Nur ein einziges Wort
Wollschal und auch ihre Handschuhe sind verschwunden. Es ist, als hätte Tatjana jemand einen Strick um den Hals gezogen. Sie ist nicht Mal mehr in der Lage ihre Mutter zu verständigen, denn kein Ton kommt über ihre Lippen. Sie versucht nachzudenken, versetzt sich in die Lage des Kindes und dann rennt sie so schnell sie kann , die Treppen hinunter in die Garage. Im Vorbeilaufen deutet sie ihrer verdutzt dreinschauenden Mutter an, dass Stefanie verschwunden ist.
‚Wohin kann das Kind sich in dieser eisigen Kälte begeben haben‘? Sie weiß, der einzige Weg den Stefanie kennt, ist der Weg stadteinwärts, den sie jetzt einschlägt. Unverzüglich und ohne weiteres Nachdenken biegt sie in die ‚Weber Street‘ ein, hat schon fast die ‚St. Mary’s‘ Church in ihrem Gesichtsfeld, als sie die kleine Stefanie schnellen Schrittes in die Richtung der Kirche eilen sieht. ‚Lieber Gott ich danke dir‘.
Auf der Höhe des zügig schreitenden Kindes angekommen, stoppt sie, trotz laufenden Motors springt sie aus dem stehenden Auto, rennt zum Bürgersteig und umarmt das zierliche Mädchen.
„Stefanie, wo willst du hin, du kannst doch nicht so einfach in dieser eisigen Kälte davonlaufen. Du könntest ja erfrieren!“
Trotz dieser außergewöhnlichen Situation dreht das kleine Mädchen fast bedächtig ihren Kopf und schaut Tatjana mit ihren blitzblauen Augen an:
„Tante Tatjana, nachdem du mir heute Morgen gesagt hast, dass du Angst hast, dass mein Papa dich vielleicht gar nicht liebt, wollte ich nur zur Muttergottes in die Kirche. Du hast mir doch vorgestern erst gesagt, dass man zur Muttergottes gehen soll, weil die immer jedem hilft, der in Not ist. Nun will ich ja nur zu ihr, um sie zu bitten, dass alles wahr wird, was ich heute Nacht geträumt habe. Nämlich, dass mein Papa und du Mann und Frau werdet und ich endlich auch eine richtige Mama bekomme.“
Nur mit Mühe kann Tatjana ihre Tränen zurückhalten:
„So Stefanie, jetzt fahren wir erst zur ‚St. Mary’s‘ und du kannst für deinen Papa und auch für mich beten. Danach, auf dem Nachhauseweg erzähle ich dir etwas, was eigentlich nur für die Ohren deines Papas bestimmt sein sollte. Abgemacht?“
„Ja Tante Tatjana, abgemacht und ‚Großes Ehrenwort‘.“
Nach ihrem gemeinsamen Gebet in der Kirche und als sie wieder in der anheimelnden Wärme in Tatjanas Wagen sitzen, fährt diese nicht sofort los. Vielmehr startet sie nur den Motor, um die von außen eindringende Kälte abzuwehren.
„Mein süßer kleiner Schatz, du weißt genau wie ich, wie sehr ich dich in mein Herz geschlossen habe. Aber du bist nicht allein diejenige, die es in Beschlag genommen hat. Sondern mit dir kommt noch jemand, den ich g enau so lieb habe wie dich, deinen Papa. Du und ich, wir beide werden ihn nie wieder hergeben. Wenn er mich so liebt wie ich ihn, kann uns keine Macht der Welt mehr auseinander bringen. So, jetzt habe ich dir das gesagt, was ich eigentlich erst deinem Papa ganz allein sagen wollte. Für uns beide gilt es jetzt nur, gemeinsam zu beten und zu hoffen, dass der liebe Gott ihn uns gesund und munter zurückbringt.“
Freudentränen in den Augen der einen, ein strahlendes Lächeln im Gesicht der anderen, sind das Ergebnis und glückliche Ende einer kurzen aber schmerzhaften Zeitspanne.
„Tante Tatjana, ich war heute Morgen so unglücklich, weil mein Papa mir vor seinem Abflug das gleiche wie du gesagt hast, aber leider darf ich es dir nicht sagen,“ dabei hält sie ihre kleinen Kinderhände kreuzweise über ihren Mund, „weil ich meinem Papa mein ‚Großes Ehrenwort‘ gegeben habe.
Kapitel 19: Im Dschungel von Peru
Der Bell ‚Jet Ranger‘ Helikopter mit dem erfahrenen Piloten Marcus Dallmeier an den Kontrollhebeln steigt sehr schnell aufwärts, da er als einziges Gewicht nur den Piloten und seinen einzigen Fluggast Fabian Bauer zu transportieren hat.
Immerhin liegt der ‚Jorge Chavez International Airport‘ in Lima nur vierunddreißig Meter über dem Meere sspiegel. Doch des ‚Jet Rangers‘ eigentliche Leistungsfähigkeit kann er erst in etlichen Minuten ausspielen, nämlich dann, wenn er auf eine stolze Höhe von rund viertausend Metern klettern muss. Da des Hubschraubers realistische Servicehöhe etwas über viertausendeinhundert Metern liegt, nimmt naturgemäß mit der Steighöhe die Auftriebskraft der Rotorblätter drastisch ab, weil die Luft in dieser Höhenlage dünner ist und damit die Tragfähigkeit des Hubschraubers enorm
Weitere Kostenlose Bücher