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Nur ein Gerücht

Titel: Nur ein Gerücht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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erteilen wollte.«
    Sie sah mich aufmerksam an. »Was für eine Lektion?«
    »Wie leicht es ist, Zweifel an einem guten Ruf zu streuen. Und dass ein paar Körner ausreichen, um eine Saat aufgehen zu lassen, die den ganzen Boden zerstören kann.«
    Meine Erklärung schien sie nicht weiter zu überraschen. »So sind die Menschen eben.«
    Basti sah entgeistert zwischen uns hin und her. »Vielleicht darf ich die Damen daran erinnern, dass nicht alle Menschen schlecht sind! Es gibt durchaus noch ein paar Exemplare, die weder den Boden noch die Stimmung vergiften.«
    »Die Tiere sind mir trotzdem lieber«, entgegnete Heide muffig, schob sich den letzten Bissen ihres Brötchens in den Mund und ging zurück in den Stall.
    Basti sah ihr hinterher. »Weißt du eigentlich, wo sie vorher gearbeitet hat?«
    »Sie war Hausfrau.«
    »Und dabei entwickelt man ein solches Weltbild?« Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Außerdem ist sie völlig unzugänglich.«
    »Wie meinst du das?«
    »Hast du ihr schon mal eine persönliche Frage gestellt?«
    Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Welche hast du ihr gestellt?«
    »So das Übliche, um miteinander ins Gespräch zu kommen.« 
    »Ich glaube, sie ist einfach lieber für sich.«
    »Interessiert dich denn gar nicht, warum das so ist? So etwas ist nicht normal.« Sein Tonfall hatte eine empörte Note angenommen.
    »Basti, willst du allen Ernstes mit mir über Normalität diskutieren? Keiner von uns dreien ist normal. Deshalb verstehen wir uns so gut.«
    »Ich hatte zwischenzeitlich erhebliche Zweifel, ob ich mich mit dir tatsächlich gut verstehe. Was du dir mit meinem Großvater geleistet hast, ist schon starker Tobak.«
    »Übersiehst du dabei nicht etwas ganz Wesentliches?« Ich knuffte ihn leicht in die Seite.
    »Du meinst diesen Sattel und die anderen Sachen.« Mit einer Hand vollführte er eine. lapidare Geste, die aus der Angelegenheit eine zu vernachlässigende Kleinigkeit machte.
    »Ich meine diese Diebstähle und die ...«
    »Es ist schon seltsam, dass gerade eine Einbrecherin einen Dieb verurteilt.« 
    Unsere Blicke lieferten sich ein Duell. »Ohne diesen Dieb hätte ich erst gar nicht zur Einbrecherin werden müssen.«
    Er hob seine Schultern und ließ sie gleich darauf mit einem unglücklichen Seufzer wieder fallen. »Mein Großvater tut mir einfach Leid. Für das, was er heute hat, musste er sein Leben lang hart schuften. Ihm ist wirklich nichts geschenkt worden ...«
    »Dieses Schicksal teilt er mit der Mehrheit der Bundesbürger.« Der alte Geizkragen tat mir nicht Leid.
    »... und jetzt hat er zum ersten Mal die Chance, ein paar völlig unerwartete Lorbeeren für diese harte Arbeit zu ernten. Bei dem Angebot der Wellbod AG geht es ihm nicht vorrangig ums Geld, sondern darum, dass ihm zum ersten Mal im Leben etwas in den Schoß fallen könnte, ohne dafür kämpfen zu müssen.«
    »Und dabei stehe ich ihm im Weg.«
    »Irgendwie schon.«
    »Basti, weißt du, was ich glaube? Du hast ein Problem damit, dass dein Großvater ein Dieb ist, und versuchst, dir das Ganze schönzureden.«
    »Ich habe auch kein Problem damit, dass meine Chefin eine Einbrecherin ist«, entgegnete er ungerührt.
    »So wie du das sagst, klingt das irgendwie anrüchig.«
    »Ist es auch. Du versuchst nur, dir das Ganze schönzureden.«
    »Touche!«, stöhnte ich und erklärte die Frühstücksrunde für beendet.
    Der Tod meines Vaters hätte sie mich fast vergessen lassen. Hätte Ilsa Neumann mich nicht mit leuchtenden Augen an ihr Fest erinnert, das rechtzeitig zum Sommeranfang stattfinden sollte, dann hätten die Fotos wahrscheinlich noch wochenlang unbeachtet auf dem Beifahrersitz meines Autos gelegen. Aber wie Eltern, die die Spannung vor Weihnachten zu erhöhen versuchen, indem sie, einem Countdown gleich, ihrem Kind er­ zählen, wie viele Tage es noch bis dahin sind, versuchte auch Ilsa Neumann, meine Vorfreude zu steigern.
    »Zehn Tage noch, Frau Bunge, denken Sie daran!« Sie hatte gerade ihr Pferd abgesattelt, als ich ihr in der Stallgasse in die Arme lief.
    Ich verzichtete auf das Lächeln, mit dem ich sie üblicherweise begrüßte. »Ehrlich gesagt denke ich daran abzusagen, Frau Neumann. «
    »Das können Sie mir nicht antun. Haben Sie kein Kleid, oder fehlen Ihnen die passenden Schuhe? Vielleicht kann ich Ihnen da aushelfen ...«
    »Mir fehlt das Verständnis für die Fotos.«
    Sie hievte Sattel und Zaumzeug über eine Halterung. »Von welchen Fotos reden Sie?«
    »Von denen, die

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