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Nur ein Katzensprung

Nur ein Katzensprung

Titel: Nur ein Katzensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Hartmann
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konnte Irene Rugenstein nicht sehen, hörte sie aber: „Wie ich schon sagte, Herr Scharffetter ist leider momentan nicht zu sprechen. Kann Herr Nussbaum Ihnen helfen?“
    „Das glaube ich kaum. Ich muss unbedingt Herrn Scharffetter persönlich sprechen.“
    Kofi trat noch einen Schritt weiter in den Flur hinein und versuchte, den Mann zu sehen. Er war so groß, dass seine kurz geschnittenen Haare fast den Türrahmen streiften. Plötzlich machte er eine schnelle Bewegung nach vorn. „Hören Sie mir genau zu, sagen Sie Leon, dass mein Auftraggeber sehr unzufrieden ist. Er soll ihn anrufen, sofort.“ Jetzt senkte sich seine Stimme zu einem Flüstern. Trotzdem verstand Kofi jedes Wort. „Sonst wird es ihm ausgesprochen leidtun, dass er jemals Geschäfte mit uns gemacht hat.“
    „Beruhigen Sie sich doch. Wer ist denn Ihr Auftraggeber? Kann ich etwas ausrichten?“
    Der Mann lächte höhnisch auf. „Das hätten Sie wohl gern, was? Mein Auftraggeber hat 100 000 investiert, und diese miese Ratte Leon hat nicht geliefert.“
    „Das ist bestimmt keine Absicht. Herr Scharffetter ist im Moment, äh, unpässlich. Er meldet sich, sobald …“
    „Quatsch keine Opern. Er liefert innerhalb von 24 Stunden, sonst kracht’s. Verstanden?“
    Nach dem letzten Wort, das er gebrüllt hatte, schlug er mit der Faust gegen den Türrahmen. Irene schrie auf. Kofi stürmte den Flur entlang. Doch der Mann rempelte ihn zur Seite und verschwand.
    Kofi rappelte sich auf und verfolgte ihn. Obwohl er seine Schritte auf den Holzstufen noch gehört hatte, war nichts mehr von dem Unbekannten zu sehen, als Kofi auf der Straße stand. Er ging vor dem Haus auf und ab und spähte in alle Richtungen. Der Kerl war verschwunden.
    Langsam stieg er die Treppe wieder hinauf.
    Stefan und Irene standen in ihrem Büro vor dem Schreibtisch. Oliver Nussbaum lehnte am Fenster.
    „Wer war das?“, fragte Kofi.
    „Ich habe den Mann noch nie gesehen“, erwiderte Irene. Ihr Gesicht war leicht gerötet. Sie schaute unsicher zwischen Kofi und Stefan Ollner hin und her.
    Nussbaum sagte: „Das ist definitiv keiner unserer Kunden.“
    Irene überlegte: „So, wie er sich ausgedrückt hat, könnte es sein, dass er für einen unserer Kunden arbeitet.“
    Nussbaum runzelte die Stirn. „Was er gesagt hat, klang fast wie eine Drohung.“
    „Hat Leon vielleicht einen neuen Kunden akquiriert?“ Irene sah Nussbaum fast flehentlich an. Kofi beobachtete die beiden interessiert. Wusste die Frau mehr als sie sagte? Er gab Stefan ein Zeichen. Der fragte: „Sagen Sie, Herr Nussbaum, könnten Sie mit mir in Herrn Scharffetters Büro gehen und mir einen Vertrag erklären, den ich da gefunden habe?“
    „Glauben Sie wirklich, dass das etwas bringt?“ Nussbaum wirkte genervt, gleichzeitig aber auch erschrocken.
    „Ich würde lieber nach dem Vertrag suchen, von dem der Mann gesprochen hat. Wenn wir wirklich 100 000 Euro für eine Leistung erhalten haben, muss ich mich darum kümmern.“
    „Das können Sie gleich im Anschluss tun“, sagte Ollner und dirigierte den Anwalt in Leons Büro.

    Kofi blieb mit Irene zurück.
    „Sie machen sich Sorgen?“
    Er versuchte, es gleichzeitig wie eine Frage und wie eine Feststellung klingen zu lassen. Er betrachtete sie eingehend. Sie wirkte müde, irgendwie unsicher. Sie wich seinem Blick aus.
    „Jetzt ist er schon fünf Tage verschwunden.“ Ihre Stimme stockte.
    „Und dieser Besucher eben macht Ihnen Angst?“
    „Ja und nein. Ja, weil er Leon gedroht hat. Nein, weil er offensichtlich nicht wusste, dass Leon nicht da ist.“
    „Glauben Sie, Leon hat sich abgesetzt?“
    „Was meinen Sie damit?“
    „Könnte er Geld aus der Firma gezogen haben und geflohen sein?“
    „Welches Geld? Und wovor geflohen? Vor einem unzufriedenen Kunden? Dafür gibt es Verträge und Versicherungen, im Zweifelsfall das Gericht.“
    „Die Firma besitzt kein Geld, so etwas wie eine Kapitaleinlage, Vermögen zum Anlegen?“
    „Kaum. Einige Kunden vertrauen uns Gelder an, mit denen wir zum Beispiel eine Baufinanzierung abwickeln oder anfallende Rechnungen bezahlen. Alles, was verdient wird, wird reinvestiert. Allein der Sicherheitsserver hinter der doppelten Wand in Leons Büro hat so viel gekostet wie ein Einfamilienhaus in bester Holzmindener Lage.“
    Kofi hatte die Worte Sicherheitsserver und doppelte Wand zwar gehört, brauchte aber noch einen Moment, bevor er sie auch gedanklich verarbeitet hatte.
    Irene war vertraulich näher an ihn herangetreten.

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