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Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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herumstanden. Dann überlegte ich kurz, ob ich aussteigen und noch schnell Make-up kaufen sollte, um die Blutergüsse abzudecken, bevor ich Callum traf, doch ich machte mir klar, dass er mich vermutlich sowieso die ganze Zeit beobachtet hatte und sie ihn daher jetzt nicht besonders beunruhigen würden.
    Endlich rumpelte der Bus
Ludgate Hill
hinauf, und ich kämpfte mich nach draußen. Auf dem Platz vor der Kathedrale tummelten sich die Menschenmassen, ebenso auf den Stufen zum Eingang. Ich musste an den Tag denken, der noch gar nicht so lange zurücklag, als mich Callum hierhergebracht hatte, damit ich Matthew treffen konnte.
    Dabei hatte ich auch die anderen Versunkenen gesehen, die dort überall in ihren dunklen Umhängen standen. Ich musste vor mich hin lächeln. Vermutlich waren auch jetzt welche da, sammelten glückliche Erinnerungen bei ahnungslosen Touristen ein, vielleicht beobachteten sie mich auch. Ich hätte sie gerne in irgendeiner Weise gegrüßt, widerstand aber der Versuchung und stellte mich einfach hinten an der Schlange an, um reinzukommen.
    Wie üblich war die Kathedrale eine kühle, ruhige Oase und schien endlos weit von der quirligen Welt draußen entfernt zu sein. Aber ich trödelte nicht herum, um die Atmosphäre zu genießen, sondern ging schnurstracks auf die Treppe zu. Hochzusteigen war anstrengend, und ich war den vielen Touristen fast schon dankbar, die es unmöglich machten, zu schnell zu steigen.
    Stufe um Stufe mühte ich mich beständig weiter nach oben, und als ich die Flüstergalerie erreichte, musste ich mich erst mal hinsetzen, so erschöpft war ich. Ich fragte mich, welche Versunkenen wohl neben mir sitzen mochten, und hoffte, dass es Olivia sein würde. Es schien schon so lange her zu sein, dass ich mit ihr auf genau dieser Bank gesessen und gesprochen hatte, bevor Lucas die Gelegenheit zu nutzen versuchte, doch es war gerade erst eine Woche her. Ich schaute mich um. Es war niemand in Hörweite.
    »Hi, Olivia, ich weiß nicht, ob du da bist, weil ich dich nicht mehr sehen kann, aber wenn ja, dann möchte ich dir sagen, dass es nicht deine Schuld ist. Das weißt du doch, oder?«
    Es gab kein Prickeln als Antwort, aber es war ja auch nur ein Versuch gewesen, und so war ich nicht allzu enttäuscht. Sobald meine Beine nicht mehr weh taten, ging ich zur anderen Seite der Galerie und stieg die erbarmungslose Wendeltreppe zur Steingalerie hinauf. Auch da legte ich eine Pause ein, und weil es hier schwerer war, einen freien Sitz zu finden, setzte ich mich auf den Steinboden und lehnte mich mit dem Rücken an die Mauer. Dann wartete ich, bis ich wieder normal atmen konnte. Wie üblich steigerte sich meine Aufregung rasant, je höher ich kam. Ich konnte nicht widerstehen und zog den kleinen Spiegel aus der Tasche, um zu überprüfen, wie schlimm mein Gesicht aussah, außerdem wollte ich einen verstohlenen Blick in die Runde riskieren, ob irgendwas von den Versunkenen zu sehen war. Ich konnte nichts Außergewöhnliches feststellen, war aber auch noch nicht ganz oben. Mein Gesicht schockierte mich dann aber schon, als ich es schließlich betrachtete. Der Bluterguss hatte sich vom Jochbein weiter nach unten über die Wange ausgebreitet und leuchtete nun wie ein Regenbogen in verschiedenen Farben. Ich sah eindeutig so aus, als hätte ich mich geprügelt. Kein Wunder, dass die Jungs im Bus gelacht hatten.
    Callum würde das nichts ausmachen, dachte ich und klappte den Spiegel wieder zu, während mein Herz bereits raste. Ich ging zu der vertrauten Tür und schlüpfte aus dem Sonnenschein in das Dämmerlicht nach innen.
    Beim Aufstieg hielt ich ein stattliches Tempo, zu dem die anderen Touristen noch beitrugen. Zu meiner Enttäuschung war die Galerie für alle geöffnet – anders als bei meinen früheren Besuchen. Aber vielleicht hatte ich Callum meinen Besuch nicht richtig angekündigt, und er hatte es nicht bewerkstelligen können, dass die Galerie für andere Besucher gesperrt war.
    Als ich an dem Absatz vorbeikam, auf dem Lucas und Callum miteinander gekämpft hatten, schauderte es mich. In dem kleinen Raum mit dem Aussichtsfenster, durch das man Dutzende Meter weiter unten den Boden sehen konnte, kam die Menschenschlange zum Stehen, was ich nutzte, um wieder zu Atem zu kommen und den Handyohrstöpsel aus der Tasche zu fischen, damit ich unauffällig mit Callum reden konnte, sobald ich ins Freie kam.
    Einer der Wärter war in dem kleinen Raum stationiert und sollte uns Besucher

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