatte, und endlich straffte er die Schultern und schaute mich an.
    »Catherine lebt.« Diesmal war es eine Feststellung und keine Frage.
    »Ja, gesund und munter.«
    »Und sie ist diejenige, die dir das Leben zur Hölle gemacht hat.« Wieder eine Feststellung.
    »Ich glaube schon«, stimmte ich zu. »Aber viel wichtiger ist, dass sie dem Dasein als Versunkene entkommen und wieder ins Leben zurückgekommen ist.«
    Callum hatte wieder den entrückten Blick. »Das also passiert, wenn wir einen Kopf völlig leeren – wir bekommen unser Leben zurück.« Seine Stimme war leise, aber aufgeregt. »Wir sterben nicht, wie alle glauben, sondern wir kriegen unser Leben zurück!«
    »Ich weiß. Ist das nicht großartig? Für dich gibt es schließlich doch einen Weg da raus! Du musst nicht bis in alle Ewigkeit dieses Todeselend neu erleben. Du kannst herüberkommen zu mir!«
    Er strahlte, als würde ihn die Aufregung von innen heraus erleuchten. »Wir können also doch zusammenkommen«, hauchte er, umarmte mich im Spiegel und küsste mein Ohr. »Und Catherine hat immer noch deine Erinnerungen. Deshalb weiß sie all das Zeug von dir.«
    »Ich weiß. An diesen Aspekt will ich möglichst wenig denken. Die Vorstellung gefällt mir gar nicht, dass sie alle persönlichen Sachen aus meinem Leben weiß«, gab ich zu.
    Seine hypnotisierenden Augen suchten wieder den Horizont ab, und die frühe Morgensonne hob den Goldton seiner Haare hervor. »Sie wird wohl alles wissen, alles aus deinem bisherigen Leben.«
    Als ich darüber nachdachte, musste ich schlucken. Es waren ja nicht nur die Sachen mit meinen Freunden oder meinem Konto, über die sie Bescheid wusste. Auch auf jeden Gedanken an Callum, auf alle meine Sehnsüchte und Phantasien konnte sie zurückgreifen. Ich hatte mir

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