Nur ein Blick von dir
Enthusiasmus, aber musste das immer auf ihrem, Silkes, Rücken ausgetragen werden?
22.
» I ch sage dir, irgendwann endest du noch mal als Partnerin in dieser Cateringfirma«, bemerkte Yvonne grinsend, während Silke nervös auf die Uhr schaute und auf den Feierabend wartete. »Aber ich find’s gut, dass du was gefunden hast, womit du dich beschäftigen kannst.«
»Das klingt, als wäre es eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme«, sagte Silke. »Arbeit habe ich hier schon genug. Aber was soll ich machen? Diese beiden Chaoten . . .« Sie seufzte.
»Ich krieg’s mit.« Yvonne lachte. »Seit du hier jeden Tag hektisch auf die Uhr schaust, in den Pausen mit irgendwelchen Delikatessenhändlern telefonierst und keine Zeit mehr für mich hast.«
Silke verzog die Mundwinkel. »Ich habe das Gefühl, du bist mit Klaus mehr als ausgelastet.«
Yvonne errötete leicht, was nicht oft geschah. »Gönn mir doch auch mal was«, erwiderte sie abwehrend. »Männer wie Klaus sind wirklich nicht leicht zu finden.«
»Ich gönne es dir ja.« In diesem Moment wurde die Tür für den Kundenverkehr abgeschlossen. Silke sprang auf, griff ihre Tasche und raste zum Angestellteneingang hinaus. Sie hatte alles wunderbar geplant, aber man konnte nie wissen. Sie kam sich vor wie eine dieser Karrierefrauen, die man immer in Filmen sah. Dabei hatte sie nie die Absicht gehabt, so eine Karrierefrau zu werden. Ein kleines, beschauliches Leben, hatte sie gedacht . . .
Heute war Freitag, die Konferenz war eine Wochenendkonferenz, das hieß also, es waren zwei Tage, nicht nur einer. Was Peter ihr wohlweislich am Anfang verschwiegen hatte.
Aber nun war so gut wie alles organisiert, sie hatte noch ein paar Sachen zu Hause, die sie für Peter mitnehmen wollte, und sie wollte sich umziehen. Ein Teil der Konferenzteilnehmer traf schon heute Abend ein, da gab es einen kleinen Empfang mit Sekt und Canapés zur Einstimmung. Sie hoffte, dass die Platten bereits da waren, denn diesmal hatte sie keine Zeit gehabt, beim Belegen und Transportieren zu helfen.
Sie schloss die Haustür auf und stürmte die Treppen hoch, während hinter ihr ein Mann das Haus betrat. Sie drehte sich kurz um. Weder Peter noch Franz, also ging sie das nichts an.
In ihrer Wohnung warf sie ihre Arbeitskleidung aus dem Büro ab wie eine sich häutende Schlange, schlüpfte aus den hochhackigen Schuhen und griff nach bequemen Tretern, die ihr das Herumlaufen erleichtern würden. Sie warf sie in Richtung Eingang, schnappte sich eine Jeans und ein Sweatshirt, war in Raketenzeit angezogen und auf den flachen Schuhen schon fast wieder zur Tür hinaus.
Sie nahm die Kiste auf, die sie für Peter mitnehmen wollte, und hielt ihre Schlüssel mit den Zähnen fest, während sie die Klinke herunterdrückte und noch einmal einen Blick zurückwarf, ob sie nichts vergessen hatte.
Als sie sich wieder umdrehte, um die Wohnung zu verlassen, stand der Mann vor ihr, der hinter ihr das Haus betreten hatte. Sie stutzte, ließ die Schlüssel in die Kiste fallen und schaltete einen Gang herunter, denn sie konnte nicht an ihm vorbei. »Darf ich mal bitte . . .?« Sie versuchte ihm zu signalisieren, dass er ihr im Weg stand.
»Wo ist sie?« Er hatte beeindruckend breite Schultern und eine raue Stimme, die wirkte, als wäre sie eingerostet.
Silke runzelte die Stirn. »Wie bitte?«
»Wo ist sie?«, wiederholte er, und sein unbewegliches Gesicht wurde, wenn das überhaupt möglich war, noch unfreundlicher.
»Was soll das?« Langsam bekam sie ein ungutes Gefühl. Dieser Schrank von einem Kerl stand im Eingang zu ihrer Wohnung, Peter und Franz waren nicht da, und ob die anderen Leute sie hören würden, war ungewiss.
»Du weißt, was das soll«, behauptete der brutal aussehende Kerl. »Sag mir nur, wo sie ist, dann lasse ich dich in Ruhe.«
Ich wüsste nicht, dass wir uns kennen und duzen, dachte Silke und musterte den Mann vorsichtig. Es war eine bedrohliche Situation, sie wollte ihn nicht reizen. »Wenn Sie mir sagen, worum es geht, kann ich Ihnen vielleicht helfen«, erwiderte sie. Das jahrelange Training, mit unerfreulichen Kunden umzugehen, machte sich jetzt bezahlt.
»Red’ nich’ solchen Stuss, Puppe«, schnauzte er sie an. »Mach den Mund auf. Du bist ihre Mieze, du musst es wissen. Sie hat es dir bestimmt gesagt.«
Puppe. Mieze. Silke verstand nur Bahnhof. »Von wem reden Sie?«, fragte sie irritiert. »Sind Sie sicher, dass Sie sich nicht in der Tür geirrt haben?« Ihr Herz klopfte bis
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