Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nur ein Gerücht

Titel: Nur ein Gerücht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
Vom Netzwerk:
auszubrechen. »Es tut mir Leid, dass ich dir wehgetan habe.«
    »Ich denke, es ist an der Zeit, dass sich zumindest einer von uns beiden klug verhält.«
    »Was ist unklug an unserer Freundschaft?«
    »Dass wir uns wie Schwimmer verhalten, die nicht ins Wasser gehen.« Er sprach so leise, dass ich ihn kaum verstand. »Obwohl wir uns beide danach sehnen loszuschwimmen.« Ich ging, ohne mich noch einmal nach ihm umzudrehen. Ein unerträgliches Durcheinander von Gefühlen trieb mir die Tränen in die Augen. Blicklos rannte ich die Treppe hinunter und durch die Halle, wo ich mit einer Frau zusammenstieß. Eine Entschuldigung murmelnd, wandte ich mein verweintes Gesicht ab und lief zur Tür.
    »Wenn alles so leicht zu entschuldigen wäre ...«, hörte ich sie sagen.
    Irritiert drehte ich mich um und sah gerade noch, wie sie im ersten Stock verschwand. Für einen Augenblick hatte ich geglaubt, ihre Stimme zu kennen.
    Mir war entsetzlich kalt, die Tränen tropften aufs Kopfkissen und mein Magen krampfte sich zusammen. Immer wieder hörte ich Christian sagen, er wolle mich nicht mehr sehen. Und immer wieder dachte ich: Es könnte so einfach sein ... wenn ich nur ein anderer Mensch wäre.
    Nach mir endlos erscheinenden zwei Stunden, in denen der einzige Lichtblick darin bestand, dass Einstein offenbar nicht alle Mäuse gefangen hatte, fiel ich in einen unruhigen Schlaf, aus dem ich am Morgen wie gerädert erwachte.
    Das Aufstehen, Duschen und Anziehen war eine Qual, von der mich erst Oskar erlöste, der bereits am Gatter auf mich wartete. Ich legte mein Gesicht an seinen Hals und atmete seinen vertrauten Geruch ein.
    »Du bist tatsächlich der einzige Mann in meinem Leben, auf den Verlass ist«, murmelte ich traurig in sein Fell, bevor ich Richtung Stall davonging.
    Ich war gerade dabei, den Futterwagen zu füllen, als sich Hans Pattberg im Türrahmen aufbaute.
    Sein Geiz über trumpfte an diesem Morgen sogar seine Höflichkeit - er sparte sich eine Begrüßung. »Haben Sie schon etwas Neues?«, platzte er heraus.
    »Nein, ich brauche nichts Neues! Laut Auskunft meines Anwalts ist Ihre Kündigung formal und inhaltlich wirkungslos.«
    »Oho! Das Fräulein hat einen Anwalt.« Er kam näher und blieb so dicht neben mir stehen, dass mich wieder sein Mottenpulverduft umwehte. »Welcher von diesen Nichtsnutzen ist es denn?«
    »Das werden Sie noch früh genug erfahren.«
    Sein Gesicht lief vor Aufregung rot an. »Sie werden schon sehen, was Sie von Ihrer Halsstarrigkeit haben. Bereuen werden Sie es, so wahr ich hier stehe! Auf meinem Hof habe bisher noch immer ich das letzte Wort gehabt!«
    »Wenn Sie das letzte Wort hätten haben wollen, dann hätten Sie unseren Vertrag nicht unterschreiben dürfen, Herr Pattberg. Solange ich die Pacht bezahle, werden Sie den Bungehof erdulden müssen. Fünf Jahre noch, dann ...«
    »Keine fünf Wochen mehr, so wahr ich hier stehe!«
    Ich nahm den Futterwagen und drängte mich damit an ihm vorbei in die Stallgasse.
    »Haben Sie gehört?« Er war hinter mir hergekommen und bohrte seinen ausgestreckten Zeigefinger in meinen Rücken. Wütend fuhr ich herum. »Fassen Sie mich nicht an!« Er spuckte vor mir aus und verfehlte mich nur deshalb, weil ich geistesgegenwärtig zurücksprang. »Wenn Sie endlich mal einer richtig anfassen würde, dann wären Sie nicht ein so frustriertes Weibsbild.«
    Ich glaube, es war einzig sein Alter, das mich davon abhielt, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. »Verschwinden Sie!« Er baute sich vor mir auf. »Wollen Sie mir etwa drohen, Sie halbe Portion?«
    Wie aus dem Nichts erschien in diesem Moment Heide und stellte sich direkt neben mich. Ausdruckslos musterte sie ihn.
    »Was will die denn?«, fragte er angriffslustig.
    »Frau Ahrendt arbeitet hier.« Ich schickte ein Dankgebet zum Himmel, dass sie so früh gekommen war. »Und jetzt lassen Sie mich verdammt noch mal in Ruhe. Sie hören, was hier los ist, die Tiere verletzen sich noch.«
    Eines der Pferde schlug ungeduldig mit dem Huf gegen die Boxentür, die anderen scharrten oder liefen unruhig in ihren Boxen umher. Sie warteten auf ihr Futter.
    Ohne ein weiteres Wort zog ich den Futterwagen hinter mir her und hielt vor der ersten Box, während Heide sich anschickte mir zu helfen.
    Aber Hans Pattberg war noch nicht fertig mit mir. »Sie werden mich noch kennenlernen!« Der drohende Blick, den er mir zuwarf, war nicht aus einer vorübergehenden Laune geboren.
    War es eine Ahnung, die mich das Tempo hatte verlangsamen

Weitere Kostenlose Bücher