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Nur ein Gerücht

Titel: Nur ein Gerücht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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was ist an einem Nein so schwierig?
    »Ist dir neun Uhr recht? In dem kleinen Café am Marktplatz in Lütjenburg?«
    »Okay«, antwortete ich widerstrebend. Hätte ich eine Ahnung von den Folgen dieser Verabredung gehabt, hätte ich mich nie darauf eingelassen.
    In der Rückschau würde ich mich noch lange an diesen Morgen erinnern. Es war Samstag, und ich hatte mich zum Frühstücken auf die Steine gesetzt. Ich genoss ganz bewusst den beruhigenden Anblick des Meeres, als ich mich von einer Sekunde auf die andere beobachtet fühlte. Blitzschnell schaute ich mich um, konnte jedoch niemanden entdecken - der Strand war menschenleer.
    Als ich zehn Minuten später die Stalltür aufschloss, verdrängte ich das unangenehme Gefühl, das mich beschlichen hatte. Ich redete mir ein, mich getäuscht zu haben, und vergrub mich dankbar in die tägliche Routine.

    Nach einem der fünf Ausritte, die an diesem Tag auf meinnem Programm standen, fing Basti mich ab. »Vor einer halben Stunde war ein Mann hier, der mit dir sprechen wollte.« Er lehnte lässig in der Boxentür, während ich mein Pferd absattelte.
    »Ich habe die Nase voll von Männern, die mit mir sprechen wollen«, entgegnete ich leise, damit mich niemand außer ihm hören konnte.
    »Der wird dir nicht gefährlich, glaube mir.«
    »Was wollte er?«
    »Er sagte, es gehe um eine Privatangelegenheit. Er ist zu den Weiden gegangen und wartet dort auf dich. Netter Typ, wenn du mich fragst.«
    »Auch nette Typen können einem das Leben schwer machen«, sagte ich mit einem Seufzer, griff nach Sattel und Zaumzeug und brachte beides in die Sattelkammer.
    Basti kam mir hinterher. »Soll ich deinen nächsten Ausritt übernehmen? Ich habe gerade Leerlauf.«
    »Gerne!« Ich lächelte ihn dankbar an und machte mich auf die Suche nach dem »Besucher in Privatangelegenheiten«.
    Von weitem entdeckte ich ihn am Rand von Oskars Weide. In dem Versuch, das Pferd anzulocken, hatte er die Hand über den Zaun gestreckt. Oskar war in einiger Entfernung stehen geblieben und scharrte unsicher mit dem Huf. Diese Unsicherheit konnte in der Nähe von Fremden schnell in Angst umschlagen. Und dann wurde Oskar, zumindest für diese Fremden, unberechenbar.
    Ich rannte los und rief im Laufen, er solle das Pferd in Ruhe lassen. »Können Sie nicht lesen?«, fragte ich außer Atem, als ich bei ihm ankam. Er lehnte direkt neben dem Schild, auf dem darum gebeten wurde, Abstand von Oskar zu halten.
    »Ich tue ihm nichts.«
    »Er tut Ihnen aber vielleicht etwas.«
    Behände ging er drei Schritte zurück, wobei er Oskar nicht aus den Augen ließ.
    Ich musterte ihn von der Seite. Er war schätzungsweise Mitte sechzig, sehr schlank, wirkte sportlich, wenn auch eher wie ein Golfer als ein Reiter, und hatte ein markantes Gesicht, das von sehr kräftigem Haar umrahmt wurde, dessen ursprüngliches Braun mittlerweile vielen grauen Strähnen das Feld überlassen hatte.
    »Ich bin Carla Bunge. Sie wollten mich sprechen?«
    Mit ausgestreckter Hand kam er auf mich zu. »Franz Lehnert.« Sein Blick hatte nur kurz auf mir geruht, um sich gleich wieder Oskar zuzuwenden, der sich beruhigt hatte und weiter graste. »Was ist mit dem Pferd?«
    »Es hat schlechte Erfahrungen gemacht, die verzeiht er den Menschen nicht.« Ich hatte diesen Mann, der angeblich in einer Privatangelegenheit hier war, noch nie gesehen. »Warum wollten Sie mich sprechen?«
    »Gehen wir ein Stück.« Er setzte sich langsam in Bewegung, und wählte die Richtung, die vom Hof fortführte.
    »Geht es um den Bungehof?«, fragte ich mit Unbehagen, während ich ihm zögernd folgte. Vielleicht war er Anwalt und der alte Pattberg hatte ihn geschickt.

    »Es geht um Ihren Vater.«
    »Dann können wir gleich wieder umkehren.« Was ich auf dem Absatz tat.
    »Warten Sie!« Er hatte mich überholt und blieb vor mir stehen. »Ist Ihr Vater Ihnen so wenig wert, dass Sie mich nicht einmal anhören wollen?«
    Erneut drehte ich mich um und marschierte los, diesmal in Richtung meines Zuhauses. »Viktor Janssen interessiert mich nicht«, rief ich ihm über die Schulter zum Abschied zu. »Sagen Sie ihm das!«
    »Er hat mir prophezeit, dass Sie das sagen würden.«
    Ich beschleunigte meinen Schritt. »Sie hätten auf ihn hören sollen.« Ohne mich noch einmal umzusehen, lief ich weiter. Durch den Gegenwind konnte ich nicht hören, ob er mir folgte, aber ich hoffte, meine klare Abfuhr würde ihn zur Umkehr be­wegen. Als ich die mein Haus umrahmende Buchenhecke er­reicht

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