Nur ein Blick von dir
diese Dinge von der Hand gingen. Peters Geschäft war anscheinend eine bessere Idee gewesen, als sie gedacht hatte. Was vor allem an Peters Kreationen lag, denn die Frau, so sehr sie einem Drachen glich, wenn sie sprach, war überaus begeistert von seinem Essen gewesen, und das schon nur von den Canapés. Wahrscheinlich würde sie Peters Kochkünsten morgen endgültig verfallen.
Silke grinste. Bei allem, was um sie herum geschah, Marina, der Kerl heute, die furchtbaren Qualen der letzten Tage, merkte sie, wie sehr die Arbeit mit Peter ihr Spaß machte. Obwohl er und Franz manchmal wirklich wie Kinder waren, die dirigiert werden mussten. Oder vielleicht gerade deswegen. Hier konnte sie schalten und walten, wie sie wollte, man hörte auf sie, während ihr Chef sie manchmal behandelte, als wäre sie kaum in der Lage, ihren Job zu machen. Dabei war sie im Umgang mit den Kunden eine der besten.
Sie seufzte. Aber ein fester Job war eben ein fester Job. Jeden Monat das Gehalt auf dem Konto, egal ob man krank war oder Urlaub hatte oder vielleicht gerade nicht so gut drauf war. Wenn sie sah, wie es mit dem Cateringservice lief, konnte sie sich vorstellen, dass man nicht immer genau wusste, was am Ende des Monats dabei herauskam. Und was war, wenn es mal gar keine Aufträge gab? Das hieß dann auch kein Verdienst.
Nein, sie konnte sich nicht vorstellen, selbständig zu arbeiten. Peter zu helfen war eine Sache, von den Einkünften aus so einem Job abhängig zu sein eine andere.
Was für Einkünfte? Sie lachte. Sie verdiente gar nichts, wenn sie Peter half. Und trotzdem machte es ihr Spaß.
Sie schaute sich um und betrachtete die Menschen, die herumstanden, Sektgläser in der Hand, und Peters Canapés genossen. Die Platten leerten sich zusehends. Es war ein schönes Gefühl, Teil dieser Veranstaltung zu sein und dafür auch noch Lob zu bekommen wie von der Frau eben. So gesehen hatte die Geschichte schon ihren Reiz.
Sie schüttelte den Kopf. Vor kurzem noch hatte sie zu Hause gesessen und die Wände angestarrt, gedacht, die Welt wäre stehen geblieben und würde sich nie mehr weiterdrehen.
Aber erst hatte Peter sie aus ihren Depressionen gerissen und heute dieser brutale Kerl, der ihr zu verstehen gegeben hatte, dass Marina etwas an ihr lag, dass sie sich ihretwegen vielleicht sogar in Gefahr begeben würde. Dass sie aus einem völlig anderen Grund verschwunden war, als Silke gedacht hatte.
Sie musste Marina finden, und wenn sie dafür Himmel und Hölle in Bewegung setzen musste.
24.
» W o soll ich nur anfangen?« Silke war nicht klar gewesen, wie schwer es ist, einen Menschen zu finden, der weder einen Namen noch eine Adresse hat, keine Arbeitsstelle und keine Freunde.
Vermutlich hatte Marina das alles, nur wusste Silke nicht, wie sie es herausfinden sollte. Alle Marinas aus dem Telefonbuch heraussuchen und anrufen? Und wenn sie gar nicht im Telefonbuch stand? Was wahrscheinlich war.
Außerdem hatte der Kerl behauptet, Marina hätte viele Namen, also vielleicht war Marina gar nicht ihr richtiger. Möglicherweise stand sie sogar im Telefonbuch, aber unter einem völlig anderen Namen.
Silke seufzte. Es war aussichtslos. Wenn sie sich doch wenigstens das Kennzeichen von Marinas Wohnmobil gemerkt hätte. Aber hatte sie nicht. Wer achtete schon auf so was?
Köln war einfach eine viel zu große Stadt, um alle Straßen abzufahren und zu hoffen, dabei Marinas Wohnmobil am Straßenrand stehen zu sehen. Vielleicht hatte sie ja auch eine Garage.
Allerdings hatte das Wohnmobil so dreckig und verrostet ausgesehen, dass es wohl eher draußen stand. Das nützte aber auch nichts. Sie würde es nie finden. Dazu müsste sie eine Armee haben. Und selbst dann waren die Aussichten schlecht.
Die einzige Stelle, von der sie wusste, dass Marina dort hundertprozentig gewesen war – außer bei Silke – war der Joggingpfad im Wald, auf dem sie zusammen gelaufen waren.
Silke knabberte an einer Salzstange. Marina war untergetaucht. Zumindest wollte sie nicht so leicht gefunden werden. Würde sie da wohl in den Wald gehen, an eine Stelle, wo viele andere Leute waren, die sie dort auch schon gesehen hatten, die einem brutalen Schläger Auskunft geben konnten?
Sie hatte so ihre Zweifel. Aber es war ihr einziger Anhaltspunkt. Marinas Körper war durch tägliches Training gestählt, nicht nur durch ein bisschen Gymnastik einmal in der Woche. Leute, die so regelmäßig trainierten, konnten nicht einfach von jetzt auf gleich damit
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