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Nur ein Gerücht

Titel: Nur ein Gerücht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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Gründen.  Etwas Tödlicheres als diesen Text gibt es mit dieser Vorgeschichte wohl kaum. Bald ist mein Wartezimmer ganz leer.« Dies wäre der richtige Moment gewesen, um ihr von Melanie und damit auch von den Vorkommnissen auf dem Bungehof zu erzählen. Ich wusste jedoch aus Erfahrung, dass Informationen bei Karen nicht gut aufgehoben waren. Sie hatte früher schon in jede Schwachstelle hineingetreten, und ich nahm nicht an, dass sich ihr Charakter entscheidend geändert hatte.
    »Da kann man nicht viel tun«, sagte ich deshalb lahm und kraulte dem Pferd, das unruhig zu werden begann, die Nüstern.
    »Da irrst du gewaltig! Gerade eben habe ich Nadine bei der Polizei angezeigt.«
    Jetzt war ich diejenige, deren Augen sich weiteten. Ich war wie vor den Kopf geschlagen. »Bist du verrückt geworden, Nadine da mit hineinzuziehen? Meinst du nicht, dass du ihr schon genug angetan hast?«
    Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das waren dumme Kindereien, nicht der Rede wert.«
    »Ich hoffe, dass du in deiner Praxis bessere Diagnosen stellst«, sagte ich kalt. »Und jetzt lass mich in Ruhe!« Ich zog das Pferd ein Stück von ihr fort und stieg wieder auf.
    Entschlossen stapfte sie mir hinterher, um mit einem schnellen Griff einen Zügel in die Hand zu bekommen. »Seit sie hier in der Gegend aufgetaucht ist, sind merkwürdige Dinge geschehen. Niemand sonst kommt in Frage. Ich will nur ihre Adresse! «
    »Karen, du spinnst, wenn du mich fragst, und jetzt sieh zu, dass du verschwindest.«
    »Ohne Nadines Adresse verlasse ich diesen Hof nicht.« 
    »Dann hoffe ich, dass du viel Zeit mitgebracht hast.«
    »Meinst du, dem Ansehen deines Hofes ist es förderlich, wenn ich dir die Polizei auf den Hals hetze? Denen wirst du ihre Adresse sagen müssen.«
    »Karen, du hast die Falsche in Verdacht. Wenn Nadine dir hätte schaden wollen, dann hätte sie das seit damals längst tun können. Glaubst du allen Ernstes, sie hat so lange gebraucht, um sich eine Schmiererei für deine Hauswand auszudenken oder das mit der Anzeige auszuhecken? Das ist lächerlich.« Sekundenlang schien sie verunsichert zu sein. Hinter ihrer in Falten gelegten Stirn konnte ich es arbeiten sehen. »Du stellst also nicht in Frage, dass sie ein Motiv hat.«
    Unwirsch schüttelte ich den Kopf. »Ein Motiv hätte ich auch. Vielleicht solltest du aber mal nach einem etwas aktuelleren suchen. So wie ich dich kenne, wird es nicht gerade wenige Menschen geben, die sich nur zu gerne an dir rächen wollen.«
    »Meine Intuition sagt mir, dass Nadine etwas damit zu tun hat.«
    »Und ich sage dir, dass du damit falsch liegst.«
    »Findest du diese Parallelen nicht merkwürdig?«, fragte sie lauernd.
    Ich stieß genervt die Luft aus der Nase. Also hatte Rieke Lohoff sie tatsächlich angerufen und ihr von dem anonymen Brief und allem anderen erzählt. Wie hatte ich nur annehmen können, sie würde es verschweigen? »Rieke Lohoff, habe ich Recht?« Das Pferd tänzelte auf der Stelle und brachte Karen dazu, etwas auf Abstand zu gehen.
    Irritiert sah sie zu mir auf. »Rieke Lohoff? Den Namen habe ich schon einmal gehört. Warte ...« Sie dachte nach. »Ist das nicht eine Journalistin?«
    Ich nickte.
    »Die hat mehrfach bei mir angerufen und um ein Gespräch gebeten. Was ist mit ihr?«
    »Hast du nicht mit ihr gesprochen?«
    »Ich habe weiß Gott Wichtigeres zu tun im Moment.«
    »Woher weißt du dann von den Parallelen?«, hakte ich nach. »Von Melanie natürlich.«
    »Melanie selbst hat dir davon erzählt?« Mit Schwung sprang ich vom Pferd. »Was genau hat sie gesagt?«
    »Dass Udo Opfer einer Verleumdung geworden ist. Ihm ist unterstellt worden, seine eigenen Töchter und Schülerinnen missbraucht zu haben. Irgendjemand hat dieses Gerücht in die Welt gesetzt und ... «
    »Woher willst du wissen, dass es ein Gerücht war?«
    »Schon vergessen?«, fragte sie süffisant. »Ich habe Udo gekannt. Er hätte nie im Leben Kinder missbraucht.«
    Ich lachte bitter. »Ich habe Udo auch gekannt. Er hätte jede Gelegenheit ergriffen, um Macht über andere auszuüben. Bei Schwächeren hat es ihm besonders viel Spaß gemacht.«
    »Du bist ja widerlich!« Sie verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse. »Nur weil du ihn nicht mochtest, soll er ein Kinderschänder gewesen sein? Weißt du nicht, wie leicht es ist, den Ruf eines unbescholtenen Menschen zu zerstören?«
    »Glaub mir, das weiß ich, Karen. Und deshalb werde ich dir Nadines Adresse nicht geben. Ich werde dir nicht helfen, ihren

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