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Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Wall
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belästigen. Ich leihe mir ein Fahrrad und radle um die Insel. In der Zeit kannst du deine schmerzenden Teile pflegen.« Sie schielte aus dem Augenwinkel zu Silke hinüber.
    »Also auf ein Fahrrad kriegst du mich nicht«, entgegnete Silke. »Schon gar nicht unter diesen Umständen. Aber ein Ausflug um die Insel, dagegen habe ich nichts.« Sie beugte sich zu Marina. »Und bis heute Abend sind meine schmerzenden Teile bestimmt auch wieder heil«, fügte sie leiser hinzu.

29.
    A ls Silke am nächsten Morgen erwachte, wollte sie eigentlich gar nicht wach werden. Sie wollte weiterträumen. Im Moment fiel es ihr schwer, zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden. Das Leben war traumhaft. Und ihre Träume waren äußerst lebendig.
    Sie öffnete die Augen und drehte den Kopf zu Marina. Die dunklen Haare hoben sich vom Kissen ab, und selbst im Schlaf, ohne jede Anstrengung, konnte man die Muskelstränge unter der Haut erkennen. Sie zeichneten sich ab wie fein ziselierte Reliefs.
    Marina war die Verkörperung eines Traums, den Silke nie gehabt hatte. Silke hatte immer von feenhaften, zierlichen, ätherischen Frauen geträumt. Das war ihr Ideal, ihr Typ. Aber Marina war das Gegenteil davon: groß, stark, bodenständig und in keiner Weise überirdisch.
    Silke lächelte. Sie fühlte sich so geborgen, wenn sie Marina ansah, wenn sie in ihren Armen lag, wenn sie ihre Kraft spürte und die Leichtigkeit, mit der sie jedes Problem als lösbar betrachtete. Silke hatte das nie so gesehen. Ihr kamen die Dinge oft sehr schwer vor, sie steigerte sich sogar in die Unlösbarkeit hinein, bis es wirklich keinen Ausweg mehr gab.
    Sie dachte an den Ausflug, den sie gestern gemacht hatten, wie sie von Dorf zu Dorf gefahren waren, durch die kleinen Städtchen geschlendert, Hand in Hand, wie Kinder eine Tüte Eis in der Hand, die sie genießerisch schleckten. Sie hatten auf Wiesen gelegen und am Strand gesessen, mit nackten Füßen, die das Wasser umspielte, mit Sand zwischen den Zehen.
    Das Leben war wirklich ein Traum. Silke streckte sich. Sie verzog das Gesicht. Als sie gestern zurückgekommen waren, waren sie beide wie Verdurstende übereinander hergefallen. Den ganzen Tag über hatten sie sich nur an den Händen berührt, vielleicht mal ein sanftes Küsschen getauscht, es hatte sich viel in ihnen aufgestaut. Und nun spürte sie das Ergebnis davon, wie sie diesen Stau abgebaut hatten.
    Erneut streckte sie die Arme über den Kopf und lächelte. Diese Nacht war wild gewesen, wild und leidenschaftlich, hart manchmal, weil sie sich beide nicht beherrschen konnten und wollten. Aber es hatte sich gelohnt. Mehr als das.
    Silke musterte mit einem träumerischen Blick Marinas Gesicht, die gerade Nase, den sinnlichen Mund. Diese Lippen hatten ihr mehr Vergnügen bereitet, als sie sich vorher überhaupt hatte vorstellen können. »Ich liebe dich«, flüsterte sie zärtlich. »Ich liebe dich, Marina.«
    Dieses Gefühl, das sie so ganz ausfüllte, wollte sie nie wieder verlieren. Sie wusste jetzt, dass sie zuvor noch nie geliebt hatte. Dieses Gefühl hatte sie nicht gekannt. Sie hatte gedacht, sie wüsste, was Liebe ist, aber da hatte sie sich getäuscht. Sie hatte sich zu Frauen hingezogen gefühlt, für sie geschwärmt, mit ihnen geschlafen, aber Liebe war etwas ganz anderes. Liebe saß tief drinnen und ließ sich dort nicht mehr vertreiben, wollte nur sein.
    Sie hauchte einen Kuss auf Marinas Stirn. Sofort schlug Marina die Augen auf. »He«, sagte sie lächelnd.
    »Selbst he.« Silke lächelte auch. »Endlich ausgeschlafen?«
    »Du denn?« Marinas Hand glitt unter der Decke zwischen Silkes Beine.
    Silke zuckte zusammen und verzog das Gesicht.
    Marina verharrte sofort. »Was ist?«
    »Nichts«, sagte Silke.
    Marinas Hand schob sich höher und legte sich auf Silkes Hüfte. »Doch«, sagte sie.
    »Ach, ich . . .« Silke schluckte und schaute verlegen zur Seite. »Ich bin total wund, und trotzdem möchte ich nichts lieber, als dass du mich anfasst. Es ist, als ob der Schmerz die Lust sogar noch steigert. Ich komme mir sehr verdorben vor.«
    Marina lachte leise. »Dann sind wir beide verdorben. Heute Nacht –«, sie schaute Silke tief in die Augen, »war es wunderschön.« Ihre Mundwinkel verzogen sich schmunzelnd. »Aber vielleicht haben wir es etwas übertrieben. Ich konnte nicht genug von dir bekommen.« Sie hauchte einen Kuss auf Silkes Lippen.
    »Und ich nicht von dir.« Silkes Blick suchte Marinas Gesicht ab. »Ich weiß nicht, was das ist,

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