Nur ein Blick von dir
flatterten, und dann waren sie beide weg.
Beesley schaute plötzlich um sich, als wäre er gerade geweckt worden, sprang auf die Beine und spähte hinter mich. Dann gab er ein leicht verzweifeltes Bellen von sich und sank als erschöpftes Häufchen ins Gras. Ich saß noch eine Weile da und beobachtete ihn. Er hechelte ganz leicht und ließ die rosa Zunge seitlich aus dem Maul hängen. Die Sonne warf nun längere Schatten und machte Wolken von Insekten sichtbar, die über dem Wasser schwirrten, und im Gebüsch raschelte es von den Vögeln, die von einem Zweig auf den anderen hüpften. Es war so idyllisch hier, und ich wollte so gerne einfach dableiben, mir keine Gedanken wegen Catherine oder Banken oder der Polizei machen müssen. Nur Callum fehlte, damit es vollkommen war. Ich überprüfte, ob ich Beesleys Leine auch fest um mein Handgelenk geschlungen hatte, ließ meine Augenlider zufallen und glitt in eine Welt, wo ich mit Callum Hand in Hand über die Felder wandern, den Hunden Stöcke werfen, mich an einem plätschernden Bach ins weiche Gras legen konnte, und …
Nach scheinbar wenigen Sekunden wurde ich von einem gewaltigen polternden Dröhnen, das fast schon den Boden beben ließ, aus meinem angenehmen Schlummer gerissen. Als ich hochblickte, sah ich die Umrisse von einem der neuen riesigen Doppeldeckerflugzeuge, dessen Maschinen auf Hochtouren arbeiteten, als es langsam vom nahe gelegenen Flughafen Heathrow abschwenkte. »Das ist ein Zeichen, Beesley«, sagte ich seufzend zu dem neugierigen Hund. »Zeit, mit der Tagträumerei aufzuhören und nach Hause zu gehen.«
6. Mord
Callum konnte an diesem Abend nur kurz bleiben. Olivia hatte tatsächlich beim Sammeln sehr viel mehr Hilfe gebraucht. Dass es in unserem kurzen Gespräch um Catherine ging, war unvermeidlich.
»Ich glaube, ich werde doch mit Matthew sprechen müssen«, räumte Callum ein. »Manchmal hat er unglaublich gute Einfälle, und vielleicht weiß er ja mehr als wir. Ich muss nur schwer darauf achten, dass uns diesmal niemand belauscht.« Er lächelte reumütig, und ich musste wieder daran denken, dass Catherine gelauscht hatte, als er mit Matthew über unsere seltsame Situation gesprochen hatte. Danach heckte sie ihren schrecklichen Plan aus.
»Ist das überhaupt möglich? Könnt ihr euch wirklich von den anderen entfernen?«
»Es ist schon möglich«, sagte er nachdenklich. »Aber ich muss sehr vorsichtig sein – und sehr raffiniert. Leider nicht meine starken Seiten. Und jetzt ist es besonders kompliziert, weil die anderen alles über dich wissen. Jedes Mal, wenn ich etwas Ungewöhnliches mache, nehmen sie an, es hat mit dir zu tun.«
»Du machst das bestimmt gut. Vielleicht kannst du Olivia dazu bringen, dir zu helfen?«
»Das fände ich ein bisschen unfair. Wenn die anderen Druck auf sie ausüben, dürfte sie ziemlich schnell zusammenbrechen.«
»Wahrscheinlich hast du recht. Also du kriegst das schon hin – wie immer.« Ich lächelte ihn ermutigend an und seufzte zufrieden, als er seine langen starken Arme um mein Spiegelbild schlang. Doch sein Gesicht wirkte besorgt. Die Linien auf seiner Stirn sahen tiefer aus als zuvor. Wieder einmal tat mir das Herz weh wegen dem Leid, das er durch mich ertragen musste. Es kam mir so ungerecht vor, dass ich es war, die so viel Schmerz bereitete.
Viel zu schnell musste er wieder gehen, und ich konnte zusehen, was ich mit dem restlichen Sonntagabend anfing. Es war zu spät, um Grace, Jack und die anderen noch im Pub zu treffen. Die beiden schienen irgendwie ganz selbstverständlich in das Paarverhältnis gerutscht zu sein, und wenn Callum mich nicht abgelenkt hätte, wäre ich bestimmt ein bisschen neidisch darauf gewesen, wie glücklich sie offensichtlich miteinander waren. Graces Krankenhausaufenthalt nach dem mysteriösen Vorfall in den Gärten von Kew hatte die Sache erheblich vorangetrieben. Sonst wäre es wahrscheinlich nicht so schnell gegangen. Das aber half mir wiederum, ein paar der Schuldgefühle wegzustecken, die ich immer noch empfand, weil ich Grace in so schreckliche Gefahr gebracht hatte. Unsere Freundinnen nahmen an, dass da Ärger drohte, da keine von ihnen glaubte, dass ich mich wirklich nicht nach Jack verzehrte. Grace war die Einzige, die das verstand, und ich war – wie immer – dankbar dafür, dass sie meine beste Freundin war.
Ein stumpfsinniger Fernsehabend zusammen mit meinen Eltern lag also wenig verlockend vor mir. Doch aus Joshs Zimmer kamen interessante
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