Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nur ein Gerücht

Titel: Nur ein Gerücht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
Vom Netzwerk:
meinem Leben haben.«
    »Aber du wärst dein eigener Herr ... «
    Mit einem frechen Grinsen kam er auf mich zu. »Sag mal, Carla, willst du mir deinen Hof aufschwatzen?«
    »Quatsch!«
    »Da hättest du auch keine Chance. Selbst wenn ich es wollte - mein Großvater würde mich hier nie ans Ruder lassen. Er ist der festen Überzeugung, ich könne nicht mit Geld umgehen. Dabei bin ich nur großzügig.«
    »Was für ein, schöner Charakterzug!«
    Auf dem letzten Stück bis Lütjenburg gemahnte ich mich zur Ruhe, nachdem zwei riskante Überholmanöver meinen Adrenalinspiegel dermaßen in die Höhe getrieben hatten, dass mein Puls verrückt spielte. Wenn ich jetzt gegen einen Baum fuhr, würde ich allein Hans Pattberg in die Hände spielen.
    Mit dem Vertrag in der Hand nahm ich jeweils zwei Stufen auf einmal und rannte die Treppe in den zweiten Stock, wo sich Ulf Neuperts Kanzlei befand. Nachdem ich mich bei der Sekretärin angemeldet hatte, brachte sie mich sofort zu ihrem Chef. »Das sind mir die liebsten Klienten«, sagte er bei meinem Eintreten mit Blick auf seine Armbanduhr. »Erst drängeln und dann zu spät kommen.«
    »Tut mir Leid.«
    Er kam um seinen Schreibtisch herum, gab mir die Hand und wies auf eine Sitzgruppe. »Setzen Sie sich bitte.«
    Am Telefon hatte ich ihm bereits skizziert, worum es ging, deshalb reichte ich ihm ohne große Erklärungen den Vertrag und ließ mich auf der vorderen Kante eines Sessels nieder.
    Er setzte sich mir gegenüber. »Dann schauen wir mal ...« Während er unter Zuhilfenahme seines Zeigefingers konzentriert Seite für Seite durchging, hatte ich Gelegenheit, ihn in Ruhe zu betrachten. Seine Stimme hatte mich am Telefon glauben machen, ich hätte es mit einem Mann mittleren Alters zu tun. Er bewegte sich jedoch mit Sicherheit auf das Ende seines sechsten Jahrzehnts zu. Sein schütteres, schlohweißes Haar und unzählige Altersflecken im Gesicht und auf den Händen ließen ihn sogar noch älter wirken. So, wie er sich bewegte und sprach, strafte er sein Aussehen allerdings Lügen.
    »So, Frau Bunge«, begann er, als er mit dem Lesen fertig war, »jetzt geben Sie mir noch einmal genau Ihr gestriges Gespräch mit Herrn Pattberg wieder.«
    Ich tat, wie mir geheißen, und fragte ihn schließlich: »Kann er mir tatsächlich kündigen?«
    »Das kann er nicht. Einmal abgesehen davon, dass eine solche Kündigung in jedem Fall der Schriftform bedarf, haben Sie ihm keinerlei Anlass geliefert.«
    »Und was ist mit diesem sittenwidrigen Verhalten?«
    »Lächerlich. Um sich heutzutage sittenwidrig zu verhalten, müssten Sie schon mit Ihrem Liebsten mittags um zwölf auf einem belebten Marktplatz in einem höchst ausgefallenen Liebesspiel versinken. Vor fünfzig Jahren hätte noch ein simpler Ehebruch genügt. Jemandem die Meinung zu sagen hat allerdings noch nie gegen die guten Sitten verstoßen. Das Bürgerliche Gesetzbuch ist zwar uralt, aber ein offenes Wort wurde auch zu dem Zeitpunkt, als es aus der Taufe gehoben wurde, vom Durchschnittsbürger nicht als anstößig empfunden.«
    »Also kann er nichts tun?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Tun kann er eine Menge, aber die Frage ist, ob er damit durchkommt.«
    »Was raten Sie mir also?«
    »Warten Sie in Ruhe ab. Wenn überhaupt noch etwas von ihm kommt, setzen Sie sich wieder mit mir in Verbindung.« Er reichte mir den Vertrag zurück.
    »Und ich muss der Kündigung nicht widersprechen?« Mit einem Kopfschütteln erhob er sich aus seinem Sessel. »Seine mündliche Kündigung ist wirkungslos, also besteht kein Grund, ihr zu widersprechen.«
    Ich tat es ihm gleich und stand auf. »Danke, dass Sie Zeit für mich hatten.«
    Er begleitete mich zur Tür. »Auf Wiedersehen, Frau Bunge.« Sein aufmunterndes Lächeln verfehlte seine Wirkung nicht, ich fühlte mich erleichtert. »Auf Wiedersehen«, sagte ich weit gelöster, als ich ihn begrüßt hatte. Trotzdem hoffte ich, dass es kein Wiedersehen mit ihm geben würde.

4
    B asti erwies sich nach nur wenigen Tagen auf dem Bungehof als würdiger Nachfolger seines Vorgängers und entlastete mich nach Kräften. Mein Verdacht, er wolle mich damit entbehrlich machen, hatte sich noch nicht vollends in Luft auf­ gelöst, war jedoch weit in den Hintergrund getreten.
    Der Schreck, den mir sein Großvater versetzt hatte, saß nur allerdings immer noch in den Knochen. Es verging kein Tag, an dem ich nicht damit rechnete, im Briefkasten oder im Büro sein Kündigungsschreiben vorzufinden. Ich kannte Hans

Weitere Kostenlose Bücher