Nur ein galantes Abenteuer?
trinken. Dabei redeten sie über Faustkämpfe und Pferderennen, spekulierten, wie lange man Bonaparte auf Elba würde festhalten können, und amüsierten sich über den neuesten Klatsch aus London. Die Zeit verging wie im Fluge, und es war bereits Nachmittag, als sie sich vom Tisch erhoben.
„Haben Sie Lust, einen Spaziergang mit mir zu machen?“, erkundigte sich Freddie bei Caroline, als sie in die Eingangshalle traten. „Sicher haben Ihre Brüder anderes zu tun …“
„Ein Wink mit dem Zaunpfahl“, bemerkte Nicolas belustigt. „Komm, Tom, wir sind nicht mehr erwünscht. Wir spielen besser eine Partie Billard.“
„Haben Sie sich inzwischen ganz von dem Schock erholt, den der Ballonabsturz verursacht hat?“, fragte Freddie besorgt, als er mit Caroline aus dem Haus ging und sie auf die Gartenlaube mit den Rosen zuwanderten. „Leider sind Sie um Ihren Flug betrogen worden.“ Er sprach nicht von ihrer Begegnung bei Almack’s, denn er ahnte, dass sie darauf mit Scheu reagieren würde.
„Das spielt keine Rolle“, versicherte Caroline. „Natürlich möchte ich nach wie vor in die Lüfte steigen, aber meine ganze Sorge galt Tom. Ich bin froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Ich kann nicht begreifen, wieso jemand Tom oder mir oder Ihnen so etwas antun wollte.“
„Es galt wohl eher mir, denn der Tausch hat ja erst in letzter Sekunde stattgefunden. Das Seil muss davor angeschnitten worden sein.“
„Haben Sie eine Vorstellung, wer das getan haben könnte?“
„Nein, überhaupt keine“, erklärte Freddie. „Aber ich war nicht untätig. Ich verspreche Ihnen, die Wahrheit herauszufinden.“
Caroline nickte. „Sie erreichen alles, was Sie sich vornehmen, nicht wahr?“ Sie wurde rot und senkte den Blick, als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte.
„Caroline …“, begann er. „Sie müssen mir jetzt keine Antwort geben, aber ich …“
Ein Schrei, der vom Haus kam, unterbrach ihn. Nicolas rannte über die Wiese zu ihnen.
„Es tut mir leid, zu stören, aber Caroline muss sofort kommen. Großvater hat eine Art Anfall und will sie umgehend sprechen.“
„Oh, nein!“ Ängstlich blickte sie Freddie an. „Verzeihen Sie, Sir. Können wir ein andermal weiterreden?“
„Selbstverständlich“, versicherte er. „Gehen Sie zu Ihrem Großvater, Caroline. Ich komme morgen wieder, um mich nach ihm zu erkundigen, und vielleicht können wir dann reden.“
„Danke“, sagte sie und lief mit klopfendem Herzen auf das Haus zu. In den letzten Tagen hatte der Marquis ihr wahre Zuneigung gezeigt. Der Gedanke, ihn nun möglicherweise zu verlieren, machte sie sehr unglücklich.
Nicolas entschuldigte sich nochmals bei Sir Frederick für die Unterbrechung und verabschiedete sich von ihm. Er sah, wie der Gast auf die Stallungen zuging, um die Pferde vor seinen Phaeton schirren zu lassen. Nicolas eilte ins Haus. Er war sich sicher, dass Sir Frederick seiner Schwester einen Antrag hatte machen wollen, und hoffte, dass es geschehen war, bevor er Caroline gerufen hatte.
Der Arzt war noch bei Lord Bollingbrook, als Caroline eintrat. Lächelnd winkte er sie näher, bedeutete ihr jedoch, leise zu sprechen.
„Seine Lordschaft schläft, Miss Holbrook. Ich habe ihm ein Beruhigungsmittel gegeben.“
„Er wird doch nicht etwa sterben?“, erkundigte Caroline sich ängstlich.
„Es war ein glücklicher Zufall, dass ich gerade hier war“, antwortete Dr. Harris . „Ich glaube, es war nur ein leichter Schlaganfall, von dem er sich vermutlich in ein paar Tagen erholt. Aber die kommenden Stunden sind entscheidend. Er muss sich ausruhen und darf sich unter keinen Umständen aufregen. Sie müssen allerdings darauf vorbereitet sein, dass es wieder passieren kann, und dann kann ich für nichts garantieren …“
„Ich verstehe“, sagte Caroline und betrachtete ihren schlafenden Großvater. „Es ist seltsam, aber er ist mir nie alt vorgekommen. Er wirkt immer so vital.“
Dr. Harris warf ihr einen aufmunternden Blick zu. „Verzagen Sie nicht, Miss Holbrook. Er kann schon noch einige Jahre leben.“ Er zog seine Taschenuhr aus der Westentasche und warf einen Blick darauf. „Ich muss noch einen weiteren Hausbesuch abstatten. Aber wenn Sie mich brauchen, zögern Sie bitte nicht, nach mir rufen zu lassen.“
„Vielen Dank, Sir. Das ist sehr freundlich von Ihnen.“
Caroline nahm auf einem Stuhl neben dem Bett Platz. Die rechte Hand ihres Großvaters lag auf der Decke. Sie streichelte sie und überlegte, was er ihr
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