Nur ein einziges Mal …
weichen, bis der Sanitäter ihm versicherte, dass alles in Ordnung mit ihr war.
Er wandte sich an den stämmigen Mann, der gerade einen Rest Mullbinde zurück in einen Erste-Hilfe-Kasten legte. „Sollte sie nicht ins Krankenhaus?“
„Abgeordneter Landis?“, rief jemand hinter ihm, der offenbar näher kam. „Nur eine Frage, ehe Sie gehen.“
Gütiger Himmel. Unwillkürlich warf Matthew einen Blick über die Schulter, und der fiel auf eine schick gekleidete Reporterin mit einem Mikrofon in der Hand, den Kameramann mit Galgenmikrofon und Aufnahmegerät direkt hinter sich. Er erkannte die Frau und wusste, dass sie eine sehr ehrgeizige, aufstrebende Journalistin war, die vermutlich eine große Story für den Wahlkampf witterte.
Wie hatte er nur vergessen können, nach der Presse Ausschau zu halten, selbst hier, am frühen Morgen vor einem Restaurant an der Strandpromenade? Fast sein ganzes Leben hatte er als Sohn eines Politikers verbracht. War selbst Kongressabgeordneter von South Carolina. Und jetzt Kandidat für einen Sitz im Senat.
Sein Privatleben privat zu halten, gelang beileibe nicht immer. Aber er würde wenigstens dafür sorgen, das Ashley der Medienrummel erspart blieb. Er hatte sie schon genug verletzt.
Er fuhr herum, doch noch ehe er gesagt hatte, „Kein Kommentar“, hörte er eine Kamera klicken. So viel zu seinem Entschluss, seine Zeit mit Ashley als beendet zu betrachten.
Ashley stand im Krankenhaus unter der Dusche, shampoonierte gründlich ihr nach Ruß und Rauch riechendes Haar und hielt dann den Kopf in den Wasserstrahl. Das Plätschern des Wassers auf die grünen Fliesen erinnerte sie an das Klicken der Kameras ein paar Stunden zuvor. Wenigstens hatten die Sanitäter sie schnell in den Krankenwagen gebracht und die Türen zugeschlagen, ehe irgendwelche Medienvertreter sich an Matthew vorbeidrängen konnten.
Dennoch: Egal, wie lange sie unter dem beruhigenden Wasserstrahl stand, die Verwirrung in ihr konnte sie damit nicht wegspülen. Sie hatte Matthew Landis nur ein paarmal gesehen, und doch hatte er ihr Leben bereits völlig auf den Kopf gestellt.
Hatte er sie schon eine Sekunde zu lang angeschaut, als die Decke verrutschte? Ein Teil von ihr frohlockte über seine ungläubige Miene, besonders nach seinem hastigen Aufbruch am frühen Morgen. Dann kamen ihr quälende Bilder in den Sinn, wie er sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte, um sie zu retten, als sie in der Damentoilette in der Falle saß. Ashley nahm den Waschlappen zur Hand und rubbelte sich gründlich damit ab, damit sie nicht mehr das Gefühl hatte, nach Rauch zu riechen und immer noch Matthews Berührung zu spüren.
Nachdem sie sich abgetrocknet und ein Handtuch um ihr Haar geschlungen hatte, fühlte sie sich etwas besser. Sie schlüpfte in das Nachthemd und den Morgenmantel, die ihre Schwester ins Krankenhaus gebracht hatte, und dachte dabei nur flüchtig an das ruinierte rosafarbene Nachthemdchen. Ja, sie war auf dem besten Weg, das ganze Debakel hinter sich zu lassen. Sie musste sich ohnehin auf wichtigere Dinge konzentrieren – zum Beispiel das abgebrannte Restaurant. Entschlossen öffnete sie die Badezimmertür.
Und blieb wie angewurzelt stehen.
Matthew Landis saß auf dem einzigen Stuhl im Krankenzimmer, die Beine weit von sich gestreckt. Er trug einen frischen grauen Anzug mit einer silbernen Krawattennadel, und sie hätte schwören können, dass die mit dem Wappenbaum von South Carolina – einer Zwergpalme – verziert war. Wie er derart entspannt aussehen konnte – besonders unter den gegebenen Umständen –, war ihr unerklärlich.
Er schien voller Zuversicht und völlig unbeeindruckt davon, dass sie bei dem Feuer durchaus hätten zu Tode kommen können. Das kleine Pflaster auf seiner Schläfe war der einzige Hinweis darauf, dass er in ein brennendes Gebäude eingedrungen war und ihr das Leben gerettet hatte.
Sie verspürte erneut einen Kloß im Hals, als sie daran dachte, was ihm in diesem Feuer alles hätte passieren können. Sie musste auf Distanz zu ihm gehen. Und zwar schnellstens.
In einer Hand hielt er eine langstielige rote Rose. Ashley weigerte sich anzunehmen, dass er die für sie gekauft hatte. Bestimmt hatte er sie aus einem der auf dem Servierwagen und dem Fensterbrett stehenden Sträuße genommen. Er drehte den Stiel zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her. Und was zum Teufel machte er eigentlich noch hier in Charleston, anstatt direkt zum Wohnsitz seiner Familie in Hilton Head
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