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Nur ein einziges Wort

Nur ein einziges Wort

Titel: Nur ein einziges Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Brast
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Königs angekommen, steht er momentan noch im Hausflur der ‚König Residenz‘. Anscheinend hat man vergessen oder möchte vermeiden, ihn in den Wohnbereich einzuladen. Erst als Stefanie in etwas zu groß geratenen Hausschuhen aus dem Obergeschoss die Treppe hinuntersteigt , nimmt Tatjana neben ihm Aufstellung, um sie gleichzeitig mit weit ausgebreiteten Armen auf den letzten drei Treppenstufen aufzufa ngen. Immer wieder streichelt das Kind zärtlich über Tatjanas Wangen und Haare. Eigentlich ist alles, was er sich in den letzten Jahren erhofft und erträumt hat, nun über Nacht wahr geworden. Dennoch hat sich seine bisherige Anschauung und Einschätzung der sich vor ihm abspielenden Situation total verändert.
    Jetzt, gerade in diesem Moment, wo sich das von ihm so sehnlichst Erhoffte, nämlich die Liebe und Geborge nheit für sein Kind erfüllt, befällt ihn etwas, was man normalerweise schlicht und einfach als Eifersucht bezeichnet.
    Mit gekünstelter Miene lacht er Tatjana und sein kleines Töchterlein an. Immerhin ist er noch von dem Gefühl beseelt, dass man ihn wie einen Regenschirm im Hausflur abgestellt hat. Erst als Elisabeth König plötzlich vor ihm steht, um ihn ins Haus zu bitten, erwacht er aus seiner Lethargie. Dabei schaut sie mit nicht übersehbarem Ausdruck im Gesicht auf seine vom Schnee durchnässten Schuhe und dabei fast gleichzeitig auf die gummierte Abstellmatte neben der Türe, auf welcher sich bereits einige Paare abgestellter Winterschuhe befinden.
    Jetzt endlich begreift er, warum bereits im Pfarrhaus die beiden Geistlichen in Hausschuhen oder auf Strümpfen herumlaufen. Hatte er doch vor nicht allzu langer Zeit in einer Broschüre gelesen, dass es in Kanada üblich sei, nach dem Betreten eines Hauses seine nassen Schuhe abzustreifen und gegen die meist angebotenen Hausschuhe zu tauschen, notfalls aber auf Socken oder Strümpfen die Wohnräume der Gastgeber zu betreten.
    Hastig streift er seine schneebedeckten Winterstiefel ab und folgt Elisabeth in das an den Hausflur angrenze nde Wohnzimmer. Doch hinsetzen möchte er sich nicht. Mit sorgfältig ausgewählten Worten bedankt er sich vielmehr nun bei der älteren Dame für die großzügige Aufnahme und Bewirtung Stefanies in ihrem Haus. Gleichzeitig fragt er nach seiner Schuldigkeit, denn schließlich gewähren Mutter und Tochter ja dem Kind nicht nur Unterkunft, sondern beide versorgen und verwöhnen das Kind als wäre es ihr eigenes.
    „Fabian, das ‚Danke schön‘ nehme ich gerne an, aber bitte fragen sie niemals mehr, wie sie uns entschädigen können oder wollen. Es bereitet Tatjana und mir nicht nur eine große Freude, sondern es ist für uns auch eine Ehrensache, mal wieder so ein liebes und großartiges Kind im Haus zu haben. Um es ihnen mal geradeheraus zu sagen, werde ich das Gefühl nicht los, wieder mindestens dreißig Jahre jünger zu sein. Ich bin mir ganz s icher, dass meine Tochter Tatjana diesbezüglich nicht anders denkt.“
    Mit Erleichterung bemerkt Fabian, dass seine anfängliche Nervosität und besonders seine Eifersucht schlaga rtig wie weggewischt sind. Die ‚Grand Dame‘ Elisabeth hat es mit Bravour geschafft, seine aufgewühlten Gefühle mit gekonntem Einfühlungsvermögen wieder zu beruhigen. Nur wenige Minuten später gesellen sich Tatjana und seine kleine Stefanie zu den Beiden.
    Während Stefanie mit überschäumendem Herzen ihrem Vater beizubringen versucht, wie sehr sie von ihrer neuen ‚Omi‘ und auch ‚Tante Tatjana‘ verwöhnt wird, steht diese geradewegs hinter ihr. Ihre beiden Hände ruhen auf den schmalen Schultern des Kindes als sie Fabian fragt, ob es in Ordnung sei, dass sie das ihr anve rtraute Mädchen heute in ihrer Obhut behalten darf, denn sie möchte mit ihr einige ihrer Freundinnen besuchen, denen sie dann gleichzeitig mit einem gewissen Stolz Stefanie vorstellen möchte.
    Ohne den geringsten Einwand stimmt der vorhin mit noch so verstrickten Gefühlen verirrte Fabian ihrem Wunsch zu, da auch er einige Angelegenheiten zu besorge habe, die eigentlich keinen Aufschub duldeten. Was er Tatjana da gerade erzählt, entspricht zwar nicht ganz seinen eigentlichen Vorstellungen, denn er hatte sich ja noch in Ebenthal fest vorgenommen, dass wenn sie in Kanada seien, er jede freie Minute gemeinsam mit seinem geliebten Kind verbringen wolle.
    Andererseits liegt es ihm aber im Moment fern, Tatjana oder gar Elisabeth zu vergraulen, indem er ihnen zwar sein Kind anvertraut, es ihnen aber wieder

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