Nur ein einziges Wort
du jetzt darauf reagieren wirst. Auch ist es mir nicht entgangen, dass du dem Kind das Recht verweigerst, nur den Namen ‚Mama‘ in den Mund zu nehmen. Glaube mir, ich kann mir sehr gut den Schmerz vorstellen, den es in deinem Herzen entfacht. Deshalb möchte ich dich nun bitten, mir ruhig und besonnen zuzuhören. Es sollte auch dir klar sein, dass es dir nicht gelingen kann oder wird, die kleine Stefanie in einem goldenen Käfig zu erziehen.“
Fabian hat bisher nicht ein einziges Wort gesprochen, doch augenblicklich verfärbt sich seine Gesichtsfarbe. Zusehends wird er kreidebleich und wie es scheint, versucht er nun seine Gegenargumente vorzubringen. Doch die passenden Worte fehlen ihm einfach oder scheinen nicht seinem Mund entweichen zu wollen. Außerdem, wie es scheint, hat Pfarrer Peter Weiler sein Gespräch noch nicht abgeschlossen. Total erregt, wühlt er in einem bunten Prospektstapel auf seinem Schreibtisch herum, bis er endlich das Gesuchte gefunden hat.
Mit einem gewissen Stolz hält er eine farbige Broschüre, die Titelseite Fabian zugekehrt, vor sich. Mit übergr oßen Buchstaben bedecken nur einige Worte mehr oder weniger die gesamte Vorderseite:
„Unser diesjähriges ‚ Gottscheer-Treffen‘ im Dezember in Kitchener/ Kanada.“
Peter Weiler, die Broschüre immer noch in beiden Händen haltend, schaut sein Gegenüber vielsagend an:
„Fabian, deine Gabi war, wie so manche hier in Ebenthal, Klagenfurt und rund um den Wörthersee eine Gottscheerin. Dir ist genau so bekannt wie mir, dass diese ehrbaren und tüchtigen Menschen während oder besser ausgedrückt, bei Beginn des unseligen ‚Zweiten Weltkrieges‘ aus ihrer angestammten Heimat ‚Gottschee‘ in Slowenien ausgesiedelt wurden. Viele von ihnen sind über Österreich als auch Deutschland nach Kriegsende nach Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika weitergezogen und haben dort eine neue Heimat gefunden. Sicherlich hast du schon davon gehört, dass unsere ‚Gottscheer Leute‘ hier aus der Wörthersee Gegend dieses Jahr planen, ihre Angehörigen und Verwandten über die Weihnachtsfesttage in Kitchener, einer mittelgroßen Stadt in Ontario in Kanada zu besuchen. Dort möchten sie dann mit ihren lieben Verwandten, Freunden oder auch nur Bekannten die diesjährigen Festtage verbringen.“
Fabian hat seinem alten Freund andächtig zugehört, bevor er ihm die Frage stellt:
„Peter, das ist bestimmt nicht der Grund, was du mir sagen wolltest und warum du mich zu dir hierher gebeten hast! Also raus mit der Sprache; wo drückt dich der Schuh?“
Nur kurz nachdem der Pfarrer die Broschüre zur Seite gelegt hat, schaut er irgendwie erleichtert seinen Freund an, ja seinem Gesicht entschlüpft sogar ein breites Grinsen. Warum gerade dieses Lachen auch Fabian a nsteckt, darüber ist er sich selbst nicht im Klaren aber innerhalb der nächsten Minute brechen beide Männer in ein herzhaftes und befreiendes Lachen aus. Jedenfalls sieht es fast so aus als hätten sie was Lustiges erlebt oder jemand hätte ihnen einen guten Scherz erzählt.
Erst nachdem die Sekretärin des Pfarrers aufgeschreckt von dem lauten und ansteckenden Lachen der beiden, zaghaft an die schon halboffene Tür klopft, bemüht sich der Pfarrer seinem Gesicht einen ernsteren Ausdruck zu verleihen.
„Fabian, ich weiß, es ist zwecklos dir etwas vorzugaukeln. Deshalblasse ich Dich auch nicht länger im Dunkeln tappen. Ja, mich drückt nicht nur ein Schuh, ehrlich gesagt, beide. Zu was ich dich nun überreden möchte, ist eine Lösung und zwar nicht nur für Stefanie, sondern mehr ein Vorschlag den auch du nicht von der Hand weisen kannst. Wie ich dir schon zu Beginn unseres Gespräches andeutete, kannst und sicherlich willst du auch nicht Stefanie in einem ‚goldenen Käfig‘ aufwachsen lassen.
Kurzerhand, ich möchte dich und dein Töchterlein dazu bewegen und einladen mit unserer ‚ Gottscheer‘ Gruppe über die Weihnachtsfeiertage nach Kanada zu kommen, damit auch Stefanie mit den Leuten zusammengebracht wird, die nicht nur mir sondern auch deiner Gabi so viel bedeuteten.“
Sichtlich erschreckt von der Idee seines Freundes, blickt Fabian ihm fast ungläubig in die Augen:
„Peter, nun sag mir mal um Himmels willen, was dich auf diese Idee gebracht hat. Aber erzähle mit bitte nicht, dass es eine Eingebung deines ‚Bosses‘ von oben war.“
Des Pfarrers Gesicht strahlt erneut ein breites Grinsen aus:
„Oh nein, ich weiß worauf du anspielst aber glaube es
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