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Nur ein Gerücht

Titel: Nur ein Gerücht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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heulende Elend, und ich versank, den Putzlappen immer noch in der Hand, in einem tiefen Trog voller Selbstmitleid. Unglücklich pfefferte ich den Lappen in eine Ecke, zog mich aus, löschte alle Lichter und verkroch mich unter meine Bettdecke. Verdammt, verdammt, verdammt! Warum musste ich Christian so sehr vermissen?
    Draußen war es düster, Regen prasselte gegen die Fenster. So wie es aussah, würden die geplanten Ausritte an diesem Tag tatsächlich ausfallen müssen. Melanie hatte also Recht behalten mit ihrer Prognose. Lustlos stand ich auf.
    »Geschieht dir recht, Carla«, murmelte ich vor mich hin, »du hättest nur nein sagen müssen.«
    Nach einem Frühstück im Stehen zog ich mir wetterfeste Sachen an und ging durch den Regen hinüber zum Stall. Seit meinem Rüffel war Basti nie wieder zu spät gekommen, was ich ihm hoch anrechnete. Besonders an diesem Morgen, da er ziemlich übernächtigt aussah. Seine Stimme klang, als hätte er sie Unmengen von Zigaretten und Alkohol ausgesetzt. »Gesumpft?«, fragte ich.
    Er brummelte ein Ja. »Und du?«
    »Geputzt.«
    Der Blick, den er mir zuwarf, beinhaltete eine Mischung aus Unglauben und Mitleid. Mit einem Kopfschütteln wandte er sich wieder den Pferdeäpfeln zu seinen Füßen zu.
    Ich wollte gerade gehen, als er mich zurückhielt: »An einem der Schulsättel fehlt übrigens Steigbügelgurt samt Steigbügel.«
    »Vielleicht ist er kaputt, und jemand hat ihn abgemacht.« 
    »Dann müsste er ja irgendwo liegen. Tut er aber nicht. Außer­ dem fehlen eine Trense und ein Beutel mit Putzzeug. Sieht so aus, als würde sich hier jemand Preiswert eine Ausrüstung für sein Pferd zusammenstellen.«
    »Aber wozu dann der Steigbügelgurt, wenn er bereits einen kompletten Sattel hat?«
    »Vielleicht ist es jemand, der auf Nummer Sicher geht und sich auch gleich ein Ersatzteillager zulegt«, meinte Basti nüchtern. Ihn schienen die Verluste in der Sattelkammer nicht weiter zu beunruhigen.
    Im Gegensatz zu mir. Wenn er Recht hatte, dann konnte das eine teure und unangenehme Angelegenheit werden. Material-klau war in einem Reitstall sehr unbeliebt. Bisher war der Bungehof davon verschont geblieben.
    Ich sah auf die Uhr. »Ich muss jetzt los. Spätestens in zwei Stunden bin ich zurück.« Als ich das in der Stallgasse angebundene Pferd zum Abschied tätschelte, fiel mir noch etwas ein. »Sag mal, Basti, wieso hast du eigentlich gemeint, der Mann, der mich gestern sprechen wollte, könne mir nicht gefährlich werden?«

    »Weil er schwul ist«, antwortete er wie aus der Pistole geschossen.
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe. ein Gespür dafür.«
    Die Fahrt nach Lütjenburg dauerte länger als üblich, da ich wegen des starken Regens nicht schnell fahren konnte. Als ich endlich in dem Café am Marktplatz ankam, war es bereits zwanzig nach neun.
    »Entschuldige«, begrüßte ich Melanie.
    »Hauptsache, du bist gekommen.« Sie war immer noch ein Bild des Jammers.
    Ich setzte mich ihr gegenüber und bestellte eine heiße Schokolade. Melanie hatte bereits einen Kaffee vor sich stehen. Für einen Moment wussten wir beide nicht, was wir sagen sollten. »Wie geht es dir?«, fragte ich in dem Bemühen, dieses schwer lastende Schweigen zu brechen.
    Es schien sie Kraft zu kosten, ihren Blick von der Kaffeetasse loszureißen. »Es ist alles wie tot.« Fahrig versuchte sie, eine Strähne ihrer dunkelblonden Haare hinter dem Ohr zu fixieren, sie fiel ihr jedoch immer wieder ins Gesicht
    Ich beobachtete diese Strähne, als könne ich mich damit von ihrem offensichtlich unerträglichen Schmerz ablenken und meines Mitgefühls erwehren. Plötzlich kam ich mir hartherzig und ungerecht vor. Melanie konnte nichts dafür, dass sie Udo zum Bruder gehabt hatte. Aber er stand zwischen uns und hinderte mich daran, mit Anteilnahme auf sie einzugehen.
    »Ich weiß«, sagte sie unglücklich, »dass ihr euch nicht so gut vertragen habt während der Schulzeit ...« Sie zog ihre Schultern hoch, ließ sie jedoch gleich darauf niedergeschlagen wieder fallen.
    »Das ist eine beachtliche Untertreibung.«
    »... deshalb bin ich dir umso dankbarer, dass du zu der Trauerfeier gekommen bist. Damit hast du unserer Familie einen wirklichen Dienst erwiesen. Du hast ja gesehen, wie wenige Leute dort waren. Wenn man jemanden verliert, den man liebt, dann wünscht man sich, dass viele Menschen um ihn trauern und ihm die letzte Ehre erweisen. Bei alten Menschen bleiben naturgemäß nicht so viele übrig, aber bei einem

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