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Nur ein Gerücht

Titel: Nur ein Gerücht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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zu, wenn du magst.«
    »Später gerne, aber zuerst bringe ich Oskar ein paar Möhren.«
    Basti zog ein Gesicht, als stehe er mitten im strömenden Regen. »Bei dem Wetter?«
    »Das ist Liebe!«
    Mit den Möhren in der Tasche stapfte ich über den schlammigen Feldweg. Oskar hatte sich ans Ende der Weide in seinen Unterstand verzogen und stand dort mit hängendem Kopf. Ich hatte gerade das Gatter hinter mir gelassen, als ich auf etwas Hartes trat. Ein Blick genügte, um eine unbändige Wut in mir aufkeimen zu lassen. Im Gras verteilt lag mindestens eine Hand voll unreifer Äpfel. Einen nach dem anderen pfefferte ich sie in den Graben neben dem Feldweg, dorthin, wo keines der Pferde hinkam. Das konnte nur jemand gemacht haben, der keine Ahnung von Pferden hatte, der nicht wusste, dass unreife Äpfel die gefürchteten Koliken auslösten. Zum Glück war Oskar klug genug, um solches Futter zu verschmähen. Aber darauf konnte ich mich längst nicht bei allen Pferden verlassen.
    Konzentriert sah ich hinter jedem Gatter der angrenzenden Weiden nach, ob dort auch Äpfel lagen. In zwei Fällen wurde ich fündig. Fassungslos starrte ich ins Gras. Wir hatten die Pferde am vergangenen Abend erst spät hereingeholt. Entweder war danach noch jemand vorbeigekommen oder aber an diesem Vormittag. Aber wer ging im strömenden Regen spazieren und hinterließ den Tieren diese Zeitbomben? Wo die Schilder an den Gattern genau davor warnten? Jemand hatte sich auf beängstigende Weise über diese Warnung hinweggesetzt. Mittlerweile hatte Oskar mich entdeckt und kam wiehernd durch den Regen angetrabt. Ich lief ihm entgegen und klopfte seinen Hals, als er vor mir zum Stehen kam. Gierig stupste er gegen die Tasche meiner Regenjacke, in der er die Möhren vermutete. Ich zog zwei heraus und hielt sie ihm hin.
    »Hast du gesehen, wer das war, Oskar?«

    Anstelle einer Antwort legte er seinen Kopf auf meine Schulter. Eine Windbö schleuderte mir einen kalten Regenguss ins Gesicht und ließ mich erschauern. Ich drehte mich mit dem Rücken zum Wind und sah Oskar von der Seite an.
    »Wenn ich wüsste, dass dir dort wohler ist, würde ich dich mit in den Stall nehmen, aber so musst du wohl oder übel ausharren, mein Freund.«
    Er schnupperte vorsichtig über mein regennasses Gesicht und blies mir beim Ausatmen Luft darüber.
    »Pass gut auf dich auf.« Ich strich ihm mit beiden Händen über die Nüstern und versuchte, mir gar nicht erst auszumalen, wie mein Leben ohne Oskar aussähe.
    Zurück im Stall befragte ich Basti. »Hast du gestern oder heute jemand in der Nähe der Weiden gesehen?«
    »Nur den Mann, der dich sprechen wollte.«
    »Und danach? Ich meine abends oder heute Vormittag?« Er zuckte die Schultern. »Gestern Abend? Nein. Und heute Vormittag hat sich außer den beiden, die gerade mit ihren Pferden in der Halle arbeiten, hier noch niemand blicken lassen. Warum fragst du?«
    Während ich ihm von meinem Fund berichtete, schlich Heide mit gesenktem Kopf an uns vorbei.
    Ich glaube, du kannst in den entlegensten Winkel der Welt fahren und findest immer noch einen Idioten«, hörte ich Basti sagen, während ich ihr nachsah.
    »Ich hoffe, es war nur ein Idiot.« Nachdenklich lehnte ich mich gegen die Stallwand. »Heide ... warte bitte einen Moment.« Sie blieb stehen und sah mich fragend an.
    »Hast du gestern oder heute jemanden in der Nähe der Weide gesehen?«
    Nach einer mir endlos erscheinenden Weile sagte sie: »Nein.« 
    »Ich wäre dir dankbar, wenn du auch ein wenig die Augen offen halten könntest.«
    Ihr Nicken ging fast im Senken ihres Kopfes unter. Mit hochgezogenen Schultern verschwand sie aus unserem Blickfeld. »Du glaubst, es war Absicht?«, fragte Basti ungläubig. »Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Ich weiß nur, dass jemand einen Apfelbaum halb leer gepflückt und seine Ernte den Pferden zugedacht hat.«
    »Ein Pferdehasser?«

    »Vielleicht ... « Der Gedanke, der mir in diesem Augenblick kam, war nicht dazu angetan, ihn in Bastis Gegenwart auszusprechen. Was, wenn es sein Großvater gewesen war? Um mir das Leben schwer zu machen und den guten Ruf des Bungehofs in den Dreck zu ziehen? Was, wenn die Plastikbänder, der verschwundene Sattel und die Äpfel in derselben Hand gelegen hatten? »Ich muss noch einmal kurz weg.«
    »Schon wieder?«, fragte Basti, den offensichtlich zu Recht das Gefühl beschlich, dass an diesem Tag die gesamte Arbeit an Heide und ihm hängen blieb.
    »Bin gleich zurück.«
    »Wer ...?«,

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