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Nur ein einziger Kuss, Mylord?

Nur ein einziger Kuss, Mylord?

Titel: Nur ein einziger Kuss, Mylord? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ELIZABETH ROLLS
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dass Serena über eigenes Vermögen verfügte? Witwen hatten keinen Anspruch auf ihre in die Ehe eingebrachten Mitgiftgüter. Sie würde mittellos sein, wenn sie sich wiederverheiratete. Er musste diesen Mr. Havergal unbedingt kennenlernen und einige Dinge klarstellen.
    Als Christiana die Ereignisse des Vormittags auf dem Heimweg nach Amberley noch einmal überdachte, hätte sie sich für ihre Unbeherrschtheit verfluchen können. War es nicht genug der Impertinenz, Miss Postleton in aller Öffentlichkeit eine Zurechtweisung zu erteilen? Nein, auch Lord Braybrook gegenüber hatte sie es an Respekt fehlen lassen. Sie musste völlig von Sinnen gewesen sein, ihre Empfindungen so deutlich zu zeigen. Oh, ja, vielleicht nicht mit Worten, aber ihre Miene, ihr Ton hatten zweifellos Bände gesprochen. Sie konnte nur den Kopf schütteln über sich. Da hatte sie eine Stellung inne, deren Vorteile an ein Wunder grenzten, und setzte sie leichtfertig aufs Spiel, indem sie ihren Gefühlen freien Lauf ließ! Es war eine Sache, Nan zu Hilfe zu eilen, aber eine ganz andere, keinen Hehl aus ihrer Verachtung für Miss Postleton und ihren Bruder zu machen. Ganz zu schweigen von ihrem Zorn auf Lord Braybrook.
    Sie war immer noch zornig auf ihn. Und enttäuscht.
    Wieso enttäuscht? fragte sie sich irritiert. Dass sie Zorn verspürte, war verständlich. Aber Enttäuschung? Was hatte sie denn erwartet? Dass es einen reichen, gut aussehenden Aristokraten, der nur auf sein Vergnügen aus war, kümmerte, wie sein illegitimes Kind von der Dorfgemeinschaft behandelt wurde, nachdem die Mutter, seine ehemalige Mätresse, keine Reize mehr für ihn besaß? Oder gar, dass er einer Christiana Daventry das Angebot, seine Mätresse zu werden, aus anderen Gründen als schierer Vergnügungssucht gemacht hatte?
    Christiana stieg über den Zauntritt, von dem aus der Pfad durch den Forst von Amberley zum Herrenhaus führte. Als sie ihre Füße auf der anderen Seite auf den Boden gesetzt hatte, hörte sie plötzlich Hufgetrappel hinter sich und drehte sich um.
    Zu ihrem Erstaunen war es Harry, der auf einem kräftigen Braunen in ihre Richtung geritten kam. Sie wollte schon winken, als er sie bemerkte und hart an den Zügeln zog. Für einen flüchtigen Moment hatte sie den Eindruck, dass sich Erschrecken und Wut in seinen Zügen malten.
    Dann winkte er zurück und setzte sein Pferd wieder in Trab. „Heute ist doch gar nicht dein freier Tag“, sagte er freundlich, als er das Tier neben ihr zum Stehen brachte. „Oder kommst du von einem Besorgungsgang im Dorf zurück?“
    Hatte sie sich nur eingebildet, dass er wütend war? „Letzteres“, erwiderte sie. „Wenn du nicht in Eile bist, könntest du mich ein Stück begleiten. Ich fände es schön, ein bisschen mit dir zu reden.“
    „Oh … äh, nein, besser nicht. Sir John erwartet mich bereits.“ Harry wurde rot, und abermals glaubte Christiana einen Anflug von Ärger in seiner Miene zu erkennen. Dann lächelte er wieder. „Ich melde mich, wenn du das nächste Mal frei hast. Und kommende Woche sehen wir uns ohnehin auf dem Ball – wusstest du, dass ich eingeladen bin?“
    „Ja.“ Sie hatte beim Schreiben der Einladungen geholfen.
    „Macht Braybrook dir Schwierigkeiten?“
    „Absolut nicht.“ Wenn sie je versucht gewesen war, auf sein schändliches Angebot einzugehen, so hatten die Ereignisse dieses Vormittages sie gerade noch rechzeitig gewarnt.
    „Dann ist es ja gut.“ Harry hob grüßend seine Reitgerte. „Bis demnächst also, Christy.“ Er stieß dem Braunen die Absätze in die Flanken und ritt davon.
    Christiana setzte ihren Weg nach Amberley fort. Als sie die Stelle erreichte, an der der Pfad hinter einer scharfen Biegung auf einen weiteren Zauntritt stieß, blieb sie wie angewurzelt stehen.
    Auf der untersten Stufe des Zauntritts saß Alicia – und sah bestürzt zu ihr hoch. Christianas Gedanken überschlugen sich. Kein Wunder, dass Harry verärgert gewesen war! Die beiden mussten sich verabredet haben. Gestern war Alicia zusammen mit Matthew und Emma ins Dorf gegangen. Lady Braybrook hatte es ihr erlaubt. Christiana öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Sie hatte keine Beweise. Es konnte ein Zufall sein. Und wenn sie etwas sagte, würde Alicia nur umso mehr auf der Hut sein.
    „Guten Tag, Miss Daventry.“ Das Mädchen hatte seine Fassung wiedergefunden. „Waren Sie im Dorf, um etwas zu besorgen?“
    Christiana zögerte. „Ja, Stickgarne“, erwiderte sie dann. „Wollen wir

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