Nur ein einziges Wort
nicht von mir beeinträchtigt werden. Meine an dich zu stellenden Fragen und Bedingungen sind eigentlich recht menschlich, auch wenn sie von deiner Seite eventuell die Absegnung durch ‚ihn da oben‘ erfordern.
Die nächsten Tage vergehen wie im Fluge und inzwischen hat der September mit strahlendem Sonnenschein bereits seinen Einzug gehalten. Pünktlich wie versprochen, klingelt zwei Tage später Fabians Handy und Pfarrer Peter Weiler kündigt seinen Besuch in der ‚Bauer Residenz‘ innerhalb der nächsten zwei Stunden an.
Fabian sitzt in Gedanken versunken auf der Terrasse, während Anni und Max einige kleine Köstlichkeiten zum Empfang ihres Gastes vorbereiten. Doch bei beiden entsteht der Eindruck, dass auf Fabian irgendetwas Bedrückendes zu lasten scheint. Er bemüht sich zwar, den beiden nichts anmerken zu lassen, doch gelingt es ihm auch nicht, es vor Anni und Max total zu verbergen. Dafür kennen sie ihn ja zu gut.
Als sein Freund Peter auftaucht, löst sich sein verkrampftes Verhalten um von einem eigentlich mehr gekünstelten Lächeln abgelöst zu werden. Erst nach einer nur schleppend in Gang kommenden Unterhaltung der beiden, versucht der Pfarrer seinem Freund buchstäblich alles Wissenswerte mit geschickt gestellten Fragen zu entlocken.
„Fabian, du weißt, dass ich ein verlässlicher Freund für dich bin. Momentan kann ich jedoch förmlich spüren, dass irgendein Druck auf dir lastet. Bitte rück heraus mit der Sprache. Bestimmt kann ich dir mit einer Lösung deines Problems zumindest eine Hilfestellung leisten.“
Fabian hat sich inzwischen aus seinem Sessel erhoben. Dem Pfarrer den Rücken zukehrend, schweifen seine Augen über das mit Herbstblumen übersäte Grundstück vor ihm. Mit einer, eigentlich für ihn unüblichen Bedächtigkeit dreht er sich um und beginnt seinem Freund ins Gesicht schauend, zu sprechen:
„Peter, du hast wie meistens, auch diesmal recht. Ich habe die letzten beiden Nächte kaum schlafen können, dennoch möchte ich dich und deine ‚ Gottscheer‘ nicht enttäuschen. Hast du dir mal Gedanken darüber gemacht, was mit Stefanie und mir passieren wird, wenn wir mit euch die Überseereise antreten? Stell dir bitte mal bildlich vor, was nach unserer Ankunft geschehen wird! Alle deine Leute werden von ihren Angehörigen und Freunden herzlich begrüßt, dessen bin ich mir sicher. Sie werden, genau wie von dir beschrieben, von ihren Gastgebern aufgenommen und in deren Familien untergebracht werden. Stefanie und ich sind aber für diese Leute doch totale Außenseiter.
Nachdem das alles geschehen ist, werden nur noch zwei fremde Lebewesen, nämlich meine Tochter und ich im Raum wie bestellt und nicht abgeholt sitzen bleiben. Meine ‚Wette‘ mit dir ist genau das Eintreten dieser Situation und ich bitte dich höflich aber bestimmt, keinen Einfluss deinerseits auf alle Anwesenden walten zulassen. Darf ich dich bei dieser Gelegenheit auch bitten, keinen dieser Leute wissen zu lassen, wer wir, ich meine damit Stefanie und mich, eigentlich sind. Mitleid ist übrigens das Letzte, was meine Tochter und ich gebrauchen können. Kommt es hart zu hart, können wir immer noch in einem Hotel unterkommen und ich habe unsere ‚Wette‘ gewonnen.
Nimmt uns jemand auf, aber bitte ohne deine Hilfestellung, und lässt uns die Festtage in seiner oder deren Familie verbringen, bist du der Gewinner. Also meine Antwort, die ich dir jetzt verbindlich gebe, ist ein klares „Ja“. Nur so können wir den Gewinner ermitteln, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es sein werde. Zwar nicht erfreulicherweise aber dennoch werde ich als Sieger hervorgehen, denn selbst in deiner großmütigen Beschreibung der ‚ Gottscheer‘, werden sie nicht anders als alle anderen, die ich kenne, reagieren. Warum sollten sie auch, das Leben ist hart und brutal und ich will dir beweisen, dass es dabei keine Ausnahmen gibt. Du als Pfarrer solltest ja eigentlich in der Lage sein, dies alles viel besser als ich beurteilen zu können. Schließlich lasse ich ja nur meinen gesunden und klaren Menschenverstand walten.
Also, von dem Moment unserer Ankunft in Kanada tritt unsere Abmachung in Kraft. Vielleicht bin ich bei me inem Vorgehen ein wenig unfair meinem Töchterlein gegenüber, aber es strahlt auch einen besonderen Reiz aus, einmal am eigenen Leib zu verspüren, wie die Menschen im normalen Leben auf eine solche Situation reagieren werden. Abgemacht?“
„Fabian, du bringst nicht nur mich sondern auch alle
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