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Nur ein Gerücht

Titel: Nur ein Gerücht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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über die Buchenhecke wandern. »Ich könnte Ihnen Geld geben, ich könnte Ihnen helfen, einen anderen Hof zu finden, ich könnte ...«
    Ich trat zu ihm an den Tisch, stützte meine Hände auf und beugte mich gerade so weit in seine Richtung, dass mir der Duft der Mottenkugeln erspart blieb. »Herr Pattberg, ich möchte keinen anderen Hof! Sie waren lange genug selbst in diesem Geschäft, um zu wissen, dass man mit so einem Hof nicht mir nichts dir nichts umziehen kann. Meine Kunden sind an diesem Standort und werden ganz bestimmt nicht fünfzig Kilometer fahren wollen, um ihr Pferd zu reiten.«
    »Vielleicht finden wir in der Nähe etwas für Sie.«
    »Zeigen Sie mir zwischen Behrensdorf und Hohwacht ein Objekt, das zum Verkauf steht, dann werde ich darüber nachdenken.«
    »Sie wissen selbst, dass es das nicht gibt.«
    »Eben. Deshalb bleibt in den kommenden fünf Jahren alles, wie es ist.«
    »Können Sie das mit Ihrem Gewissen vereinbaren?«
    »Ja.«

22
    N och in der Nacht setzte ein schwerer Sturm ein. Mit den Windböen klatschte der Regen gegen die Fenster und riss mich aus dem Schlaf. Meer und Wind veranstalteten ein gewaltiges Getöse.
    Mein erster Gedanke galt Oskar. Blitzschnell zog ich mir Regenzeug an und holte aus der Küche meine Taschenlampe. Als ich vor die Tür trat, raubte der Wind mir fast den Atem. Obwohl ich meine Kapuze fest zugezogen hatte, lief mir der Regen in Strömen übers Gesicht und den Hals hinunter. Ich nahm die Nässe jedoch nur am Rande wahr, denn ich wollte so schnell wie möglich zu Oskar. Als ich schließlich an seiner Koppel ankam, mischten sich Schweiß und Regen auf meiner Haut. Vom Gatter aus suchte ich mit der Taschenlampe die Weide ab, während ich gleichzeitig gegen den Wind seinen Namen schrie. Wahrscheinlich hatte er in seinem Unterstand Schutz gesucht. Und genau das bereitete mir Sorge. Ich war mir nicht sicher, ob er diesem Sturm standhielt. Als ich in einer rekordverdächtigen Zeit dort angekommen war, musste ich mich nach vorn beugen, um wieder zu Atem zu kommen. Beim Aufrichten stupste Oskar mich an, als wäre es das Normalste von der Welt, dass ich ihn mitten in der Nacht in seinem kleinen Holzbau besuchte. Er ließ es sich noch nicht einmal nehmen, meine Taschen nach Leckereien abzusuchen.
    Da ich kein Halfter dabei hatte, versuchte ich, ihn an seiner Mähne hinter mir herzuziehen. Aber Oskar sträubte sich, er hatte nicht vor, den Unterstand zu. verlassen.
    »Wir müssen hier weg!«, schrie ich. »Du kannst dich böse verletzen, wenn das Ding hier zusammenbricht.«
    Oskar schien jedoch der Überzeugung zu sein, dass Verletzungen eher von Sturm und Regen drohten, denen er außerhalb des Unterstands schutzlos ausgeliefert sein würde. Es half nichts, ich musste in den Stall und ein Halfter holen. Kaum hatte ich diesen Entschluss gefasst, als ich vom Gatter her einen Lichtstrahl auf uns zukommen sah. Der Schreck fuhr mir in die Glieder, sekundenlang war ich zu keinem vernünftigen Gedanken fähig.
    Während das Licht näher kam, versuchte ich mich zu beruhigen. Vielleicht war es Basti, der auf denselben Gedanken gekommen war wie ich und Oskar in den Stall holen wollte. Dann fiel mir ein, dass er es nicht sein konnte. Er wollte die Nacht bei Freunden in Hamburg verbringen und erst am Morgen zurückkommen.
    Schritt für Schritt trat ich zurück in den Unterstand, bis ich die Wand in meinem Rücken spürte. Während sich eine Gänsehaut auf meinen Armen und zwischen meinen Schulterblättern breit machte, war Oskar die Ruhe selbst - als sei er daran gewöhnt, dass nachts Lichter vor seinen Augen tanzten.
    Meine Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt, so dass ich hinter dem Licht, dass uns jetzt fast erreicht hatte, schemenhaft eine Person ausmachen konnte. Zu erkennen war sie nicht, da sie die Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte. Dafür schien Oskar sie zu erkennen. Mit gespitzten Ohren trat er einen Schritt vor. Als sie ihn erreicht hatte, zog sie ihm vorsichtig ein Halfter über.
    »Heide«, rief ich überrascht. Ich trat aus der Tiefe des Unterstands hervor und strahlte sie mit meiner Taschenlampe an. Sie machte einen Satz und hielt eine Hand vor den Lichtstrahl. »Musst du mich so erschrecken?«, fragte sie vorwurfsvoll.
    »Das könnte ich genauso gut dich fragen!«
    »Ich wollte Oskar holen. Ich dachte ...«
    »Und da kommst du mitten in der Nacht von Behrensdorf hierher?« Wie hatte sie das überhaupt angestellt? Sie hatte keinen Führerschein

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