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Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
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um damit anzufangen, doch dann kam mir der Gedanke, dass sie mich für verrückt halten könnte. Deshalb presste ich stattdessen die Lippen fest zusammen und schüttelte den Kopf, während eine einzelne Träne sich ihren Weg über meine salzverkrustete Wange suchte.
    Es war, als hätte sie verstanden, dass die Gelegenheit vorbei war. Sie seufzte ein bisschen, nahm meine Hand und tätschelte sie sanft. »Du musst es nicht in dir verschließen, Alex, was auch immer es ist. Es kann sehr guttun, sich mitzuteilen.
    »D… danke für das Angebot, Reverend, aber es gibt nichts, das ich erzählen möchte.«
    »Es gefällt mir nicht, dich so gehen zu lassen. Du hast heute einige dunkle Gedanken gehabt, das ist sicher.«
    Sie musste keine Hellseherin sein, um das zu wissen. Man musste mich nur ansehen, dann war klar, dass ich keinen guten Tag hatte. »Mir geht es gut«, protestierte ich. »Nur ein bisschen Ärger, das ist alles.« Ich wischte mir übers Gesicht und hoffte, diese letzte Träne zu erwischen und nicht ganz so fertig auszusehen.
    »Wenn du meinst, meine Liebe.« Sie tätschelte wieder meine Hand, langte dann in ihr weites Priestergewand und zog ein weißes Kärtchen heraus. »Hier, meine Telefonnummer. Wenn du reden willst, egal wann, ruf einfach an.«
    Ich nahm die Karte und tat so, als würde ich sie genau studieren, obwohl ich wegen des Tränenschleiers vor den Augen nichts erkennen konnte. Es wäre unhöflich gewesen, sie abzuweisen, aber ich konnte sie ja, sobald ich draußen war, in einen Abfallkorb werfen. »Vielen Dank«, sagte ich mit so viel Ehrlichkeit, wie ich aufbringen konnte. »Ich verspreche, dass ich darüber nachdenke.« Und dann versuchte ich zu lächeln, aber viel mehr als ein Lippenzucken schaffte ich nicht. Dann stand ich auf. Sie ebenfalls.
    »Ich bringe dich noch zur Tür«, verkündete sie und passte sich meinem Schritt an, als ich durch das lange Kirchenschiff auf die Ausgänge zuging. Es waren immer noch sehr viele Menschen da, und die Stille, die sonst herrschte, war vom Summen vieler Unterhaltungen überlagert. Plötzlich wurde ich geradezu von einem intensiven Geruch nach Würstchen überwältigt. Unter meinen Füßen befand sich ein messingfarbenes Gitter, durch das ich in das Café unter der Kathedrale sehen konnte. Der Geruch bereitete mir Übelkeit, und ich ging schneller, soweit das bei den vielen Menschen möglich war. Trotz ihres Alters hielt Reverend Waters mühelos Schritt. Endlich erreichte ich das Ausgangsdrehkreuz.
    »Noch mal herzlichen Dank für Ihr Angebot«, sagte ich und blickte ihr endlich in die Augen. Ich war betroffen von dem Verständnis, das darin lag.
    »Jederzeit, Alex. Das meine ich ernst. Und bitte hebe die Karte auf. Es könnte sein, dass du sie noch brauchst.«
    Ich nickte kurz und schaffte es nicht, mich ihrem Blick zu entziehen.
    »Und denke dran, dass es hier viele unglückliche Seelen gibt, Alex. Bleibe zuversichtlich.« Mit einem letzten Drücken meiner Hand war sie weg, verschwunden zwischen den vielen Menschen.
    Was hatte sie damit gemeint? Ich wälzte den Satz immer wieder in meinem Kopf hin und her, als ich wieder nach draußen in die hektische Betriebsamkeit und die Hitze eintauchte. Ich hielt die Karte in der Hand, und als ich am ersten Abfalleimer vorbeikam, streckte ich schon den Arm aus, um sie hineinfallen zu lassen. Doch irgendetwas ließ mich zögern. Ich hatte das beunruhigende Gefühl, dass Reverend Waters etwas wusste, das ich nicht wusste. Ich schob die kleine weiße Karte in die Gesäßtasche meiner Jeans und machte mich auf den Weg zur
Waterloo Station
.

14. Beesley
    Ich ließ mich in eine Art Benommenheit abgleiten, als ich die lange Tour nach Hause antrat. Denn ich wollte nicht darüber nachdenken, dass mein Plan gescheitert war, dass ich es letztendlich nicht geschafft hatte, Callum zu treffen. Ich hatte mir Hoffnungen gemacht, und nun fühlte ich mich noch schlechter als vorher. Ich ging
Ludgate Hill
hinab und war gerade dabei, die Straße zu überqueren, um dann auf der anderen Seite die
Fleet Street
langzugehen, als mir klarwurde, wo ich mich befand. Direkt unter meinen Füßen, unter dem Gehweg oder unter dem Straßenbelag floss der Fleet.
    Es gab eine Chance, mit Callum zusammenzukommen, ich musste nur mutig genug sein, sie zu ergreifen.
    Instinktiv schlug ich den Weg zum Fluss ein, zur
Blackfriars Bridge
. Es war eine stark befahrene Straße, Pkw und Taxis nahezu Stoßstange an Stoßstange, ein Albtraum, auf die andere

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