Nur ein Katzensprung
Hanske.“
„Wurde er auch überfallen?“, fragte Kofi und zog seine Jacke von der Stuhllehne.
„Er war schwer zu verstehen und sehr aufgebracht. Im Hintergrund hat Glas geklirrt. Zwei Streifenwagen sind schon unterwegs, aber Mausig dachte, ihr wollt selbst hinfahren.“
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
Holzminden
Donnerstag, 3. November 2011
gegen 16.00 Uhr
28
Selbst Gruntram Schnitter gelang es mit seinem Einsatzwagen nicht, ganz bis zu Hanskes Haus vorzudringen. Die kleine Anliegerstraße, in der sein Haus lag, war völlig zugeparkt. Ein Übertragungswagen stand so unmöglich, dass höchstens ein Smart vorbeifahren konnte. Vor Schnitters Einsatzwagen hatte ein VW-Bus mitten auf der Fahrbahn angehalten, aus den geöffneten Türen hingen Kabel.
Kofi und Ollner stiegen aus und gingen zu Fuß weiter. Sie sahen mehrere Personenkraftwagen und Kleintransporter mit den Logos von Radio- und Fernsehsendern, aber auch von Zeitungsverlagen. Ein Feuerwehrmann stritt sich mit dem Fahrer eines Sprinter.
Plötzlich glaubte Kofi, eine bekannte Gestalt zu sehen. Wer war das? Eine Frau im dunklen Parka. Magdalena? Sie schlängelte sich an den streitenden Männern vorbei. Magdalena Kelbig. Sie hatten zusammen Deutsch in Jahrgang 13 belegt. Ein Wagen hupte. Magdalena drehte sich um und winkte. Dann hielt sie ein Diktiergerät in die Luft. ‚Stimmt‘, dachte Kofi. ‚Sie ist damals zum NDR gegangen.“
„Hanske hat scheinbar nicht nur uns alarmiert, sondern auch bei der Feuerwehr angerufen“, sagte Guntram.
Ollner nickte grimmig. „Jetzt stecken sie hier fest. Wir müssen den uniformierten Kollegen Bescheid geben. Die sollen umgehend für Ordnung sorgen.“
Vor Hanskes Grundstück stand eine Traube Menschen. Einige starrten konzentriert auf das Haus. Andere rauchten und unterhielten sich. Ein paar hielten sich etwas abseits und sprachen in ihre Telefone oder Diktiergeräte.
Als sie näher kamen, drehten sich einige Leute um. Drei Reporter hielten ihnen Mikrofone unter die Nase, und mindestens zwei Kameras wurden auf sie gerichtet.
Während Ollner den Wartenden sagte, dass gegen 18 Uhr eine Pressekonferenz stattfinden würde und er vorher nicht berechtigt sei, etwas zu sagen, betrachtete Kofi Grundstück und Gebäude.
Das Gartentor hing schief in den Angeln. Die Mülltonne war umgekippt. Die Beete rechts und links vom Gehweg waren zertrampelt. Auf den Steinplatten begann auch die Farbspur. Rote Kringel und Linien zogen sich bis zur Hauswand hin. Auf der ehemals weißen Fläche stand krakelig, aber eindeutig zu lesen: „Kinderschänder raus“ und gleich darunter „Tod für Hanske“. Kofi bekam eine Gänsehaut. Auf der Seite des Hauses, die er sehen konnte, waren im Erdgeschoss alle Scheiben eingeschlagen. Augenscheinlich hatte auch jemand versucht, die Haustür aufzubrechen, war aber gescheitert.
Kofi ging den Weg zum Haus hinunter. Sein uniformierter Kollege Herbert Heinrich stand breitbeinig auf dem Rasen, etwa auf halbem Weg zwischen Zaun und Eingang. Er telefonierte.
„Hanske hat bisher die Tür noch nicht aufgemacht. Wir haben nur telefonischen Kontakt. Er will, dass die alle verschwinden, das sagt er immer wieder“, erklärte Heinrich und wedelte mit der Hand in Richtung der wartenden Reporter und der Schaulustigen. „Seid ihr mit Guntram gekommen? Wir brauchen dringend Verstärkung. Meine beiden Kollegen versuchen, das Verkehrschaos zu beseitigen.“ Dabei zeigte er nach rechts, in die Richtung, aus der Kofi und Ollner nicht gekommen waren. „Da steht ein Krankenwagen, der zu einem neuen Einsatz gerufen wurde, aber nicht wegfahren kann.“ Er nahm die Mütze ab, raufte sich die Haare und setzte sie ziemlich schief wieder auf. „Kaum zu glauben, das alles.“
„Gib mir mal das Telefon“, sagte Kofi.
Heinrich reichte es ihm.
„Herr Hanske, guten Tag, Kriminalkommissar Kofi Kayi hier, ich würde gern mit Ihnen persönlich sprechen.“
„Sind die Verbrecher weg?“
„Ihre Angreifer, meinen Sie? Die Leute, die Ihr Haus besprüht und Ihren Vorgarten zertrampelt haben?“
„Was haben die? Gesprüht?“
„Mit roter Farbe.“
„Ich komme … sind sie weg?“
„Tja, es sieht so aus, hier steht niemand mehr mit einer Spraydose herum. Neugierige gibt’s allerdings noch jede Menge.“
Hanske stöhnte. „Ich komme hoch, aber Sie garantieren für meine Sicherheit.“
Kofi drückte das Gespräch weg und murmelte: „Aber sicher, aber
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