Nur ein einziger Kuss, Mylord?
er Sie also stören oder zum Niesen bringen, scheuchen Sie ihn um Himmels willen fort.“
Wieder hatte Christiana das beunruhigende Gefühl, als Familienmitglied behandelt zu werden. Lady Braybrook tat alles in ihrer Macht Stehende, damit sie sich nicht fremd vorkam. Sie hatte ihr sogar eines der besten Gästezimmer zugewiesen.
„Aber nein, Madam. Ich liebe Katzen.“
Lady Braybrook lächelte. „Das ist schön. Wie die meisten Männer bevorzugt Braybrook Hunde. Ich muss gestehen, mir ist nie ganz klar geworden, weshalb Frauen Katzen lieben, und Männer, die diese Tiere nicht ausstehen können, Hunde mögen.“
„Das liegt sicher daran“, erwiderte Christiana ohne zu über legen, „dass Katzen nicht so anhänglich sind wie Hunde. Vielleicht bewundern wir Frauen genau diese Unabhängigkeit, die wir selbst kaum je kennenlernen. Tybalt darf gern auf meinem Schoß sitzen, doch es ist er, der mir einen Gefallen tut. Katzen sind Aristokraten. Sie haben Dienerschaft, über die sie gebieten.“ Oh, verflixt, dachte sie sofort. Hätte ich das sagen sollen?
Lady Braybrook brach in entzücktes Gelächter aus. „So habe ich das noch nie betrachtet. Aber es stimmt! Obwohl viele Frauen auch Hunde mögen.“
„Und das liegt daran“, fuhr Christiana fort, ohne sich darum zu kümmern, dass die Unterhaltung viel zu persönlich geworden war, „dass wir Frauen weit anpassungsfähiger sind als Männer und Tiere aus ganz unterschiedlichen Gründen lieben können. Katzen für ihre Würde und Unabhängigkeit, Hunde für ihre Treue.“
„Guten Morgen, Serena. Darf ich euch unterbrechen?“
Christiana erstarrte. Was die Gefahren unbedachten Sprechens anging, so durfte sie das unvermutete Auftauchen des Hausherrn wohl als verdiente Lektion betrachten.
Julians Taktgefühl riet ihm, so zu tun, als habe er den Kommentar über Katzen und Aristokraten nicht gehört, doch es machte ihm Spaß zu sehen, dass er mit seiner Einschätzung richtiggelegen hatte – Serena und Miss Daventry kamen hervorragend miteinander aus.
„Natürlich, mein Lieber.“ Serena lächelte. „Miss Daventry stellte gerade fest, wie ähnlich du und Tybalt euch seid.“
Julian warf einen Blick auf den Kater, der sich höchst unanständig auf Miss Daventrys Schoß räkelte, und kam zu dem Schluss, dass er sich, gleichgültig welche Antwort er auf die Bemerkung seiner Stiefmutter gab, in eine unannehmliche Lage bringen würde. Er beobachtete, wie Miss Daventry den ihr hingebungsvoll entgegengestreckten pelzigen Bauch kraulte, und bemerkte, dass sein Mund trocken wurde. Ihm war nicht klar gewesen, welche Wonnen ein Katzendasein bereithielt.
Miss Daventry nahm natürlich nicht die geringste Notiz von ihm. Allerdings glaubte er zu bemerken, dass eine leichte Röte in ihre Wangen kroch.
„Guten Morgen, Miss Daventry“, sagte er gekränkt. „Sie haben gut geschlafen, wie ich hoffe?“
„Sehr gut, Mylord, danke.“
Höflich. Gesittet. In jeder Hinsicht ihrer Position geziemend. Schweigende Zurückhaltung wahrend, außer wenn das Wort an sie gerichtet wurde. Stets den gebührenden Respekt vor ihren Dienstherren bekundend. Aber hinter der Fassade der Gefügigkeit verbarg sich ein ganz anderes Wesen. Eine Frau, die mit der artigen Miss Daventry nicht das Geringste gemein hatte. Die streitbar war und sich nicht unterordnete. Und die der Katze in einem derart hypnotischen Rhythmus den Bauch knetete, dass es ihm Hitzewellen durch den ganzen Körper jagte. Christiana … Christy. Das war die Frau, die ihn reizte. Er hätte nichts dagegen gehabt, mit Tybalt zu tauschen. Zur Hölle! Julian straffte sich. Wenn Miss Daventry seine Gedanken lesen könnte, würde sie ihm vermutlich die Augen auskratzen.
„Kann ich irgendetwas für dich tun, Julian?“
Serenas Frage traf ihn unvorbereitet, und ihm wurde bewusst, dass er Miss Daventry anstarrte. Verärgert sagte er sich, dass er die Gesellschafterin endlich auf den ihr gebührenden Platz verweisen musste, und wandte sich zu seiner Stiefmutter um.
„Nein. Ich wollte nur sehen, ob es dir gut geht. Ich bin in der Bibliothek, falls du mich brauchst. Schick einfach Miss Daventry“, erklärte er obenhin.
Serena sah ihm fest in die Augen. „Danke, Julian. Aber ich glaube, es ist nicht nötig, Miss Daventry wie einen Laufburschen zu behandeln. Wir sehen dich dann später. Guten Morgen.“
Julian zog sich zurück, bevor er in einen weiteren Fettnapf treten konnte. An allem war ohnehin der verflixte Kater schuld. Nur weil
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