Nur ein Gerücht
Brunnen gefallen ist. Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe!«
»Das würde ich sehr gerne, glauben Sie mir. Ich würde meine Zeit viel lieber mit Viktor verbringen als mit Ihnen. Es ist kein Vergnügen, sich mit Ihnen zu unterhalten.«
Ich schluckte, bevor ich zu einer Erwiderung ansetzte. »Dann lassen Sie es! Damit wäre uns beiden gedient.« Ich löschte das Licht in der Sattelkammer und ließ ihn im Dunkeln stehen. Dem Geräusch seiner Schritte nach zu urteilen, folgte er mir auf meinem letzten Rundgang durch den Stall. Erst als sein Handy klingelte, ging er eilig hinaus. Erleichtert atmete ich auf und setzte meinen Weg fort. Am Ende der Runde schaltete ich das Licht aus und begab mich ins Büro, um die Futterbestellung fertig zu machen.
Vor dem Schreibtisch fiel mein Blick auf ein kleines rechteckiges Plättchen, das auf dem Boden lag. Ich hob es auf, wendete es zwischen den Fingern, hätte aber nicht sagen können, was es war. In dem Moment, als ich es auf den Schreibtisch legte, Hatte ich es bereits vergessen. Die Futterbestellung konnte nicht warten, sie musste am nächsten Tag raus.
Ich hatte sie gerade unterschrieben, als ich zögerliche Schritte aus der Stallgasse hörte. Da ich keinen Lichtschein sah, nahm ich an, dass Franz Lehnert sich im Dunkeln durch den Stall tastete. Vor meinem inneren Auge sah ich ihn gegen den Tisch stoßen, auf dem noch Bastis Teekränzchen-Geschirr stand. Das Geschirr würde zu Boden fallen und die Pferde in helle Aufregung versetzen.
Wütend lief ich zur Tür und schrie: »Jetzt gehen Sie zu weit, Herr Lehnert!« Durch den Gang, der zur Stallgasse führte, sah ich einen Lichtschimmer, der sich bewegte. Schnellen Schrittes bog ich um die Ecke und sah mich von einer Taschenlampe geblendet. »Jetzt reicht es mir. Wenn Sie nicht sofort verschwinden, rufe ich die Polizei.«
Anstelle einer Antwort bekam ich nur den lauten Knall der ins Schloss fallenden Stalltür zu hören! Einige der Pferde liefen unruhig in ihren Boxen umher und wieherten! Ich redete beruhigend auf sie ein! Als schließlich wieder Ruhe eingekehrt war, zog ich meine Regenjacke über und machte mich auf den Heimweg. Zumindest hatte ich das vorgehabt, als ich im Hinausgehen mit Franz Lehnert zusammenprallte.
»Ich will Sie hier nie wieder sehen«, sagte ich erzürnt und zog mir zum Schutz gegen den Regen die Kapuze tiefer ins Gesicht. »Verschwinden Sie endlich vom Bungehof!«
»Das würde ich sehr gerne, Frau Bunge, das können Sie mir glauben!« Der Regen lief ihm in Strömen übers Gesicht. »Nur leider hat einer meiner Reifen seinen Geist aufgegeben. Und auf dreien komme ich schlecht vom Hof.«
»Eine dümmere Ausrede ist Ihnen nicht eingefallen? In Zeiten, in denen Reifen auf Formel-Eins-Bedingungen ausgerichtet werden, geben sie nicht so einfach ihren Geist auf! Ich hätte angenommen, mein Vater stellt höhere Ansprüche an seine Freunde . «
»Vielleicht hätte er einen höheren an seine Tochter stellen sollen.«
»Um was zu erreichen?«, fragte ich kalt!
»Ich denke, diese Frage können Sie sich in diesem Fall selbst beantworten.« Er wischte sich eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht. »Und wenn Sie mich jetzt einen Blick in Ihr Telefonbuch werfen lassen, sind Sie mich ein für alle Male los.« Ich wich nicht von der Stelle. »Welche Nummer suchen Sie?« »Die von der ADAC-Pannenhilfe.«
»Die finden Sie heutzutage auf jedem Handy.«
Er sah mich kühl an. »Ihre Generation vielleicht, meine hat damit hin und wieder Schwierigkeiten!«
Um mein Gesicht nicht zu verlieren, wäre jetzt der Zeitpunkt gewesen, ihn um sein Handy zu bitten und ihm die Nummer herauszusuchen! Das Problem war nur, ich konnte so etwas selbst nicht! »Haben Sie einen Ersatzreifen?«
Er nickte, während er fröstelnd den Kragen seines Regenmantels hochstellte! »Werden Sie für mich anrufen?«
»Ich werde Ihren Reifen wechseln, falls er tatsächlich kaputt ist.«
Der Golf, der neben meinem Wagen parkte, musste seiner sein. Skeptisch warf ich einen Blick auf die Reifen. Trotz der Dunkelheit, die auch durch das Außenlicht auf dem Hof nicht nennenswert erhellt wurde, konnte ich erkennen, dass der rechte Hinterreifen tatsächlich einen Platten hatte.
Franz Lehnert stand hilflos neben mir und sah unschlüssig zwischen dem Auto und mir hin und her! »Sie wollen doch nicht wirklich bei diesem Wetter einen Reifen wechseln?«, fragte er ungläubig, als ich die Hand nach dem Schlüssel ausstreckte. »Wie soll ich Sie sonst
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