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Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Wall
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meldete sich nicht. Silke fühlte sich wie ein Roboter. Sie spürte nichts. Als ob alle Gefühle in ihr abgeschaltet worden wären. Das scheinbar freundliche Lächeln, mit dem sie die Kunden bediente, war wie eine Maske, die sie jeden Morgen aufsetzte und nach Feierabend wieder abnahm. Zu Hause saß sie nur auf der Couch. Sie las nicht, sie schaltete noch nicht einmal den Fernseher ein, sie aß nur, wenn Yvonne sie mit sanfter Gewalt dazu zwang.
    Es war, als wäre die Welt plötzlich dunkel geworden. Nachdem sie Gaby hinausgeworfen hatte, hatte sie das Gegenteil gespürt. Erleichterung, neue Freude am Leben, ein unbändiges Gefühl von Freiheit und endlich wieder allein sein, tun und lassen zu können, was ihr beliebte.
    Jetzt wünschte sie sich, Marina wäre da, um ihr zu sagen, was das wohl sein könnte. Sie vermisste ihre liebevolle, tröstende Gegenwart, die Geborgenheit in ihren Armen, sicher auch den guten Sex, aber das war das wenigste. Am meisten fehlte ihr einfach Marina selbst. Ihre Stärke, ihr Lächeln, ihr Selbstvertrauen, ihr Humor. Ihre Fähigkeit, jeder Situation etwas Gutes abzugewinnen, sich nicht herunterziehen zu lassen, immer eine Lösung zu finden, eine beruhigende Aussicht auf die Zukunft.
    Das alles hat Marina für mich getan? , fragte sie sich, während ihr diese Dinge durch den Kopf gingen. Sie hat mein ganzes Leben verändert. In einem Augenblick.
    So war es wohl. Silke war dem Leben immer eher ausgewichen, sie wollte sich nicht zu sehr hineinziehen lassen in das, was viele andere als selbstverständlich betrachteten. Es hatte sie nie gestört, nicht immer und überall dabei zu sein.
    Marina schien jemand zu sein, der voll ins Leben hineinsprang, für den es nur ganz oder gar nicht gab. Zuerst wollte sie Silke ganz – und jetzt gar nicht mehr.
    Silke spürte keine Tränen mehr, wenn sie daran dachte. Ihre Augen waren leer und stumpf. Nach Gaby war Marina ihr wie ein hell leuchtender Strahl am Horizont erschienen, aber wahrscheinlich war das nur Gabys Verdienst. Sie hatte Silke jegliche Helligkeit genommen, so dass sie das Funkeln eines Kieselsteins für die Sonne gehalten hatte.
    Kieselsteine statt Diamanten – so kam sie sich jetzt vor. Marinas Augen waren ihr wie Diamanten erschienen, wie strahlende Edelsteine, aber in Wirklichkeit war es nur der Abglanz blankgeputzten Katzengoldes.
    Dieser Blick. Marinas Blick. Er war wie ein Laserstrahl in Silke eingedrungen, hatte sie in ihrer tiefsten Seele berührt, ihr Herz erwärmt. Um es dann kalt zurückzulassen. Warum hatte sie etwas anderes erwartet? So war es doch immer gewesen. Mit jeder Frau.
    Niemand schien mehr zu wollen als die Äußerlichkeiten. Wen interessierte schon, was unter der Oberfläche lag? Auch nur daran zu kratzen war den meisten zu viel Mühe.
    Marina hatte anders gewirkt, aber vielleicht war sie einfach nur eine bessere Schauspielerin.
    Silke lag auf dem Sofa, starrte blicklos in die Luft. Sie hatte die Hälfte der Nächte, seit Marina verschwunden war, hier verbracht. Das Bett erinnerte sie an zu viele zärtliche Stunden. Das Sofa war auch nicht viel besser, schließlich hatten sie oft genug hier Sex gehabt, aber es war immer noch unverbindlicher, nicht so mit Gefühlen überladen. Was für Gefühle? dachte sie für einen Augenblick. Waren da Gefühle?
    Sie konnte sich kaum mehr daran erinnern, weil die Leere jetzt alles überlagerte.
    Auf einmal schrillte die Klingel. Sie schrillte nicht wirklich, sie klang genauso wie immer, aber Silke schoss hoch, als wäre eine Bombe neben ihr explodiert. In ihren Ohren dröhnte es jedenfalls wie ein Kanonenschuss. »Marina!« Sie lachte auf und lief zur Tür. Mit einem Schlag schien die Welt wieder hell und freundlich zu sein.
    »Hör mal, ich wollte dich nur fragen –«
    Silke sank wie eine Marionette ohne Fäden in sich zusammen. »Peter«, sagte sie tonlos.
    Peter betrachtete sie mitleidig. »Es geht dir nicht gut, oder?«
    »Nein, nein.« Silke tat, als wäre nichts. »Alles in Ordnung. Was wolltest du?«
    »Nichts ist in Ordnung«, sagte Peter und folgte ihr in die Wohnung. »Wo ist Marina?«
    Silke zuckte die Schultern. »Woher soll ich das wissen?«
    »Oh je«, machte Peter. »Ich habe mitgekriegt, dass sie in den letzten Tagen nicht hier war, aber ich dachte, sie ist vielleicht auf einer Dienstreise oder so was.«
    »Kann schon sein«, sagte Silke. »Ich weiß nichts davon.«
    »Ihr habt euch getrennt? Warum?«
    »Wenn ich sie sehe, werde ich sie fragen.« Silke ließ

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