Nur ein kleiner Sommerflirt
diesem Haus leben sieben Personen und man kann das Bad nicht absperren! Und die verdammte Tür hat da, wo eigentlich ein Schloss hingehört, ein Guckloch.
Ich muss dringend ins Bett, damit dieser Tag endlich vorbei ist. Vor dem Guckloch will ich mich nicht entkleiden, also steige ich in die Badewanne, ziehe den Vorhang zu und mich aus. Zum Glück bekomme ich schnell heraus, wie man das Wasser anstellt. Der Strahl ist kräftig und ich seufze auf. Es geht nichts über eine heiße Dusche. Da ich so müde bin, dass ich mich kaum mehr auf den Beinen halten kann, mache ich nicht lange rum.
Als ich nach der Dusche zurück in Snottys Zimmer gehe, ärgere ich mich, dass ich meine Wechselklamotten nicht gleich ins Badezimmer-das-sich-nicht-absperren-lässt mitgenommen habe. Todsicher will ich mich nicht vor Snotty umziehen. Ich wickle das Handtuch fester um mich und überlege, wo ich in meinen Pyjama schlüpfen soll.
Am liebsten würde ich sie gar nicht anschauen, damit ich keinen auch nur halbwegs freundlichen Gesichtsausdruck aufsetzen muss. Mein Repertoire an freundlichen Gesichtsausdrücken ist erschöpft, zumindest für heute. Und für morgen wahrscheinlich auch schon.
Also sehe ich auf den Boden, als ich eintrete, die Tür schließe und direkt zu meinem Koffer tapse. Ich weiß, dass Snotty noch da ist, denn ich höre sie atmen. Ich hole ein Tanktop und Unterwäsche aus dem Koffer. Jetzt kann ich entweder zurück ins Bad gehen und mir wie ein Vollpfosten vorkommen, weil ich zu prüde bin, mich vor ihr umzuziehen, oder aber ich beiße die Zähne zusammen, drehe ihr den Rücken zu und kleide mich an Ort und Stelle um.
Ich lasse das Handtuch fallen und schlüpfe in meine Unterwäsche. Dann ziehe ich die BITCH-Shorts über. Als ich nach meinem weißen Tanktop greife, geht die Tür auf. Hastig halte ich mir das Top vor meine großen Brüste und hole Luft, um den Eindringling anzumotzen. Wahrscheinlich ist es niemand anders als ME. »Also echt, kannst du nicht anklopfen?«, sage ich.
Doch es ist nicht ME, der das Zimmer betritt. Es ist Snotty. Was bedeutet, dass auf ihrem Bett jemand anders sitzt. Ich fahre herum – natürlich nur mit dem Kopf – und sehe Avi!
»Aaaaahhhhh!«, kreische ich, so laut ich kann.
Avi hat eine Eins-a-Peepshow bekommen – in der Hauptrolle meine Wenigkeit.
Dummerweise ruft mein Schrei nur ME und Onkel Schleim auf den Plan, die ins Zimmer stürzen. MEs Augen zucken zwischen Avi und meiner halb nackten Wenigkeit mit den BITCH-Shorts hin und her.
»Was ist hier los?«, bellt ME und sieht mich vorwurfsvoll an.
Avi hat mich wirklich nackt gesehen … meinen Hintern, meine Brüste, meine Cellulite-Schenkel. Meine Zunge ist in Schockstarre wie der ganze Rest von mir. Aber selbst wenn ich in der Lage wäre zu sprechen, wüsste ich nicht, was ich sagen soll.
Ich rieche den Braten und werfe Snotty einen Blick zu, die ein äußerst subtiles, selbstgefälliges Grinsen im Gesicht hat. Keine Frage – sie ist der Braten.
Onkel Schleim sieht Ron an und schüttelt kaum merklich den Kopf. Ich weiß, dass ich nichts gemacht habe, aber ich komme mir trotzdem vor wie eine Schlampe .
Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Avi aufsteht. Er sagt etwas auf Hebräisch zu ME, das ich nicht verstehe.
Ron gibt ihm eine wütende Antwort.
Snotty fängt eine Diskussion mit Ron an.
Onkel Schleim steht stramm wie ein Soldat und blockiert, die Hände in die Hüften gestützt, die Tür.
Und ich stehe halb nackt dumm rum – bis ich mich an Onkel Schleim vorbeizwänge und ins Bad fliehe, wo ich mein Tanktop überstreife. In Snottys Zimmer höre ich sie noch immer lautstark streiten.
Ich setze mich auf den Badewannenrand und warte, bis die Stimmen verstummen.
Wenn meine Zeit in Israel schon so anfängt, wie werden dann erst die nächsten drei Monate?
8
Mit Honig zieht man Bienen an. Aber warum sollte man das?
Die Jetlag-Ausrede funktioniert an meinem zweiten Tag in Israel blendend bei ME – zudem hat sie den Vorteil, dass ich fast den ganzen Tag verschlafen konnte.
Aber jetzt, am späten Nachmittag, habe ich ausgeschlafen. Nachdem ich mir einen Happen zu essen organisiert habe, ziehe ich meine Joggingklamotten an, schnappe mir meinen iPod und verlasse das Haus. Als ich aufs Geratewohl die Straße hinunterlaufe, entdecke ich Safta , die in einem Liegestuhl am Hang sitzt.
Als sie mich sieht, winkt sie mich zu sich.
Ich jogge die Schotterpiste zu ihr und stelle mich neben sie. Der Blick auf den See tief unten im Tal
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